Annullierung
Überblick über den Art. 5 der Fluggastrechteverordnung
In dem Art. 5 der Fluggastrechteverordnung werden alle Pflichten des ausführenden Luftfahrtunternehmens im Falle einer Annullierung geregelt. So werden durch den Art. 5 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung die Rechtsfolgenregelungen der Art. 7-9 der Fluggastrechteverordnung dargelegt. Durch Art. 5 Abs. 1 lit. c, Abs. 2, Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung wird die Pflicht des Luftfahrtunternehmens bezüglich der rechtzeitigen Unterrichtung über die Annullierung geregelt. In Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung hingegen finden sich Gründe für das eventuell Entfallen der Pflicht zur Leistung von Ausgleichszahlungen. Um die Luftfahrtunternehmen zu animieren die Fluggäste frühzeitig über ei
Genese und Telos
Der Art. 5 der Fluggastrechteverordnung existiert, da Annullierungen ein Ärgernis und eine große Unannehmlichkeit für den betroffenen Fluggast darstellen. Durch die ehemalige Überbuchungs-VO 295/91/EWG wurde der Tatbestand der Annullierung noch nicht vorgesehen aber nun in die Fluggastrechteverordnung eingeführt. Damit die Unannehmlichkeiten verringert werden können, sind nicht nur die in Art. 7-9 der Fluggastrechteverordnung enthaltenen Pflichten zu erfüllen, sondern auch eine anderweitige Beförderung vorzunehmen und die rechtzeitige in Kenntnissetzung des Fluggastes hat zu erfolgen. Damit soll den betroffenen Fluggästen die Chance eingeräumt werden, ihre Pläne noch ändern zu können. Damit die Luftfahrtunternehmen die Annullierung vorzeitig mitteilen, soll als Anreiz ein möglicher Ausschluss der Ausgleichszahlungen dienen. Weiterhin wird durch den Art. 5 der Fluggastrechteverordnung eine Annullierung aus betriebswirtschaftlichen Gründen für die Luftfahrtunternehmen immer unattraktiver. Im Gegenzug wird durch Art. 5 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechteverordnung auf die kurzfristigen Dispositionserfordernisse der Luftfahrtunternehmen vor allem im Ferienflugverkehr Rücksicht genommen.
Begrifflichkeit
Für den Begriff der Annullierung nach Artikel 2 lit. l der Verordnung (EU) Nr. 261/2004 sind drei Merkmale wichtig. Der „geplante Flug“, die „Platzreservierung“ und die „Nichtdurchführung“ eines Fluges. Immer dann, wenn es zu einer Annullierung eines Fluges kommt, dann kann der betroffene Fluggast seine Fluggastrechte aus Art. 5 i.V.m. Art. 7-9 der Fluggastrechteverordnung geltend machen.
Geplanter Flug
Flugbegriff
Die Definition des EuGH lautet: Bei einem Flug handelt es sich um einen Luftbeförderungsvorgang, welcher in gewisser Weise eine Einheit dieser Beförderung darstellt, die von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird, das die entsprechende Flugroute festlegt. Dabei ist die Flugroute als wesentliches Element des Fluges anzusehen, welches nach einem vom dem Luftfahrtunternehmen im Voraus aufgestellten Flugplan durchgeführt wird. Bei der Flugroute handelt es ich um die Strecke zwischen dem Ausgangs- und Bestimmungsflughafen. Stimmen bei einem Flug der Abflug- und Ankunftsort mit dem Flugplan überein, dann kann keine Annullierung nach Artikel 2 lit. l der Verordnung (EU) Nr. 261/2004 angenommen werden, nur weil z.B. eine nicht planmäßige Zwischenlandung vorgenommen werden muss.
Mehrstreckenflug
Bei einer einheitlich gebuchten Flugverbindung, bei der eine Zwischenlandung erfolgt, ob nun mit oder Umstieg, ist von einem einzigen Flug i.S.d. Art. 3 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung auszugehen. Das ergibt sich aus der neusten EuGH Rechtsprechung. Eine Nichtdurchführung eines Flugabschnittes nach dem Zwischenstopp ist jedoch als Annullierung des gesamten Fluges einzustufen. Das ist vor allem bei der Nichtdurchführung des ersten Streckenabschnitts der Fall.
Nichtdurchführung
Eingeschlossen ist vor allem der Fall der endgültigen Nichtdurchführung. Damit sind Fälle einer Absage der Beförderung oder die spätere Nachholung des Fluges gemeint. Dasselbe gilt für einen endgültigen Abbruch des Fluges. Kommt es zu einer Verlegung auf einen anderen Flug oder zu einer ersatzweisen Beförderung, dann ist eine Annullierung des anfänglichen Fluges anzunehmen. Dem Wortlaut der Definitionsnorm zufolge ist jede Änderung des ursprünglichen Flugplans als eine Nichtdurchführung und somit Annullierung des Fluges anzusehen. Kommt es also zu dem Fall, dass der Ausgangsflughafen planmäßig verlassen wird, jedoch der Bestimmungsort nicht erreicht wird, dann kann der Flug nicht als planmäßig durchgeführt, eingestuft werden. Die Folge dessen kann die Annahme einer Annullierung sein. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch der Art. 5 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechteverordnung. Danach kommt eine Neuplanung der Route in Betracht auch ohne das das Luftfahrtunternehmen Ausgleichsansprüche nach Art. 7 schuldet. Zwar stehen in einem solchen Fall dem Reisenden nach Art. 7 Unterstützungs- und Betreuungsleistungen zu, jedoch dürften diese faktisch nicht erforderlich sein. Bei Bagatelländerungen muss nicht einmal auf den Art. 5 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechteverordnung Bezug genommen werden, sondern man kann den Weg auch über eine teleologische Reduktion gehen. Bei einer unbedeutenden Flugplanänderung, muss abgewogen werden, ob es dadurch überhaupt erst zu einem Ärgernis oder einer großen Unannehmlichkeit für den betroffenen Fluggast gekommen ist. Das gilt insbesondere für den Fall von positiven Änderungen für den Fluggast. Kommt es jedoch zu einer erheblichen Vorverlegung des Fluges, dann ist darin keine Bagatelle zu sehen. Man kann weiterhin nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Flugvorverlegung für den betroffenen Fluggast einen Vorteil darstellt. Fraglich ist jedoch, ob die Vorverlegung eines Fluges eine Annullierung darstellt. Der Grund für die Annullierung ist nicht von großer Bedeutung.
Inhalt der Norm im Einzelnen
Der wichtigste Bestandteil des Art. 5 der Fluggastrechteverordnung ist die Bekanntmachung der Annullierung gegenüber dem Fluggast. Dem Normtext des Art. 5 der Fluggastrechteverordnung zu Folge hat das ob und wann der Bekanntgabe der Annullierung gegenüber dem Fluggast keine Auswirkung auf die Unterstützungsleistungen nach Art. 8 und 9 der Fluggastrechteverordnung, sondern nur auf die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung. Wird ein Fluggast jedoch rechtzeitig über eine Annullierung in Kenntnis gesetzt und erscheint dennoch zu der planmäßigen Abflugzeit am Flughafen und die Ansprüche auf Verpflegung und Unterbringung geltend macht, dann ist dieses Verhalten als rechtswidrig anzusehen. Anders verhält es sich lediglich, wenn der Fluggast bereits nicht mehr rückgängig zu machenden Vorkehrungen für die Anreise zum Flughafen getroffen hat. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Art. 5 der Fluggastrechteverordnung ist die Regelung bezüglich der außergewöhnlichen Umstände in Absatz 3. Liegen solche vor und gibt es keine zumutbare Möglichkeit zur Vermeidung der Annullierung, dann kann die Pflicht zur Leistung von Ausgleichszahlungen nach Art. 5 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 7 der Fluggastrechteverordnung entfallen. Der Entlastungstatbestand des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung findet jedoch keine Anwendung auf die Erstattung und anderweitige Beförderung nach Art. 5 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 8 der Fluggastrechteverordnung oder auf die Betreuungsleistungen nach Art. 5 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 9 der Fluggastrechteverordnung. Dies ist sogar bei „höchst außergewöhnlichen Umständen“ nicht der Fall.
Erstattung und anderweitige Beförderung (Art. 5 Abs. 1 lit. a der Fluggastrechteverordnung)
Kommt es zu einer Annullierung des Fluges, dann hat der betroffene Fluggast nach Art. 5 Abs. 1 lit. a der [Fluggastrechteverordnung]] einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen nach Art. 8 der Fluggastrechteverordnung (Flugscheinerstattung, ggf. Mit Rückflug zum Abgangsflughafen oder anderweitige Beförderung nach Wahl des Fluggastes). Damit die Rechte ipso iure entstehen, bedarf es keiner anderen Voraussetzungen. Während der Inkenntnissetzung bezüglich der Annullierung, werde die Fluggäste nach Art. 5 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung über eine mögliche anderweitige Beförderung informiert.
Betreuungsleistungen (Art. 5 Abs. 1 lit. b der Fluggastrechteverordnung)
Bei den Betreuungsleistungen nach Art. 9 der Fluggastrechteverordnung (Mahlzeiten, Hotelunterbringung, Beförderung vom und zum Flughafen und zwei Telefongespräche) bedarf es laut Art. 5 Abs. 1 lit. b der Fluggastrechteverordnung keiner weiteren Anforderungen, die über diejenigen des Art. 9 der Fluggastrechteverordnung hinausgehen. Das eine Hotelunterbringung und eine Beförderung zwischen dem Hotel und Airport (Art. 9 Abs. 1 lit. b,c) nur dann zu leisten ist „wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt“, geht hervor bezüglich des „ob“ des Anspruchs auch im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. b der Fluggastrechteverordnung im Grunde aus der Natur der Sache. Eine Konkretisierung des „wann“ der Entstehung des Anspruchs erfolgt, jedoch ist dabei die Prognose „nach vernünftigem Ermessen“ auslegungsbedürftig. Laut dem EuGH kommt den Betreuungspflichten der Luftfahrtunternehmen keine zeitliche oder finanzielle Begrenzung zu. Begründet wird dies mit dem Wortlaut des Art. 9 der Fluggastrechteverordnung. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift geht hervor „dass dem Luftfahrtunternehmen alle Betreuungsleistungen gegenüber den Fluggästen, deren Flug annulliert worden ist, zur Gänze während des gesamten Zeitraums obliegen, in dem die betroffenen Fluggäste auf ihre anderweitige Beförderung warten müssen. Durch die Luftfahrtunternehmen soll das Angebot einer unentgeltlichen Hotelunterbringung erfolgen, wenn dies „notwendig“ sein sollte. Diese Ansicht wird auch durch den Zweck der Verordnung bestätigt. Würde man nämlich zeitliche oder finanzielle Grenzen zu lassen, dann wäre der betroffene Fluggast jenseits dieser Grenzen ganz sich selbst überlassen. Ein hohes Schutzniveau des Reisenden kann jedoch nur dann gewährleistet werden, wenn dem Reisenden gerade bei lange anhaltenden außergewöhnlichen Umständen , welche eine Annullierung zur Folge haben, der „Zugang zu den allernötigsten Erzeugnissen und Dienstleistungen“ geboten wird.
Unterrichtung und Ausgleichszahlung (Art. 5 Abs. 1 lit. c, Abs. 2,4 der Fluggastrechteverordnung)
Überblick
Bei einer Annullierung des Fluges kommt es grundsätzlich zu Ausgleichsansprüchen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung, wenn nicht gerade Art. 5 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechteverordnung durch den Halbsatz „es sei denn“ entgegensteht. Die Formulierung, welche die Information enthält, dass dem Fluggast ein solcher Anspruch seitens der Airline eingeräumt wird, ist sprachlich nicht genau formuliert, denn es handelt sich bei dem Anspruch auf Ausgleichszahlungen um einen gesetzlichen Anspruch, welcher ex lege zustande kommt. Im Gegensatz zu lit. a und lit. b erscheint die Formulierung als misslungen, da die Fluggastrechte jeweils „angeboten“ werden müssen. Das könnte den Eindruck erwecken, dass die Ausgleichszahlungen nur auf Verlangen der Fluggäste zu leisten sind, während die Unterstützungs- und Betreuungsleistungen von den Airlines aktiv an die Passagiere herangetragen werden müssen. Betrachtet man den Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung jedoch näher, dann wird deutlich, dass die Pflicht zur Leistung von Ausgleichszahlungen nicht auf keinen Fall erst durch die Geltendmachung des Reisenden zustande kommt. Weiterhin wäre unklar, warum es zu einer anderen Bewertung der Annullierung kommen sollte, als bei der Nichtbeförderung (Art. 4 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung). Weiterhin soll den Luftfahrtunternehmen durch eine zeitlich gestaffelte Lösung durch den europäischen Normgeber die Möglichkeit eingeräumt werden, der Ausgleichszahlungspflicht des Art. 7 der Fluggastrechteverordnung zu entziehen. Um sich einer solchen Ausgleichszahlungspflicht entziehen zu können, muss jedoch eine rechtzeitige Informierung des Fluggastes bezüglich des Ausfalls des Fluges erfolgen. Kommt es zu einer kurzfristigen Informierung, dann muss zusätzlich eine andere Beförderungsofferte hinzukommen. Dabei ist es nicht ausschlaggebend, ob die Annullierung selbst kurzfristig erfolgt oder bereits länger feststeht. Die Informierung des Fluggastes erfolgt immer dann rechtzeitig, wenn diese mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit stattfindet (lit. c i). Eine Zahlungspflicht kann nach lit. c ii auch dann entfallen, wenn die Unterrichtung des Fluggastes durch das Luftfahrtunternehmen in weniger als zwei Wochen aber mindestens sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit erfolgt und durch das Luftfahrtunternehmen ein anderes Beförderungsangebot unterbreitet wird, indem ein Abflug nicht mehr als zwei Stunden vor Plan und die Ankunft am Endziel höchstens vier Stunden nach Plan möglich gemacht wird. Kommt es zu einer Unterrichtung des Luftfahrtunternehmens in weniger als sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit, dann kommt es zu einer Reduzierung der Fristen für die anderweitige Beförderung auf nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflug- und höchstens zwei Stunden nach der geplanten Ankunft am Endziel (lit. c iii). Informationen zu einer möglichen anderweitigen Beförderung haben nach Art. 5 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung bereits bei der Unterrichtung über Annullierung zu erfolgen. Werden alle diese soeben genannten Verpflichtungen eingehalten und Voraussetzungen erfüllt, dann ist Art. 7 der Fluggastrechteverordnung nicht komplett anwendbar und es kommt nicht zu einem Widerspruch mit der Regelung des Art. 7 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung. Die Art. 5 Abs. 1 lit. c ii) und iii) sind selbstständig neben Art. 5 Abs. 3 anwendbar.
Einzelheiten zu den Unterrichtungsobliegenheiten
Der Fluggast gilt dann als unterrichtet, wenn ihn die Nachricht erreicht hat. Dazu kann man sich an der Zugangsdefinition einer Willenserklärung im deutschen Recht orientieren und das obwohl keine Willenserklärung vorliegt und eine unionsrechtlich autonome Auslegung denkbar wäre. Demzufolge muss die Nachricht in den Machtbereich des Empfängers gelangen und der Reisende muss die Möglichkeit der Kenntnisnahme haben. Nicht ausschlaggebend ist das Absenden der Informationen durch das Flugunternehmen. Weiterhin hat die Benachrichtigung der Annullierung nicht an den Reiseveranstalter oder Reisevermittler zu erfolgen. Kommt es also zu einem Fehler bei der Weiterleitung der Nachricht durch den genannten beteiligten oder sogar zu dem Unterlassen der Weitergabe, dann darf dies nicht zu Lasten des Fluggastes gehen. Sollte es dennoch zu einer solchen Situation kommen, dann besteht für das ausführende Luftfahrtunternehmen dennoch das Recht bei seinen Vertragspartnern Regress zu nehmen. Es existieren keine Formvorgaben bezüglich der Unterrichtung. Aus diesem Grund kann die Unterrichtung mündlich (telefonisch, elektronisch oder schriftlich (z.B. postalisch) erfolgen. Das Luftfahrtunternehmen kann sich dabei den Kommunikationskanälen bedienen, die der Fluggast bei der Buchung mitgeteilt hat (Adresse, Mail, Telefonnummer). Damit kann gewährleistet werden, dass der Reisende auch tatsächlich Kenntnis von der Annullierung erlangt. Gibt der Reisende an die Nachricht nicht erhalten zu haben, dann obliegt die Beweislast „ob und wann der Fluggast über die Annullierung“ informiert wurde dem ausführenden Luftfahrtunternehmen.
Entstehungsgeschichte
Der erste Entwurf der europäischen Fluggastrechteverordnung verfügte nicht über eine Legaldefinition des Begriffs der Annullierung. Zunächst sollte der Tatbestand auch nur Annullierungen aus wirtschaftlichen Gründen umfassen. Annullierungen die nicht vom Luftfahrtunternehmen zu vertreten waren, sollten davon ausgenommen sein. Annullierung wurde so definiert, dass davon diejenigen Flüge umfasst waren, die im elektronischen Buchungssystem in den letzten sieben Tagen vor dem geplanten Abflug aufgeführt waren. Weiterhin sollte bei den Entlastungsmöglichkeiten eines Luftfahrtunternehmens nicht auf den neuen Begriff der außergewöhnlichen Umstände abgestellt werden, sondern
Auslegung
Allerdings gibt die Definition des Begriffs der Annullierung mitunter noch reichlich Anlass für Interpretationsspielraum, so dass der EuGH sich der Aufgabe angenommen hat, diesen Begriff noch genauer auszulegen, um Klarheit über dessen Reichweite zu schaffen. Somit ist zunächst einmal fraglich, wann genau eine Nichtdurchführung anzunehmen ist. Eine Nichtdurchführung ist immer dann anzunehmen, wenn die Planung des ursprünglichen Fluges endgültig aufgegeben wurde, d.h. der Flug letztendlich nicht durchgeführt wurde. Bei einer Nichtdurchführung des Fluges kann zwischen einer eindeutigen und nicht mehr so eindeutigen Nichtdurchführung unterschieden werden. Bei der ersteren wird der Fluggast bereits im Vorfeld über eine Annullierung in Kenntnis gesetzt und gebeten nicht zu der vereinbarten Abflugzeit am Flughafen zu erscheinen oder die Annullierung wird dem Fluggast am Schalter des Flughafens bekanntgegeben, vgl. AG Bremen, Urteil vom 24.07.15, Az.: 25 C 41/15. Bei einer nicht eindeutigen Nichtdurchführung werden bereits Handlungen vollzogen, die als Beginn des Fluges aufgefasst werden können. Es ist in einem solchen Fall fraglich, ob dann das Boarding ausschlaggebend ist, das Schließen der Türen des Flugzeugs oder jedoch das Abheben von der Startbahn. Bei der Beurteilung ob tatsächlich eine Nichtdurchführung vorliegt, kann auf Kriterien wie den Wechsel der Flugnummern, das Ausstellen neuer Bordkarten, die Wiederausgabe des Gepäcks oder das Erreichen des Zielflughafens über eine geänderte Flugroute abgestellt werden, vgl. BGHS Wien, Urt. v. 04.08.06, Az.: 8 C 2016/05; AG Wedding, Urt. v. 24.05.07, Az.: 22 a C 38/07.
Oft ist auch nicht ganz eindeutig, ob ein bestimmter Flug annulliert wurde oder ob einfach nur eine Verspätung vorlag. Der BGH wendet sich daher mit seinem Urteil vom 17.7.2007 (Az.: X ZR 95/06) an den EuGH mit der Bitte, diese Problematik zu klären. Zu klären war zum einen die Frage, ob für die Feststellung einer Annullierung darauf abzustellen ist, ob die ursprüngliche Flugplanung aufgegeben wird, sodass eine Verspätung unabhängig von ihrer Dauer keine Annullierung darstellt, wenn die Fluggesellschaft die Planung des ursprünglichen Fluges nicht aufgibt. Sollte diese Frage verneint werden, so stellt der BGH die Frage auf, unter welchen Umständen eine Verzögerung des geplanten Fluges nicht mehr als Verspätung, sondern als Annullierung zu betrachten ist und ob die Beantwortung dieser Frage von der Dauer der Verspätung abhängt.
Der EuGH äußerte sich in seinem Urteil vom 19.11.2009 zu diesen Fragen (Az.: C-402/07). Nach diesem Urteil ist ein Flug verspätet, wenn er entsprechend der ursprünglichen Planung durchgeführt wird und sich die tatsächliche Abflugzeit gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert. Er kann also unabhängig von der Dauer der Verzögerung nicht als annulliert angesehen werden, wenn der Abflug entsprechend der ursprünglichen Flugplanung stattfindet.
Ein Flug gilt dagegen als annulliert, wenn das Luftfahrtunternehmen die Fluggäste mit einem anderen Flug befördert, dessen ursprüngliche Planung von der des ursprünglich geplanten Fluges abweicht. Demnach kann grundsätzlich von einer Annullierung ausgegangen werden, wenn der ursprünglich geplante und verspätete Flug auf einen anderen Flug verlegt wird, d.h. wenn die Planung des ursprünglichen Fluges aufgegeben wird und die Fluggäste dieses Fluges zu den Fluggästen eines anderen, ebenfalls geplanten Fluges stoßen und zwar unabhängig von dem Flug, für den die so umgebuchten Fluggäste gebucht hatten.
Abgrenzung von der Verspätung und Nichtbeförderung
Die Abgrenzung zwischen einer Verspätung und einer Nichtbeförderung sind vor allem wichtig, um festzustellen, welche Pflichten sich für das Luftfahrtunternehmen und welche Ansprüche sich für den Fluggast ergeben. Bei einer Nichtbeförderung kommt es zu einer uneingeschränkten Anwendung der Fluggastrechte (Art. 4 Abs. 3). Das gilt zumindest solange, wie es des Luftfahrtunternehmen nicht möglich ist, die Passagiere von einem freiwilligen Verzicht bezüglich ihrer Buchung zu überzeugen. In einigen Fällen kann sich das Luftfahrtunternehmen ihrer Pflicht der Leistung von Ausgleichszahlungen entziehen. Bei der Verspätung bestehen weitere abgeschwächte Pflichten. Vor allem können laut dem Wortlaut des Art. 6 keine Ausgleichsansprühe geltend gemacht werden.
Abgrenzung zur Verspätung
Abgrenzung von der Verspätung
Wann immer es zu einer verzögerten Beförderung kommt, ist es für die Fluggäste meistens nicht offensichtlich, ob es sich nun nur um einen verspäteten Flug oder sogar um einen annullierten Flug handelt. Beide Konstellationen haben jedenfalls gemeinsam, dass der Fluggast sein Endziel verspätet erreicht. Für die Luftfahrtunternehmen ist jedoch stets vorteilhaft, dass der jeweilige Lebenssachverhalt unter den Verspätungsbegriff fällt, denn die Folgen, die eine Verspätung nach sich zieht, sind deutlich geringer. Es gibt einige Indizien die zur Begrenzung beider Situationen dienen. Zuerst wurden durch den BGH objektive Hinweise dafür genutzt und hat dann jedoch diese Frage dem EuGH vorgelegt. Laut dem BGH gilt als starkes Kriterium, wenn den Fluggästen das Gepäck wieder ausgegeben wird und eine neue Abfertigung erfolgt und eine neue Bordkarte ausgegeben wird. Als schwaches Indiz wird angesehen, wenn die Bezeichnung des Fluges durch den Piloten z.B. auf der Anzeigetafel als „cancelled“ bezeichnet wird und nicht als „delayed“. Auch der Luftfahrtgesellschaft würde nur eine kleine Indizwirkung zukommen. Bleibt es jedoch bei der Beibehaltung der ursprünglichen Flugnummer, dann ist wohl eher nicht von einer Verspätung auszugehen, sondern darin kann eher ein Indiz für eine Annullierung gesehen werden. Beachtet man jedoch den Schutzzweck des Sekundärrechtaktes, dann spricht in der Gesamtbetrachtung wohl eher alles für die Einstufung als besonders lange Verzögerung als Annullierung. Das wurde jedoch durch den EuGH in seiner Sturgeon-Entscheidung abgelehnt und damit hat diese Abgrenzungsproblematik an Gewicht verloren. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die äußeren Umstände nicht ausschlaggebend sind. Eine Annullierung ist im Falle der Verzögerung einer Beförderung dann anzunehmen, wenn die Fluggäste durch das Luftfahrtunternehmen mit einem anderen Flug befördert werden, dessen Flugplanung nicht mit der anfänglichen übereinstimmt. Die Aufgabe des anfänglichen Flugplans ist damit der zentrale Anhaltspunkt für die Einstufung als Annullierung. Problematisch ist jedoch, dass das Merkmal der „aufgegebenen Flugplanung“ in der Praxis sowohl sehr schwer für Fluggäste zu erkennen ist, als auch sehr schwer zu beweisen ist. Darauf kann man erneut nur auf der Grundlage von äußeren Indizien in einer Gesamtschau und auch nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls schließen. Dafür sind wiederum die Kriterien der Sturgeon Entscheidung relevant. Kommt es zu der Verlegung des anfänglich und verspäteten Fluges auf einen anderen Flug, dann ist darin eine Annullierung zu sehen. Dabei bedeutet Verlegung in diesem Sinne die Aufgabe der Planung des ursprünglichen Fluges und das Gelangen von Fluggästen zu anderen Reisenden eines ebenfalls geplanten weiteren Fluges. Kommt es zu der Umbuchung von nur einigen Fluggästen, dann ist darin eine Nichtbeförderung i.S.d. Art. 2 lit. j zu sehen. Durch den EuGH wurde eine „große Verspätung“ der Annullierung gleichgestellt. Dabei ist von einer großen Verspätung erst ab einer Ankunftsverspätung von über drei Stunden am Endziel nach Art. 2 lit. h auszugehen. Aus diesem Grund ist eine Abgrenzung meistens nicht notwendig. Das hat Einfluss auf das Zusprechen von Ausgleichsansprüchen nach Art. 7 der europäischen Fluggastrechteverordnung, während bei kleinen Verspätungen unter drei Stunden solche nicht in Betracht kommen. Der EuGH wollte die Schutzlücke der Fluggastrechteverordnung im Hinblick auf die Abgrenzung von Verspätung und Annullierung nicht schließen. Da es nun eine Rechtsfortbildung im Sinne einer Gleichstellungslösung gibt, wird eine solche Differenzierung auch nicht mehr benötigt.
Anspruchszahlung
Das AG Köln entschied bei der Frage, wie eine erhebliche Verspätung zu berechnen ist, anhand der VO (EG) 261/2004. Art. 7 der VO (EG) gilt nicht nur für die Annullierung, sondern auch für eine erhebliche Verspätung, wenn sie mindestens 3 Stunden nach dem eigentlichen Ankunftszeitpunkt durchgeführt wird. Weiteres dazu zu lesen gibt es in dem Artikel Verspätung.
Abgrenzung zur Nichtbeförderung
Eine Sachgerechte Differenzierung zwischen der „Nichtbeförderung“ und der „Annullierung“ gehört zu den schwierigsten Fragen der Verordnung. Vereinfacht ausgedrückt kann man die Regel anwenden, dass der Flug als solcher bei der Nichtbeförderung stattfinde, jedoch allein bestimmten Passagieren der Transport verwehrt wird. Bei der Annullierung wird die Flugbewegung nicht wie geplant durchgeführt. Jedoch stellt auch der EuGH bei einer Nichtbeförderung auf die individuelle Situation des Fluggastes ab, was diese relativ klare Grenze wieder verwischt.
Unterfälle der Annullierung
Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene Unterformen einer Annullierung herauskristallisiert und wurden insofern auch von der Judikatur bestätigt und konkretisiert.
Start-bzw. Flugabbruch
In diesem Zusammenhang ist vor allem der Fall zu nennen, in dem ein Flugzeug zwar bereits pünktlich gestartet ist, dann jedoch aus irgendeinem Grund zum Ausgangsflughafen zurückkehren muss und die Flugpassagiere infolgedessen auf einen anderen Flug umgebucht werden müssen. Dies ist laut Rechtsprechung des EuGH ebenfalls als Annullierung zu werten, vgl. EuGH, Urt. v. 13.10.2011, Az.: C-83/10. Dabei ist es auch unerheblich aus welchem Grund das Flugzeug zurückkehren musste. Denn die Flugroute stellt ein wesentliches Element eines Fluges dar und mit Strecke ist die Distanz gemeint, die von einem Flugzeug vom Ausgangsflughafen bis zum Bestimmungsflughafen in einer festen Abfolge zurückgelegt wird. Für die Durchführung des Fluges ist es nicht ausreichend, wenn das Flugzeug mit der geplanten Flugroute lediglich gestartet ist, sondern das Flugzeug muss in jedem Fall auch den nach dieser Flugroute vorgesehenen Bestimmungsort erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt man auch, wenn man die Wortgruppe „ Durchführung eines Fluges“ nach dem Wortsinn auslegt. Die Regelungen des Art. 5 Abs. 1 lit. c Ziff. i bis Ziff. iii beziehen sich auf Flüge, bei denen es bereits vor dem Start zu einer Streichung des Fluges kommt. In diesen Fällen kommt es erst gar nicht zu einem Abflug (LG Hamburg, Urt. v. 25.02.11, Az.: 332 S 104/10). Ein Flugabbruch kann also immer dann als Annullierung nach Artikel 2 lit. l der Verordnung (EU) Nr. 261/2004 eingestuft werden, wenn die ursprüngliche Flugplanung endgültig durch das ausführende Luftfahrtunternehmen aufgegeben wird, aber auch dann, wenn der Flug nach einer unplanmäßigen Zwischenlandung verspätet fortgesetzt wird. Laut dem Art. 2 lit. 1 ist es nicht von Bedeutung, wann genau die Flugplanung endgültig aufgegeben wird. Wichtig ist ausschließlich, dass eines Annullierung nicht mit der Streichung eines Fluges vor dessen Start gleichgesetzt wird. Eine Annullierung kann auch dann angenommen werden, wenn die Beförderung nach dem Schließen der Flugzeugtüren einfach nicht fortgesetzt wird, der Startvorgang abgebrochen wird oder das Flugzeug nach dem Start den Flug abbrechen muss und zum Flughafen zurückkehrt (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 22.06.11, Az.: C 151/11). Aus welchem Grund es schließlich zu einem Flugabbruch kommt ist für die Einstufung des Flugabbruchs als Annullierung nicht von Bedeutung (EuGH, Az.: C 83/10). Der Grund für den Flugabbruch könnte jedoch bei den Entlastungsmöglichkeiten nach Art. 5 Abs. 3 relevant werden. Denn kein Pilot wird einen Flugabbruch ohne triftigen Grund einleiten. Eine faktische Annullierung liegt immer dann vor, wenn das Flugzeug nicht zum Endziel fliegt sondern zu einem Ausweichflughafen, vgl. AG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.06.11, Az.: 29 C 2320/10. Allerdings ist dann keine Annullierung anzunehmen, wenn das Flugzeug nicht an den Startflughafen zurückgekehrt ist, dafür jedoch auf der Strecke zwischen Abflughafen und Zielflughafen technisch bedingt zwischenlanden muss. Dies gilt für den Fall, dass die Passagiere später auch mit der gleichen reparierten Maschine zu ihrem Endziel transportiert werden. Selbiges gilt für einen Flug der kurz nach dem Abheben am Startflughafen einer Reparatur unterzogen wird und das Flugzeug mit einer Verzögerung wieder startet.
Annullierung bei planmäßiger Zwischenlandung
Problematisch ist weiterhin die Situation, in der bei einem Flug mit einer geplanten Zwischenlandung der Weiterflug nicht durchgeführt wird. In einer solchen Situation gibt das ausführende Luftfahrtunternehmen am Ort der planmäßigen Zwischenlandung einfach die Absicht auf, bis ans Endziel weiterzufliegen. Sowohl das LG Darmstadt als auch das AG Rüsselheim haben entschieden, dass es sich in einem solchen Fall weder um eine Annullierung, noch um eine Nichtbeförderung handelt und diese Konstellation nicht in der Verordnung geregelt ist, vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 08.05.09, Az.: 7 S 268/08; LG Darmstadt, Urt. v. 01.07.09, Az.: 7 S 21/09. Eine höchstrichtetliche Entscheidung dieser Frage ist nicht gegeben. Hausmann hingegen vertritt die Ansicht, dass dem Fluggast in einem solchen Fall durchaus Ansprüche aus der Verordnung zustehen würden, da der Flug erst mit dem Erreichen des geplanten Flugziels vollständig verwirklicht wurde. Der EuGH hat eine solche Situation in seinem Urteil C 83/10 durchaus als Annullierung i.S.v. Art. 2 lit. 1 eingeordnet. Denn das ausführende Luftfahrtunternehmen sorgt ausschließlich für die Beförderung auf der ersten Teilstrecke, welche im Einklang mit der geplanten Flugroute steht, doch es wird niemals der vorgesehene Bestimmungsort erreicht.
Der EuGH legt den Begriff des Fluges i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a. VO-EG Nr. 261/2004 so aus, dass er nicht nur einen Flug von "A nach B" erfasst, sondern auch einen durch den Passagier einheitlich gebuchten Beförderungsvorgang eines Luftfahrtunternehmens, der eine planmäßige Zwischenlandung bzw. einen Umstieg vorsieht (EuGH, Urt. v. 26. 02.2013, Rs. C-11/11, EuGH, Urt. v. 31.05.2018, Rs. C-537/17). Dabei ist unerheblich, ob die planmäßige Unterbrechung bzw. Zwischenlandung außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung geschieht und ob sie mit einem Wechsel des Flugzeuges einhergeht. Voraussetzung ist, dass sich der Beförderungsvorgang als einheitliche Beförderung mit einem Flug von "A nach B" und mindestens einem direkten Anschlussflug nach "C" darstellt. Dies ist der Fall, wenn dem Passagier diese zusammenhängende Gesamtheit der Flüge als einheitliche Buchung bei einer Fluggesellschaft angeboten wird (EuGH, Urt. v. 31.05.2018, Rs. C-537/17).
Diese Rechtsprechung des EuGH macht deutlich, dass, zumindest sofern es um den Geltungsbereich der Verordnung geht, der Flug i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a. VO-EG Nr. 261/2004 erst mit dem Erreichen des Endzieles abgeschlossen ist, unabhängig davon, ob Zwischenlandungen vorgesehen sind oder nicht. Eine Unterbrechung der Beförderung verhindert grundsätzlich die vollständige Durchführung des Fluges i.S.d. Verordnung, so dass der Passagier Ansprüche nach der Verordnung geltend machen kann. Diese Unterbrechung kommt einer Annullierung gleich, sofern das Luftfahrtunternehmen seiner Beförderungspflicht nicht vollständig oder erst mit erheblicher Verzögerung nachkommt (siehe: Grundsatz: Sturgeon-Entscheidung des EuGH).
Landung auf einem Ausweichflugplatz und außerplanmäßige Zwischenlandung
Ein Flugplan, welcher nach den Instrumentenflugregeln durchgeführt wird, muss sowohl über einen Bestimmungsausweichflugplatz verfügen, als auch geeignete Streckenausweichflugplätze benennen können und in die Treibstoffplanung einbeziehen. In dem Fall, dass ein Flugzeug auf Grund von schlechten Wetterbedingungen nicht auf dem geplanten Flugplatz landen kann und dann auf den bestimmungsausweichflugplatz landen muss, liegt grundsätzlich eine vom ursprünglichen Flugplan gedeckte Landung vor. Dennoch wird in einem solchen Fall von dem AG Rüsselheim unter Berücksichtigung der Rechtssache des EuGH (C-83/10) eine faktische Annullierung angenommen (AG Rüsselheim, Urt. v. 11.04.13, Az.: 3 C 3406/12; AG Rüsselheim, Urt. v. 25.07.12, Az.: 3 C 1132/12). Denn das Flugzeug weicht von seiner geplanten Flugroute ab und erreicht den Bestimmungsflughafen nicht mehr (EuGH, C 83/10). Zur Zeit ist kein entsprechendes Vorlageverfahren beim EuGH anhängig, doch man kann davon ausgehen, dass sich der EuGH dieser Argumentation des AG Rüsselheim anschließen würde. In dem Fall, dass eine außerplanmäßige Zwischenlandung eingelegt werden muss, weil z.B. ein medizinischer Notfall an Bord herrscht, und dann der Flug fortgesetzt wird und das Endziel mit einer Verspätung erreicht wird, liegt eine Abweichung von der ursprünglichen Flugroute vor. Hier geht das AG Frankfurt a.M. von einer Annullierung aus (AG Frankfurt, Urt. v. 26.10.12, Az.: 29 C 1400/12). Dem muss jedoch widersprochen werden, da das Luftfahrtunternehmen nie endgültig die Absicht aufgegeben hat, den Flug bis an das Endziel fortzusetzten und der Fluggast dennoch an seinem Bestimmungsort, wenn auch verspätet angekommen ist. Bei außerplanmäßigen Zwischenlandungen mit anschließendem Weiterflug kann nicht automatisch von einer Nichtdurchführung des Fluges ausgegangen werden, obwohl dies laut Art. 2 lit. 1 die Tatbestandsvoraussetzung einer Annullierung ist und diese von einer Verspätung überhaupt erst unterscheidet. Aus diesem Grund muss das Vorliegen einer Annullierung nicht vorrangig nach der Nichtdurchführung des Fluges bewertet werden sondern nach den Änderungen in der ursprünglichen Flugplanung nach der Flugroute.
Flugplanänderung
Flugplanänderungen wie Änderungen der Abflug- und Ankunftszeiten, haben die Aufgabe der ursprünglichen Flugplanung zur Folge, jedoch führen diese nicht gleich zu einer Nichtdurchführung des Fluges. Der EuGH achtet bei seinen Entscheidungen nicht auf das Kriterium der Nichtdurchführung sondern auf nicht näher umschriebene Änderungen bei der ursprünglichen Flugplanung. Aus diesem Grund wird der EuGH wohl auch bei einer Flugplanänderung zu einer Annullierung tendieren. In der Praxis spielen Flugplanänderungen nur eine geringe Rolle, da der Fluggast meistens lange vor dem planmäßigen Abflugtermin über solche in Kenntnis gesetzt wird. Dadurch entfallen von Anfang an Ansprüche auf Ausgleichszahlungen und auch Unterstützungs- oder Betreuungsleistungen müssen nicht erbracht werden. In solchen Fällen ist es jedoch nicht ganz einfach für das Luftfahrtunternehmen zu beweisen, dass die Mitteilung über die Flugplanänderung dem Fluggast zugegangen ist oder zumindest in dessen Empfangsbereich gelangt ist (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.10.06, Az.: 32 C 1788/06-84; AG Rüsselheim, Urt. v. 27.06.12, Az.: 3 2655/11). Bei Pauschalreisen ist es unzureichend, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen nur den Reiseveranstalter rechtzeitig in Kenntnis setzt und dieser die Flugplanänderung gar nicht oder erst nach Ablauf der in Art. 5 Abs. 1 lit. c genannten Zeitpunkte an den Fluggast ausrichtet (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.09.11, Az.: 2-24 S 92/11).
Vorverlegung von Flügen
Bei der Frage, ob auch in einer Vorverlegung von einem [[Flug] eine Annullierung gesehen werden kann, werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Einerseits wird angenommen, dass, wenn ein Flug um mehr als 10 Stunden vorverlegt wird, auch dies als eine Annullierung anzusehen ist, wenn der ursprünglich geplante Flug nicht durchgeführt wird (vgl. AG Hannover, Urt. v. 31.01.11, Az.: 426 C 12868/10; AG Hannover, Urt. v. 11.04.11, Az.: 512 C 15244/10). Anderseits wird vertreten, dass es sachlich nicht gerechtfertigt erscheint eine Annullierung anzunehmen, wenn die die tatsächliche Abflugzeit nun früher stattfindet als die planmäßige Abflugzeit. Denn eine Annullierung bedarf stets der Nichtdurchführung eines Fluges.
Rechtzeitige Informationsverteilung
Wie an vorheriger Stelle bereits erwähnt, kann eine Flugannullierung bereits Tage, Wochen oder sogar Monate im voraus bekannt gegeben werden. In der Fluggastrechteverordnung finden sich diesbezüglich verschiedene Angaben über die Zeitpunkte der Informationsverteilung.
Zeitpunkte
Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen hat seinen Fluggästen in der Regel Ausgleichsleistungen nach Art. 7 der EG-VO 261/2004 bei Annullierung zu zahlen. Von dieser Pflicht kann sich das Luftfahrtunternehmen nur in bestimmten Fällen befreien. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn das Luftfahrtunternehmen seinen Fluggästen eine rechtzeitige Information über die Annullierung übermittelt. Diese Zeitpunkte sind wie folgt in Art. 5 I lit. c) geregelt: • mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet • Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit mit einem Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es den Fluggästen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen • weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit mit Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen Der Begriff „rechtzeitig“ erfährt hierbei eine Abschattung bezüglich der Vorlaufzeit und entsprechenden Möglichkeiten der Flugreisenden auf den Umstand Reaktion zu zeigen. Die in Art. 5 geregelten Ausnahmetatbestände sind laut Rechtsprechung eher eng auszulegen, vgl. EuGH, Urt. v. 22.12.2008, Az.: C-549/07. Generell müssen Fluggäste, die von einer Flugannullierung unterrichtet wurde gem. Art. 5 II EG-VO 261/2004 Angaben über anderweitige Beförderungsmöglichkeiten erhalten.
Beweis- und Darlegungslast
In Art. 5 IV der Fluggastrechteverordnung wird klargestellt, dass die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung informiert wurde, das ausführende Luftfahrtunternehmen zu tragen hat; vgl. EuGH, Urteil vom 11.5.2017,Az.: C-302/16. Wird die Mitteilung über die Annullierung dem Flugreisenden per SMS zugesandt, so hat das jeweilige Luftfahrtunternehmen darzulegen und ebenfalls zu beweisen, dass diese Mitteilung in den Empfangsbereich des Empfängers gelangt ist, so dass dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hatte, von dieser Information Kenntnis zu nehmen, vgl. AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.10.2006, Az.: 32 C 1788/06-84. Einst sah die Rechtsprechung vor, dass einem Passagier gemäß der Fluggastrechteverordnung kein Anspruch auf eine Ausgleichzahlung zusteht, wenn dieser frühzeitig von seinem Reisevermittler über die Annullierung des Fluges informiert wurde, vgl. LG Landshut, Urt. v. 14.12.2016, Az.: 13 S 1146/16. Insoweit genügte, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen lediglich den Vermittler über die Annullierung in Kenntnis gesetzt hat. Der EuGH hat nun allerdings die Rechte der Flugreisenden durch eine neuere Entscheidung erheblich gestärkt. Kann ein Luftfahrtunternehmen nicht beweisen, dass ein Fluggast über die entsprechende Annullierung mindestens zwei Wochen im Voraus informiert wurde, muss es diesen eine Ausgleichsleistung zahlen, vgl.EuGH, Urt. v. 11.05.2017, Az.: C-302/16. Insoweit genügt es nun nicht mehr, wenn das Luftfahrtunternehmen lediglich den Reisevermittler informiert. Ob die eigentliche Buchung des Fluges bei der Airline direkt oder über einen Reisevermittler durchgeführt wurde, spielt für die Frage der Beweis- und Zahlungspflicht nun keine Rolle mehr. Nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung Nr. 261/2004 trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des betreffenden Fluges unterrichtet wurde. Das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Zahlung des darin vorgesehenen Ausgleichs verpflichtet ist, wenn es nicht beweisen kann, dass der betroffene Fluggast über die Annullierung seines Fluges mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist. Dies gilt auch, und vor allem dann, wenn der Reisevertrag oder Beförderungsvertrag mittels einem Dritten, etwa einem Online-Reisevermittler geschlossen wurde. Wie sich nämlich sowohl aus Art. 3 Abs. 5 als auch aus den Erwägungsgründen 7 und 12 der Verordnung Nr. 261/2004 ergibt, wird der Fluggästen zu leistende Ausgleich für Verstöße gegen die sich aus der Verordnung ergebenden Verpflichtungen, zu denen u. a. die Unterrichtungspflicht des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c gehört, allein vom ausführenden Luftfahrtunternehmen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, geschuldet.
Flugbuchung über einen Reisevermittler
Flüge werden heutzutage von Kunden häufig nicht mehr direkt bei der Fluggesellschaft, sondern über Online-Portale wie Flug-Suchmaschinen oder sonstige Drittanbieter gebucht. Diese Drittanbieter treten dann als sogenannte Reisevermittler auf, die für den Kunden einen entsprechenden Flug bei der Airline buchen bzw. die Buchung vermitteln. Eine vertragliche Beziehung geht der Kunde dabei unmittelbar nur mir dem Reisevermittler ein. Fraglich ist in einem solchen Fall, was die den Flug durchführende Fluggesellschaft im Falle einer Annullierung tun muss, um ihrer Informationspflicht Art. 5 VO-EG Nr. 261/2004 gegenüber dem Passagier zu erfüllen.
Der EuGH setzte sich mit dieser Frage aufgrund einer Rechtsstreitigkeit zwischen einem Passagier und der Fluggesellschaft Surinam Airways auseinander (EuGH, Urt. v. 11.05.2017, Rs. C-302/16).
Der Passagier hatte über den niederländischen Online-Anbieter "www.gate1.ne" sowohl einen Hin- als auch einen Rückflug mit der Fluggesellschaft Surinam Airways von Amsterdam nach Paramaribo (Surinam) gebucht. Der Flug wurde annulliert und der Passagier wendete sich nun gegen Surinam Airways mit der Forderung nach Ausgleichszahlung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 7 der VO-EG Nr. 261/2004, weil er über die Annullierung des Fluges nicht, wie vorgeschrieben, mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden sei. Surinam Airways hatte den Online-Reisevermittler "www.gate1.ne"" allerdings mehr als zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung des Fluges in Kenntnis gesetzt. "www.gate1.ne" wiederum teilte dies dem Passagier erst zehn Tage vor dem Abflugdatum mit. Strittig war also, ob die VO-EG Nr. 261/2004 dahingehend auszulegen ist, dass das den Flug ausführende Fluggesellschaft die vorgesehene Ausgleichszahlung im Fall einer Annullierung, von welcher der Passagier nicht rechtzeitig erfahren hat, auch dann bezahlen muss, wenn der Reisevermittler seinerseits rechtzeitig unterrichtet wurde. Denn der Beförderungsvertrag wurde über den Vermittler "www.gate1.ne" mit dem Passagier geschlossen und "www.gate1.ne" hatte nach der Mitteilung der Annullierung ausreichend Zeit, die Information an den Passagier weiterzugeben.
Nach Ansicht des Gerichts ist das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Zahlung verpflichtet, wenn es nicht darlegen kann, dass der betroffene Passagier über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflug informiert worden ist. Diese Auslegung des Art. 5 Abs. 4 VO-EG Nr. 261/2004, wonach das Luftfahrtunternehmen die Beweislast für die Unterrichtung des Passagiers trägt, gilt auch dann, wenn der Beförderungsvertrag über einen Reisevermittler geschlossen wurde. Denn allein die Fluggesellschaft, die den Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, trifft diese Unterrichtungspflicht. Der Fluggesellschaft bleibt schließlich die Möglichkeit gemäß Art. 13 VO-EG Nr. 261/2004 bei dem Reisevermittler Regress zu nehmen, d.h. den ihr durch dessen Versäumnis entstandenen Schaden durch die an den Passagier zu leistenden Ausgleichszahlungen ersetzt zu bekommen.
Rechtsfolgen einer Annullierung
Die Rechte, die dem Fluggast bei einer Annullierung eines Fluges zustehen, ergeben sich vor allem aus Art. 5 I ff. der EG-Verordnung 261/2004. Grundsätzlich kann einem Fluggast bei einer Annullierung ein Anspruch auf sowohl Ausgleichsleistungen, als auch Unterstützungs-und Betreuungsleistungen entstehen. Weiterhin kann ein Fluggast auch Ersatz für weitere Schäden wegen der Nichterfüllung des Luftbeförderungsvertrags verlangen, wenn die Voraussetzungen des MÜ oder des nationalen Rechts vorliegen.
Auskunftsanspruch
Der Auskunftsanspruch kommt bei jeder Verspätung, Annullierung und bezüglich der außergewöhnlichen Umstände zum Tragen. Das Luftfahrtunternehmen muss eine Verspätung oder Annullierung zwar rechtfertigen, der Fluggast hat jedoch weder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB einen detaillierten Auskunftsanspruch, noch aus höchstrichterlicher Rechtsprechung.
Anspruch auf Ausgleichsleistungen
In Art. 5 Abs. 1 lit. c wird der Anspruch auf Ausgleichszahlungen gem. Art. 7 der [[Fluggastrechteverordnung}]] geregelt. Diese monetären Ausgleichsleistungen müssen immer dann erbracht werden, wenn die Mitteilung über eine Annullierung nicht rechtzeitig erfolgt oder, wenn ein Luftfahrtunternehmen nicht nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen besteht auch dann wenn der betroffene Fluggast nicht von sich aus aktiv wird und vom ausführenden Luftfahrtunternehmen die Ausgleichszahlungen explizit verlangt. Folgt man dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 lit. c, so könnte man die Auffassung vertreten, dass Fluggäste bei einer Annullierung einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, aber Fluggästen bei einer Nichtbeförderung die Ausgleichszahlungen unverzüglich zu leisten sind. Eine solche Ansicht ist jedoch abzulehnen, da der europäische Gesetzgeber wohl kaum eine Ungleichbehandlung von Fluggästen gewollt hätte.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung setzt jedoch ein tatsächliches Warten am Flughafen voraus. Es besteht dann kein Anspruch auf Ausgleichszahlung mehr, wenn der Fluggast infolge einer Verspätung seine Buchung storniert und einen Ersatzflug bei einer anderen Airline bucht, da er so nicht mehr dazu gezwungen wäre, am Flughafen zu warten, vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 13.6.2013, Az. 3 C 574/13 (34).
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung ist ausgeschlossen, wenn Fluggäste kostenlos oder zu einem nicht-öffentlichen Vergünstigungstarif reisen oder aber Flugreisende im Rahmen einer Pauschalreise über einen Drittanbieter zu einem nicht-öffentlichen Ermäßigungstarif gebucht haben; vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 18.12.2013, Az. 7 S 90/13.
Eine Ausgleichszahlung erfolgt durch Barzahlung, durch elektronische oder herkömmliche Überweisung, durch Scheck oder durch Reisegutscheine oder andere Dienstleistungen, wobei letztere nur mit dem schriftlichen Einverständnis des Fluggastes möglich sind.
Keine Ausgleichszahlung bei anderweitiger Beförderung
Gemäß Artikel 5 Abs. 1 c) iii der Fluggastrechteverordnung wird das Luftfahrtunternehmen von seiner Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen befreit, wenn eine anderweitige Beförderung angeboten wird. Hierbei müssen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die anderweitige Beförderung ermöglicht dem Fluggast, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen.
- Die anderweitige Beförderung ermöglicht dem Fluggast sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Ein Entschädigungsanspruch entfällt allerdings auch dann, wenn der Fluggast insgesamt einen Zeitverlust von weniger als drei Stunden erleidet (LG Hannover, Urt. v. 09.02.2015, Az: 14 S 53/14). Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich dies zunächst aus einer Zusammenschau der beiden oben genannten Voraussetzungen: Drei Stunden sind der Gesamtzeitverlust, den Art. 5 Absatz 1 c) iii als gerade noch hinnehmbar erachtet, wenn er dem Fluggast zumutet, bis zu einer Stunde vor dem geplanten Abflug abzufliegen und bis zu zwei Stunden nach der geplanten Ankunft anzukommen. Ferner hat auch der EuGH als Verordnungsgeber den Wert von drei Stunden anerkannt (vgl. u.a. EuGH, Urt. v. 23.10.2012, Az: C-581/10 und C-629/10. Eine Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen besteht demnach nur, wenn die Verspätung mindestens drei Stunden beträgt.
Ausgleichszahlung trotz außereuropäischen Sitz des Reiseveranstalters
Bei einer Verhandlung des AG Köln, Urt. vom 09.04.2010 haben Flugreisende gegen eine nicht-europäische Fluggesellschaft geklagt, weil ihr Flug von Hamburg nach Hawaii annuliert wurde. Dabei gab es mehrere Zwischenstopps Die Kläger wurden nach Check-In und Boarding gebeten das Flugzeug zu verlassen. Ihr Flug wurde umgebucht und so konnten sie ihre Anschlussflüge nicht erreichen. Des Weiteren verlangten sie die Erstattung der Mehrkosten, die sie aufgrund der Verzögerung tragen mussten. Die Beklagte beruft sich auf den Umstand, dass sie ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union hat und daher die Verordnung VO (EG) 261/2004 keine Anwendung finden. Das AG Köln ist jedoch der Ansicht, dass auch diese Verordnung VO (EG) 261/2004 auf die Beklagte Anwendung findet, weil sie Flüge in die europäische Union anbietet.
Keine Ausgleichszahlungen bei frühzeitiger Information der Fluggäste
Grundsätze
Das Ziel der Fluggastrechteverordnung ist es nicht nur Annullierungen zu vermeiden, sondern zu bezwecken, dass Fluggäste rechtzeitig vom ausführenden Luftfahrtunternehmen über die Annullierung informiert werden und ihnen eine zumutbare anderweitige Beförderung angeboten wird (BGH, Urt. v. 25.03.10, Xa ZR 96/09). Informiert Luftfahrtunternehmen den Fluggast mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung, so müssen keine Ausgleichszahlungen mehr geleistet werden. Denn wird der Fluggast so frühzeitig über die Annullierung informiert, ist davon auszugehen, dass dieser weder nennenswerte Ärgernisse noch Unannehmlichkeiten erleidet. Wird der Fluggast in weniger als zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung in Kenntnis gesetzt, so hat dieser einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Solche entfallen bei einer kurzfristigen Annullierung nur unter den folgenden Voraussetzungen: • der betroffene Fluggast mindestens zwei Wochen vor dem geplanten Abflug über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wird • der betroffene Fluggast über die Annullierung mindestens 7 Tage vor dem geplanten Abflug darüber in Kenntnis gesetzt wird und ihm darüber hinaus eine anderweitige Beförderung angeboten wird, mit der er nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegt und sein Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht • wenn die Annullierung weniger als 7 Stunden vor dem geplanten Abflug realisiert wird und dem Fluggast eine anderweitige Beförderung angeboten wird, mit der er nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegen muss und sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht. Immer dann wenn es zu einer erheblichen Störung im Beförderungsablauf kommt, dann kommt es zu einem Spannungsfeld zwischen dem Interesse der Fluggäste an der Durchführung des ursprünglich geplanten Flugs und einer möglichst frühzeitigen Bekanntgabe einer allenfalls notwendigen Annullierung (BGH, Urt. v. 25.03.10, Xa ZR 96/09). Das ausführende Luftfahrtunternehmen muss in einem solchen Fall eine Prognose erstellen, ob und wann der geplante Flug wahrscheinlich durchgeführt wird. Diese Prognose hat nach vernünftigem Ermessen und unter Berücksichtigung der Interessen der Fluggäste zu erfolgen.
Praktische Schwierigkeiten bei der Benachrichtigung von Fluggästen
In Art. 5 Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung ist geregelt, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür trägt, ob und wann genau der Fluggast über die Annullierung des Fluges in Kenntnis gesetzt wurde. Dazu muss das Luftfahrtunternehmen beweisen können, dass die Mitteilung über die Annullierung dem Fluggast tatsächlich zugegangen ist oder zumindest in dessen Empfangsbereich gelangt ist. Schwierigkeiten entstehen dadurch, dass meistens auf elektronischem Wege kommuniziert wird. Oftmals erhalten Luftfahrtunternehmen keine Lesebestätigungen, weil dies vom Fluggast deaktiviert wird oder diese Funktion nicht unterstützt wird. Besondere Schwierigkeiten entstehen bei Codeshare-Flügen. Denn oftmals hat der Operating Carrier nicht die Kontaktdaten der Fluggäste, weil diese den Flug beim Marketing Carrier gebucht haben. Deswegen bedarf es bestimmter Codesharing- Vereinbarungen, welche regeln wie genau der Informationsfluss zwischen dem Luftfahrtunternehmen und dem Fluggast funktioniert. Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Benachrichtigung der Fluggäste durch einen Reiseveranstalter oder Reisevermittler. Diese können durch ein IATA Agency Agreement dazu verpflichtet werden, Fluggäste schriftlich über allfällige Annullierungen zu benachrichtigen. Wenn sie diese Verpflichtung nicht erfüllen, machen sie sich schadensersatzpflichtig. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, dass Luftfahrtunternehmen in ihren ABB klären, wie genau die Kommunikation mit Fluggästen abzulaufen hat. Die Einführung einer Klausel, welche bestimmt, dass ein Luftfahrtunternehmen gegenüber dem Fluggast nur eine bestimmte Anzahl an Kontaktversuchen unternehmen muss, ist als unzulässig anzusehen. Laut Art. 5 Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung reicht es aus, wenn das Luftfahrtunternehmen beweisen kann, dass die Mitteilung über die Annullierung zumindest in den Empfangsbereich des Fluggasts gelangt ist und dieser die Möglichkeit hatte unter normalen Umständen von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.10.06, Az.: 32 C 1788/06-84).
Höhe der Ausgleichszahlungen
Die Höhe der Ausgleichszahlungen bestimmt sich nach der vom Startflughafen bis zum Zielflughafen zurückgelegten Entfernung. Dabei ist es unbeachtlich wo genau die Störung in der Beförderung aufgetreten ist. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich gemäß Art. 7 EG-VO 261/2004 wie folgt:
- Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern
- Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern
- Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern
Die Entfernung wird sowohl bei Direktflügen als auch bei mehreren Teilflügen i.S.v. Anschlussflügen („von A nach B über C“) gemäß Art. 7 Abs. 1 VO-EG Nr. 261/2004 nach der Großkreismethode berechnet (EuGH, Urt. v. 07.09.2017, Rs. C-559/16). Dies hängt damit zusammen, dass sich die in der Verordnung festgelegten Ausgleichsleistungen ihrer Art und Höhe nach an der Schwere der Beeinträchtigung für die Fluggäste orientieren sollen (EuGH, Urt. v. 10.01.2006, Rs. C-344/04). Der Grad der Unannehmlichkeit einer Ankunftsverspätung bei einem verspäteten Direktflug oder einem Flug mit Anschlussflug unterscheidet sich nicht, da die Unannehmlichkeiten in einem solchen Fall in dem erlittenen Zeitverlust gegenüber der ursprünglichen Reiseplanung bestehen, der immer bei Ankunft am Endziel festgestellt wird. Es ist also unerheblich, ob der Passagier mit einem Direktflug verspätet seinen Zielflughafen erreicht oder ob er zwischendurch umgestiegen ist und dabei eine größere Flugstrecke zurückgelegt hat. Es kommt nur auf die Distanz zwischen dem Flughafen, an dem der Passagier seine Flugreise angetreten hat und dem Endziel an.
Die Auszahlung eines Anspruches aus Artikel 7 erfolgt durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder in Form von Reisegutscheinen oder anderen Dienstleistungen (nur mit schriftlichen Einverständnis des Fluggastes möglich).
Entlastung bei außergewöhnlichen Umständen
Für Annullierungen und Verspätungen stehen dem Reisenden keine Ausgleichszahlungen zu, wenn die Luftfahrtgesellschaft außergewöhnliche und unvermeidbare Umstände nachweisen kann (Wetter, Sicherheit, Streik), Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung). Dies bedeutet, dass bestimmte Umstände, die nicht in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft fallen, für Verspätung oder Annullierung verantwortlich waren. Grundsätzlich ist unter einem außergewöhnlichen Umstand ein Vorkommnis zu verstehen, welches sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Ausgleichszahlungen gelten nach deutschem Recht nicht als Schadensersatzleistungen. Außergewöhnliche Umstände müssen von der Fluggesellschaft vorgebracht und nachgewiesen werden. Die Vielzahl von Krankmeldungen des Flugpersonals bei einer als Leistungserbringerin eingesetzten Fluggesellschaft stellt keine höhere Gewalt im Sinne des § 651j BGB dar, wenn es kein betriebsfremdes, von außen kommendes Ereignis ist.
Siehe dazu:
Außergewöhnliche Umstände-Instanzrechtsprechung
Technische Defekte
Laut vielen Entscheidungen des BGH und EuGH kann die Berufung auf eine fehlerhafte Wartung schon generell nicht als außergewöhnlicher Umstand in Betracht kommen (EuGH, Urt. v. 22.12.08, Az.: C-549/07; EuGH, Urt. v. 17.09.15; Az.: C-257/14). Grundsätzlich gilt, dass die meisten technischen Defekte, welche weder auf einen Wartungsmangel, noch auf einen Fabrikationsfehler, Sabotageakte oder terroristische Handlungen zurückgeführt werden kann, nach überwiegender Ansicht keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen kann. Ausführlich zu technischen Defekten als außergewöhnlicher Umstand: Technischer Defekt
Politische Instabilität
Kommt es im Zielland zu politischen Unruhen, dann ist es nach der Ansicht des AG Rüsselheim (Urt. v. 09.10, Az.: 3 C 2404/14-38) zulässig, dass die Hin- und Rückflüge dorthin annulliert werden. Dabei sei es unerheblich, ob die annullierten Flüge theoretisch durchführbar gewesen wären, ist dabei nicht von Bedeutung. Auch dazu: Höhere Gewalt
Enteisung des Flugzeuges
Ob ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden kann, wenn die mangelnde Bevorratung von Enteisungsmitteln durch den Bodenverkehrsdienstleister vorliegt, wird unterschiedlich bewertet. Das AG Wusterhausen (Urt. v. 03.05.11, Az.: 20 C 83/11) bejaht in diesem Fall einen außergewöhnlichen Umstand. In der Entscheidung vom 08.06.11, Az.: 9 C 113/11 wird hingegen durch das AG Wusterhausen in einem solchen Fall ein außergewöhnlicher Umstand verneint. Siehe auch: Enteisung
Verspätung des Pushback-Fahrzeuges
In der verspäteten Ankunft des Pushback-Fahrzeuges ist in der Regel kein außergewöhnlicher Umstand zu sehen. Siehe dazu auch: Außergewöhnliche Umstände
Fehlerhafte Sicherung eines Luftfahrzeugs
Laut dem AG Frankfurt a.M. (Urt. v. 05.11.09, Az.: 32 C 1379/09-41) liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor, wenn ein Flugzeug in der Parkposition nicht durch Bauklötze gesichert war und aus diesem Grund beim Rückwärtsrollen beschädigt wurde.
Beschädigungen des Flugzeugs durch Dritte
Wird ein [[Flugzeug] durch Bedienstete des Flughafens beschädigt bei Be- und Endladevorgängen, dann fällt dies in Sphäre des Luftfahrtunternehmens und ist als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens anzusehen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 15.11.11, Az.: 16 U 39/11; LG Darmstadt, Urt. v. 26.03.10, Az.: 7 S 201/09; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 05.11.09; Az.: 32 C 1379/09-41; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.02.10, Az.: 29 C 2088/09). Ausführlicher dazu: Außergewöhnliche Umstände
Verspätete Abfertigung
Verspätungen bei der Abfertigung durch das Bodenpersonal sind Teil des Risikobereichs des Luftfahrtunternehmens [[AG Hannover, Urt. v. 06.12.12, Az.: 522 C 7701/12). Siehe auch: Außergewöhnliche Umstände
Flugangst
Kommt es zu einer Abflugverzögerung, weil ein Fluggast Flugangst verspürt und sich aus diesem Grund dazu entscheidet wieder aus dem Flugzeug auszusteigen, dann kann darin ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen sein, da das Angstgefühl des Fluggastes, diesen dazu bewegt, das Flugzeug zu verlassen und dies nicht von der Fluggesellschaft beherrschbar ist (AG Erding, Urt. v. 16.01.17, Az.: 3 C 2378/16; LG Landshut, Urt. v. 11.04.17 und 25.04.17, Az.: 12 S 209/17).
Umbuchung eines Fluggastes
Die Umbuchung eines Fluggastes durch den Reiseveranstalter stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung dar.
Erkrankung oder Tod
Eine Erkrankung oder der Tod von Crew-Mitgliedern ist nicht als außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung anzusehen. Begründet wird dies damit, dass dies der Risikosphäre des Luftfahrtunternehmens unterliegt. Bei der Erkrankung oder dem Tod eines Fluggastes ist zu differenzieren, ob das Ereignis sich während des in Rede stehenden Fluges ereignet hat oder bereits während des vorhergehenden Fluges. Ereignet sich die Erkrankung oder der Tod auf dem vorhergehenden Flug, dann ist dies nicht mehr Teil des Risikobereichs des Luftfahrtunternehmens. Näher dazu: Außergewöhnliche Umstände
Wetterbedingungen
Kommt es zu schlechten Wetterbedingungen wie starkes Gewitter, Schneefall, Frost oder Glätte oder Nebel, dann ist darin ein äußerer Umstand zu sehen, der nicht von einem Luftfahrtunternehmen beherrscht werden kann. Entscheidend bei Wetterbedingungen ist vor allem die zeitliche Distanz zu den schlechten Wetterbedingungen. Sind die schlechten Wetterbedingungen bereits mehr als 24 Stunden vor dem eigentlichen Flug aufgetreten und haben seitdem andere Flüge stattgefunden, dann kann ein solches Ereignis eher nicht mehr außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden. Siehe dazu: Schlechte Wetterbedingungen
Naturkatastrophen
Flugausfälle und Verspätungen, die aufgrund von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Überschwemmungen stattfinden, stellen grundsätzlich außergewöhnliche Umstände dar. Begründet wird dies damit, dass solche Ereignisse den Luftfahrtunternehmen nicht zugerechnet werden können. Näher dazu: Außergewöhnliche Umstände
Vogelschlag
Bei einer Annullierung oder Verspätung aufgrund eines Vogelschlags wird in den meisten Fällen von der Rechtsprechung ein außergewöhnlicher Umstand abgelehnt. Dazu ausführlich: Vogelschlag
Nachtflugverbot
Bezüglich der Frage, ob bei einer Verspätung oder Annullierung aufgrund eines Nachtflugverbotes ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden kann, werden verschiedene Auffassungen vertreten. Ausführlich dazu: Nachtflugverbot
Streik
Auch die Frage, ob ein Streik des fliegenden Personals, der Fluglotsen oder des Bodenpersonals als außergewöhnlicher Umstand behandelt werden kann, wird unterschiedlich durch die Gerichte bewertet. Dazu ausführlich hier: Streik
Weitere Situationen die als außergewöhnliche Umstände gelten könnten, sind hier nochmals aufgeführt: Außergewöhnliche Umstände
Kausalität
Die außergewöhnlichen Umstände müssen für die Annullierung kausal sein. Nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung muss die Annullierung und nach der Sturgeon-Entscheidung des EuGH auch die große Verspätung eines Fluges auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen sein, also kausal sein. Kommt es demnach dazu, dass das Luftfahrtunternehmen seinen Flugplan aufgrund von einem außergewöhnlichen Umstand (Streik, Massenerkrankung) umplant, dann kann die Annullierung, große Verspätung oder Nichtbeförderung des nachfolgenden, umgeplanten Fluges nicht mehr kausal auf den Streik, sondern vielmehr auf die unternehmerische Entscheidung zurückzuführen ist, auch wenn diese mittelbar durch einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung hervorgerufen wurde (AG Düsseldorf, Urt. v. 02.03.17, Az.: 51 C 482/16; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 29.10.15, Az.: 2-24 S 68/15; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 11.05.17, Az.: 2-24 S 136/16).
Unterstützungsleistungen: Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
Ist der Fluggast bereits am Flughafen eingetroffen und wird erst vor Ort über die Flugannullierung unterrichtet, so steht dem betroffenen Fluggast zunächst ein Anspruch auf Unterstützungsleistungen nach Art. 8 der Fluggastrechteverordnung zu. Ein solcher Anspruch auf Unterstützungsleistungen entsteht unabhängig davon wie kurzfristig der Fluggast vor der geplanten Abflugzeit über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wird. Das Luftfahrtunternehmen trifft dabei die Pflicht die betroffenen Fluggäste unaufgefordert und im Rahmen der Mitteilung der Annullierung über mögliche und anderweitige Beförderungen zu informieren. Bezüglich dessen kann der betroffene Fluggast zwischen der Erstattung der Flugscheinkosten (Anspruch auf Erstattung) oder einer anderweitigen Beförderung zu seinem Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen wählen. Wird eine solche dem Fluggast angebotene und bestätigte anderweitige Beförderung dann auch annulliert, dann steht dem betroffenen Fluggast noch ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu (AG Frankfurt, Urt. v. 16.05.13, Az.: 31 C 3349/12). Ein Luftfahrtunternehmen hat keine Möglichkeit sich von der Pflicht zu Unterstützungsleistungen zu entlasten, auch nicht durch die analoge Anwendung von Art. 5 Abs. 3 (AG Rüsselheim, Urt. v. 21.12.11, Az.: 3 C 229/11; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.06.11, Az.: 29 C 2320/10-21; AG Rüsselheim, Urt. v. 11.01.11, Az.: 3 C 1698/10).
Bietet das Luftfahrtunternehmen dem Fluggast keine für ihn akzeptable Ersatzbeförderung an, kann der Fluggast auf eigene Faust einen Flug buchen und die Mehrkosten, die dadurch entstehen, als Schadensersatz verlangen. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt bei mangelnder Erbringung auch nicht der Anrechnung nach Art. 12 VO; HG Wien, Urteil vom 19.12.2017, Az.: 1 R 45/17i.
Anspruch auf Betreuungsleistungen
Daneben können Betroffenen auch bestimmte Betreuungsleistungen zustehen. Diese sind nach Art. 9 Abs. I lit. a) Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenen Verhältnis zu der Wartezeit oder, falls zu erwarten ist, dass die Abflugzeit des Alternativfluges erst am nächsten Tag stattfindet, gem. Art. 9 I lit. b) und c) auch eine Unterbringung in einem Hotel und die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung. Nach Art. 9 Abs. 2 steht dem Fluggast weiterhin ein Anspruch auf Kommunikationshilfen zu. Diese Leistungen müssen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen immer erbracht werden, da sich das Luftfahrtunternehmen bezüglich dieser nicht entlasten kann, auch nicht in analoger Anwendung des Art. 5 Abs. 3. Dies bedeutet, dass diese Ansprüche unabhängig davon bestehen, ob die Annullierung rechtzeitig bekannt gegeben wurde oder ob ein Luftfahrtunternehmen sich möglicherweise auf außergewöhnliche Umstände gem. Art. 5 III EG-VO 261/2004 berufen kann, vgl. EuGH, Urt .v. 31.01.2013, Az.: C-12/11. Weiterhin ist unbedeutend welcher Grund zur Annullierung des Fluges geführt hat (Urt. v. EuGH, Az.: C-12/11). In den Entwürfen der Fluggastrechteverordnung war es zunächst so gedacht, dass sich ein Luftfahrtunternehmen bei dem Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes, der sich nicht vermeiden ließ und wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, dennoch hätte auch von Betreuungs- und Unterstützungsleistungen befreien können. Doch das europäische Parlament wollte nicht, dass sich das ausführende Luftfahrtunternehmen bei dem Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen auch noch von der Pflicht der Betreuungsleistungen befreien konnte.
Information über anderweitige Beförderung
Bei einer Annullierung hat der Fluggast einen Anspruch auf Ersatzflug. Aus Artikel 5 Abs. 2 geht die Verpflichtung der Luftfahrtunternehmen hervor, den Fluggast beim Vorliegen einer Annullierung, über mögliche andere Beförderungen in Kenntnis zu setzen hat. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich grundsätzlich um eine Nebenpflicht die sich aus dem zwischen den beiden Parteien bestehenden Vertragsverhältnis ergibt und somit eigentlich selbstverständlich sein sollte. Dahingehend ist davon auszugehen, dass dem Reiseveranstalter bei einer Pauschalreise dieselben Informationspflichten auferlegt werden.
Weitergehender Schadensersatz
In Art. 12 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung ist weiterhin geregelt, dass diese auch dann gilt, wenn der Fluggast zusätzlich einen Schadensersatzanspruch geltend macht. Unter dem Begriff des weitergehenden Schadensersatzes ist zu verstehen, dass der Fluggast unter den Voraussetzungen des MÜ oder des nationalen Rechts Ersatz verlangen kann, wegen der Nichterfüllung des Luftbeförderungsvertrages entstandenen Schadens (Urt. v. EuGH, Az.: C-83/10). Damit kann auch ein immaterieller Schaden geltend gemacht werden. Durch Art. 12 der Fluggastrechteverordnung wird ein Schadensersatzanspruch vorausgesetzt, welcher nicht begründet wird (BGH, Urt. v. 25.03.10, Xa ZR 96/09). Wenn die ursprünglich gebuchte Fluggesellschaft den Flug zum Schiff nicht durchführen kann, und deshalb ein Flug mit einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt wird, stellt dies nicht nur eine Flugannullierung, sondern in Hinblick auf eine Kreuzfahrt auch einen Reisemangel nach § 651 f Abs. 2 BGB dar. Dieser Mangel kann zu einer Minderung von 5 % des Tagesreisepreises berechtigen, vgl. AG Rostock, Az: 47 C 240/10.
Werden neben Ansprüchen aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auch Schadensersatzansprüche aus den §§280 ff. BGB geltend gemacht, so werden eventuell vorliegende außergewöhnliche Umstände nicht berücksichtigt, da diese keine Relevanz für Schadensersatzansprüche aus den §§280 ff. BGB aufweisen; vgl. AG Bremen, Urteil vom 4.8.2011, Az.: 9 C 135/11.
Die Verordnung Nr. 261/2004 ist auszulegen ist, dass der Preis des Flugscheins, der zur Ermittlung des einem Fluggast vom Luftfahrtunternehmen im Fall der Annullierung eines Fluges geschuldeten Erstattungsbetrags heranzuziehen ist, die Differenz zwischen dem vom Fluggast gezahlten und dem vom Luftfahrtunternehmen erhaltenen Betrag in Höhe der Provision eines als Vermittler zwischen ihnen tätig gewordenen Unternehmens einschließt, es sei denn, die Provision wurde ohne Wissen des Luftfahrtunternehmens festgelegt; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Die Annullierung eines Flugs in der Economy-Class rechtfertigt nicht die Buchung eines Ersatzfluges in der Business-Class. Dem Fluggast steht kein Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten zu. Hat ein Fluggast einen Platz in der Economy-Class gebucht, so rechtfertigt die Annullierung dieses Fluges nicht die Buchung eines Ersatzfluges in der Business-Class. Ein Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten gegen die Fluggesellschaft besteht in diesem Fall nicht.
Dem Reisenden stehe kein Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten für die Business-Class zu. Der Fluggesellschaft sei keine Verletzung ihrer Pflicht zur Ersatzbeförderung gemäß Art. 8 Abs. 1 b) der Fluggastrechteverordnung anzulasten. Ein Business-Class-Flug stelle keine mit einem Economy-Class-Flug vergleichbare Reisebedingung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Bucht ein Reisender einen Flug mit Anschlussflug, und kommt dieser aufgrund einer Verspätung oder eines Ausfalls erst nach Mitternacht an, muss die Airline das Taxi des Gastes zahlen. Dies gilt dann, wenn die Weiterfahrt zum Wohnort mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zeitnah möglich ist.
Wet-Lease
Bei einem Wet-Lease werden FLugzeuge von einer Airline an eine andere vermietet. Die mietende Airline benutzt dann dieses Flugzeug mit ihrer eigenen Besatzung für ihre Flüge. Anspruchsgegner ist das ausführende Luftfahrtunternehmen. Das ist jenes, welches im Rahmen seiner Tätigkeit, also der Beförderung von Fluggästen, nicht nur die Entscheidung trifft, einen Flug durchzuführen, sondern auch wie dieser ausgestaltet ist, also unter anderem die Flugroute festlegt, und damit ein an Interessierte gerichtetes Angebot schafft. Dann trifft das Unternehmen nämlich die Verantwortung für die Durchführung des Fluges und eventueller Annullierungen oder Verspätungen. Daher ist im Wet-Lease-Verfahren in der Regel das Unternehmen der Anspruchsgegner, welches den Flug tatsächlich durchführt, also das anmietende Unternehmen. So wird ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sichergestellt, da damit gewährleistet werden kann, dass den beförderten Fluggäste eine Entschädigung oder Betreuung zuteil wird, ohne dass Vereinbarungen berücksichtigt werden müssten, die das Luftfahrtunternehmen, das entschieden hat, den betreffenden Flug durchzuführen, mit einem anderen Unternehmen getroffen hat, um diesen konkret sicherzustellen.
Fristen für Ansprüche
Für Flugverspätung gilt die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß dem Bürgerliches Gesetzbuch von drei Jahren zum Jahresende. Dies gilt für alle Fälle, bei denen der Ankunfts- oder Abflugsort in Deutschland liegt. Näheres dazu unter Reiserecht Fristen.
Keine zumutbare Möglichkeit der Vermeidung der Annullierung
Abstrakte Anforderungen
Es kann nicht ausschlaggebend sein, ob die außergewöhnlichen Umstände hätten vermieden werden können, denn das kann wohl nur sehr selten der Fall sein. Aus diesem Grund ist die Norm als sprachlich misslungen anzusehen. So müssen von dem Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden um eine Annullierung zu verhindern. Jedoch können Naturgewalten meisten auch dann nicht vermieden werden, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden. Durch das ausführende Luftfahrtunternehmen müssen nicht alle tatsächlich zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Sondern nur solche die zumutbar sind und das entscheidet sich auch nach der technischen und wirtschaftlichen Tragbarkeit im Einzelfall. Dadurch kommt ein individuell-konkreter und subjektiver Maßstab zur Anwendung. Einem Luftfahrtunternehmen ist es unmöglich jeder denkbaren Störung entgegen zu wirken. Denn dies würde auch zu einem äußerst hohen wirtschaftlichen Aufwand für die Luftfahrtunternehmen führen, welche diese höchstwahrscheinlich wieder auf die Fluggäste über die Beförderungspreise umlegen würden. Maßnahmen, die nur einzelne Fluggäste betreffen, wie z.B. Umbuchungen fallen nicht unter den Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung, da es dadurch nicht zu einer Vermeidung der Annullierung kommen kann.
Mögliche Maßnahmen im Einzelnen
Der Einsatz von Ersatzflugzeugen könnte als eine mögliche Maßnahme in Frage kommen. Dafür müssen die Ersatzflugzeuge jedoch vor Ort sein und auch verfügbar sein. Das ist bei dem Heimatflughafen der jeweiligen Fluggesellschaft sicherlich häufig der Fall. Eine Pflicht Ersatzflugzeuge an strak frequentierten Flughäfen für solche Fälle bereit zu halten, existiert nicht. Laut dem BGH ist es nicht zumutbar ein Luftfahrtunternehmen zu verpflichten bei einem drei Mal wöchentlich angeflogenen Flughafen eine Ersatzmaschine bereitzuhalten. Zumutbar wäre ebenfalls die Umbuchung aller Reisenden auf eine andere Fluggesellschaft oder auch das Chartern einer Ersatzmaschine. Laut dem EuGH ist es jedoch nicht ausreichend die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesterfordernisse an Wartungsarbeiten einzuhalten und damit einen technischen Defekt als vermeidbar zu erklären. Zumutbar ist bei schlechten Wetterbedingungen sich im Vorfeld über meteorologische Besonderheiten zu informieren und dann eventuell eine Umleitung des Fluges in Betracht zu ziehen. Je länger das Luftfahrtunternehmen von den schlechten Wetterbedingungen Kenntnis hatte, umso mehr scheint es zumutbar das eine Vermeidung der Annullierung möglich wäre. Sollte das schlechte Wetter jedoch kurzfristig eintreten, dann ist es durchaus zulässig, dass die Fluggesellschaft zunächst eine Besserung abwartet. Schließlich ist dies auch nicht ganz unrealistisch. Dennoch kommt es hier zu Spannungen. Einerseits sollte das Luftfahrtunternehmen eine mögliche Besserung der Wetterverhältnisse abwarten aber andererseits sollten die Fluggäste stets so früh wie möglich über eine Annullierung in Kenntnis gesetzt werden. Von Fluggesellschaften kann nicht erwartet werden über technische Ausrüstungen zu verfügen, die flugsicherheitstechnisch nicht notwendig sind. Das wäre vor allem für Lowcost Gesellschaften kaum zu bewältigen. Bei einem Streik kann durchaus erwartet werden, dass Handlungen zur Vermeidung der Annullierung vorgenommen werden. Besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es zu der Überschreitung der maximalen Dienstzeit der Crew kommt, dann erscheint es als zumutbar eine Ersatzcrew bereitzuhalten. Kommt es zu einem Nachtflugverbot, so sollte zumindest der Versuch unternommen werden, eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken. Erleidet der Folgeflug eine erhebliche Verspätung aufgrund eines Vorkommnisses auf dem Vorflug, dann muss das Luftfahrtunternehmen detailliert darlegen, welche Maßnahmen unternommen wurden, damit die Verspätung des Vorfluges sich nicht auf die nachfolgenden Flüge ausgewirkt hat. Oder jedoch gerade warum es dem Luftfahrtunternehmen eben nicht möglich gewesen ist die nötigen Maßnahmen einzuleiten (AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 08.06.16, Az.: 4 C 617/16). Weiterhin muss durch das Luftfahrtunternehmen klar dargelegt werden, welche Zeitreserven zwischen dem Vorflug bzw. den Vorflügen und dem streitgegenständlichen Flug vorlagen und inwiefern Verspätungen aufgrund von außergewöhnlichen Umständen in dem Flugumlauf eingeplant und berücksichtigt wurden (AG Erding, Urt. v. 26.01.12; Az.: 5 C 1252/12; AG Erding, Urt. v. 23.07.12, Az.: 3 C 719/12; AG Hannover, Urt. v. 30.09.1, Az.: 532 C 7883/12; AG Köln, Urt. v. 12.05.14, Az.: 142 C 600/13). Erhält das Luftfahrtunternehmen bereits zwei tage vor dem planmäßigen Abflug des Fluges Kenntnis darüber, dass auf dem gegenständlichen Flug mit Unregelmäßigkeiten im Flugbetrieb zu rechnen ist, dann muss es sich laut dem BG Schwechat, Urt. v. 07.10.15, Az.: 1 C 399/15 k näher darüber informieren und Organisationsmaßnahmen treffen, damit sichergestellt werden kann, dass die Fluggäste ihr Endziel rechtzeitig erreichen. Das kann z.B. durch Umbuchungen der Fluggäste auf andere verfügbare Flüge geschehen oder auch durch Umsteigeverbindungen. Wichtig ist es weiterhin nicht nur Flüge des eigenen Unternehmens in Betracht zu ziehen, sondern auch die Flüge von anderen Luftfahrtunternehmen zu erwägen. Weiß ein Luftfahrtunternehmen bereits zwei Tage vor dem geplanten Abflug über das Vorliegen eines technischen Problems Bescheid, bei dem Flugzeug was für den baldigen Flug vorgesehen ist, dann muss dargelegt werden, warum es nicht zumutbar war, ein eigenes anderes oder auch ein anderes eines anderen Luftfahrtunternehmens Ersatzflugzeug zu benutzen.
Nachweisproblematik
Darlegungs- und Beweislast bei dem ausführenden Luftfahrtunternehmen
Das ausführende Luftfahrtunternehmen trägt die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Entlastungstatbestände bei Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes, der Kausalität und der Unvermeidbarkeit trotz des Ergreifens von zumutbaren Maßnahmen. Von dem Luftfahrtunternehmen kann durchaus eine Auskunft bezüglich des „wann“, „wo“ und „was“ erwartet werden. Die Vermeidungsmöglichkeiten die von einer Fluggesellschaft vorgenommen wurden, müssen jedoch detailliert dargelegt werden. Das bedeutet, dass ein Luftfahrtunternehmen darlegen muss, dass es alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat bzw. versucht hat zu ergreifen (LG Korneuburg, Urt. v. 23.03.17, Az.: 22 R 150/16 p). Vor allem welche Ressourcen in personeller, materieller und finanzieller Hinsicht beansprucht wurden. Auch müssen die Gründe dargelegt werden, warum es nicht zumutbar war auf ein bestimmtes Mittel zu zugreifen. Bezüglich der Umsteigezeiten vertritt das AG Hannover in seinem Urteil vom 14.03.17 (Az.: 523 C 12833/16) die Ansicht, dass bei Einhaltung der Mindest-Umsteigezeit (Minimum Connecting Time, MCT) zwischen Zubringer- und Anschlussflug, dem Fluggast die Beweislast obliegt, ob ein Verschulden gegeben ist oder nicht. Kommt es jedoch zu einer Unterschreitung der Mindest-Umsteigezeit, dann trifft die Darlegungs- und Beweislast den Fluggast, welcher den Anschlussflug nicht in der Lage war zu erreichen.
Abstrakte Behauptung des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände als Taktik
Durch die Entlastungsmöglichkeit, die den ausführenden Luftfahrtunternehmen zusteht, entsteht für den Reisenden, der klagt ein gewisses Prozessrisiko. Wurde der Flug aufgrund von einem Streik oder schlechten Wetterbedingungen annulliert, gestaltet sich die Lage anders, da für den Fluggast ersichtlich ist, ob ein solcher Umstand gegeben war oder nicht. Anders verhält es sich bei technischen Defekten. Bei technischen Defekten ist es für den Fluggast schwierig sich einen Einblick zu verschaffen darüber, warum das Luftfahrtunternehmen keinen Ausgleich leisten möchte und kann somit bei dem Vorbringen der Gründe im Prozess völlig überrascht werden. Dem Fluggast fehlt es einfach bei technischen Defekten an einem Einblick in die Betriebssphäre des ausführenden Luftfahrtunternehmens, um sich ein eigenes Bild von der Situation zu verschaffen. Den ausführenden Luftfahrtunternehmen gelingt es jedoch nicht gerade häufig sich erfolgreich auf technische Defekte als außergewöhnliche Umstände zu berufen. Selbst, wenn der technische Defekt als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden sollte, so muss durch das Luftfahrtunternehmen dennoch dargelegt werden, dass sich die Annullierung nicht in irgendeiner Weise hätte vermeiden lassen können. Weiterhin lassen sich viele Reisende abschrecken ein Mahnverfahren einzuleiten oder eine Klage zu erheben, da sie oft nicht wissen, was sie unter dem technischen Defekt zu erwarten haben. Dadurch besteht für viele Luftfahrtunternehmen eine Art psychologische Verteidigung. Sollten die betroffenen Fluggäste jedoch dennoch mutig genug sein das Risiko einzugehen, dann stehen ihre Chancen ganz gut, da viele technische Defekte nicht als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden.
Informationsbeschaffungsrecht des Fluggasts?
Noch nicht geklärt ist, ob das ausführende Luftfahrtunternehmen der Pflicht nachkommen muss Nachfragen der Anspruchsteller zu konkretisieren, ob der Sachverhalt eine Entlastung nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung trägt, nach geltendem Recht besteht.
Vertraglicher Auskunftsanspruch
In vielen Konstellationen ist der Fluggast direkt vertraglich verbunden mit dem Luftfahrtunternehmen. In solchen Fallkonstellationen stellt sich die Frage, ob aus dem vertraglichen Schuldverhältnis ein Anspruch auf Auskunftserteilung ergeben kann. Fraglich wäre also ob eine objektive Vertragsverletzung wie die Annullierung zu Auskünften des Luftfahrtunternehmens gegenüber dem Fluggast führen kann, die einen außervertraglichen Anspruch betreffen. Im Ergebnis erscheint ein solches vertragliches Auskunftsrecht nicht zulässig. Begründet wird dies damit, dass niemanden die Pflicht trifft andere Vertragsparteien über alle möglichen Umstände zu informieren, welche für diesen von Interesse sind. Weiterhin dürfte dogmatisch schwierig sein, dass über eine vertragliche Nebenpflicht Auskunft für Umstände zum Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs, für dessen Existenz jedoch kein Vertrag notwendig ist, geschuldet sein sollte. Problematisch könnte unionsrechtlich auch gesehen werden, dass es zu einer Ungleichbehandlung der Fluggäste kommen würde, je nachdem, ob diese vertraglich mit einem Luftfahrtunternehme verbunden sind oder nicht. Damit kommt man zu dem Entschluss, dass kein vertraglich begründeter Auskunftsanspruch bezüglich der außergewöhnlichen Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung bestehen kann.
Verordnungsimmanenter Auskunftsanspruch
Auch der Binnensystematik der Fluggastrechteverordnung kann kein Auskunftsanspruch hergeleitet werden. Eine direkte Anwendung des Art. 14 der Fluggastrechteverordnung ist ausgeschlossen, da die Vorschrift nur die Information der Fluggäste über ihre Rechte in Fällen der Störungen betrifft. Durch Art. 14 der Fluggastrechteverordnung sollen keine konkreten Sachverhaltsumstände geklärt werden.
Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB)
Fraglich ist, ob ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB bestehen könnte. Das erste Problem könnte sich bereits dahingehend ergeben, dass in grenzüberschreitenden Konstellationen deutsches Recht überhaupt erst anwendbar sein müsste. Ein solcher Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB dürfte wohl abzulehnen sein mit größter Wahrscheinlichkeit. Zwar kann die Pflicht für das ausführende Luftfahrtunternehmen bestehen, den genauen außergewöhnlichen Umstand zu benennen, so wie z. B. Turbinenschaden durch Vogelschlag, aber es kann keine Pflicht bestehen, darüber hinausgehende detaillierte Auskünfte zu geben. Auch obliegt keine Pflicht einer rechtlichen Bewertung. Diese Problematik isst jedoch noch abschließend zu klären durch den BGH.
Reaktivierung des Fluges
Wird ein Flug nach vorheriger Absage durch das Luftfahrtunternehmen doch wieder planmäßig angesetzt, so spricht man von einer "Reaktivierung" des Fluges (z.B. Reaktivierung nach Absage eines Streiks). Die Reaktivierung führt dazu, dass der Flug zumindest haftungsrechtlich so behandelt wird, als habe es eine Annullierung nie gegeben (Vgl. AG Königs-Wusterhausen, Urt. v. 18.12.2017, Az.: 4 C 1217/17). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Reaktivierung lange im Voraus oder kurzfristig erfolgt. Denn wenn sich die Fluggesellschaft dafür entschieden hat, den Flug doch wieder planmäßig durchzuführen, ist es, wie im regulären Flugbetrieb üblich, allein ihrem unternehmerischen Risiko überlassen, zu prüfen, ob ein Flug auch kurzfristig planmäßig und ohne Verspätung durchgeführt werden kann. Insofern das Luftfahrtunternehmen den Flug also reaktiviert, haftet es dann auch regulär für Verspätungen nach der EG-VO 261/2004; AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 18.12.2017, Az.: 4 C 1217/17 (2).
Siehe auch
Gerichtsstand bei Ausgleichszahlungen
Rechtsprechung und Verordnungen
Urteile, Datum | Aktenzeichen | Zusammenfassung (reise-recht-wiki) |
---|---|---|
AG Köln, Urt. v. 09.04.2010 | 124 C 407/09 |
|
BGH, Urt. v. 12.11.2009 | Xa ZR 76/07 |
|
EuGH, Urteil vom 11.5.2017 | C-302/16 |
|
HG Wien, Urteil vom 19.12.2017 | 1 R 45/17i | Bietet das Luftfahrtunternehmen dem Fluggast keine für ihn akzeptable Ersatzbeförderung an, kann der Fluggast auf eigene Faust einen Ersatzflug buchen und die Mehrkosten als Schadensersatz von der Airline verlangen. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt bei mangelnder Erbringung von Seiten der Airline auch nicht der Anrechnung nach Art. 12 VO. |
LG Hannover, Urt. v. 09.02.2015 | 14 S 53/14 | Bietet die Fluggesellschaft eine anderweitige Beförderung an und erreicht der Fluggast sein Ziel mit einer Verspätung, so muss diese mindestens drei Stunden betragen um eine Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen zu begründen |
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 18.12.2017 | 4 C 1217/17 (2) | Wird ein zuvor wegen eines Streiks annullierter Flug wieder reaktiviert, soll er also dann doch stattfinden, so kann sich die Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen, wenn sich der Flug dann um mehr als 3 Stunden verspätet, da es sich hierbei um eine freiwillige Entscheidung der Airline gehandelt hat, den Flug wieder durchzuführen. |