Wet-Lease

Aus PASSAGIERRECHTE
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Wet-Lease

Als Wet-Lease bezeichnet man in der kommerziellen Luftfahrt die Miete von Flugzeugen samt vollständiger Kabinen- und Cockpitbesatzung, Wartung und Versicherung. Alternativ kann die Miete der vollständigen Besatzung entfallen und eine eigene wird gestellt. Kerosin und andere Kosten, die durch den Betrieb des Flugzeuges entstehen sind durch die Miete nicht gedeckt. Wet-Lease ist damit eine Form des Leasings.

Definition Wet Lease

  • Unter Wet Lease versteht man das „Vermieten oder Anmieten eines Flugzeugs mit Besatzung“ (wet lease agreement). Es handelt sich dabei um eine Vereinbarung zwischen Luftfahrtunternehmen, nach der ein Luftfahrzeug unter dem Luftverkehrsbetreiberzeugnis des Vermieters betrieben wird.

Für den Laien bedeutet das, dass Fluggesellschaften von anderen Fluggesellschaften Flugzeuge sowie Besatzung „mieten“ können, und diese dann den Flug / die Beförderung übernimmt.Die Airline, die dieses Angebot in Anspruch nimmt, ist im Normalfall zuständig für „ground handling including passenger handling, passenger welfare at all times, cargo handling, security in respect of passengers and baggage, arranging on board services etc.“ (Bodenabfertigung einschließlich Abfertigung der Fluggäste, Wohlergehen der Fluggäste zu jeder Zeit, Frachtabfertigung, Sicherheit in Bezug auf Fluggäste und Gepäck, Organisation von Dienstleistungen an Bord).

Anspruchsgegner

Wird ein Flugzeug per Wet Lease vermietet, kann bei Regressansprüchen fraglich sein, wer der Anspruchsgegner ist. Dies gilt insbesondere bei Ansprüchen des Passagiers auf Ausgleichszahlungen nach der sog. Fluggastrechteverordnung. Nach Art. 2 Buchs. b [1] der Verordnung Nr. 261/2004 ist der Anspruchsgegner das ausführende Luftfahrtunternehmen. Was genau unter diesem Begriff zu verstehen ist, war unter anderem Streitfrage eines Verfahrens welches dem europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorlag. Der europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass man unter dem Begriff „ ausführendes Luftfahrtunternehmen dasjenige Unternehmen versteht, welches der Vertragspartner mit dem Passagier geschlossen hat.

Im Ausgangsrechtsstreit ging es darum, dass 4 Personen bei der TUIfly GmbH einen Flug von Hamburg nach Cancún (Mexico) gebucht haben. Die TUIfly GmbH hat bei Thomson Airways ein Flugzeug samt Besatzung gechartet (Wet-Lease). Bei dem Flug gab es eine Verspätung von mehr als 3 Stunden. Daraufhin wollten die 4 Reisenden Schadensersatzansprüche gegen Thomson Airways geltend machen. Thomson Airways verweigerte die Zahlung und es wurde von den Passagieren Klage am Amtsgericht Hamburg erhoben. Das in zweiter Instanz zuständige Landgericht Hamburg hat den europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, wie die VO-EG Nr. 261/2004 auszulegen sei hinsichtlich der Frage, wer „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne der o.g. Vorschrift ist.

Der EuGH hat Entschieden (Urt. v. 04.07.2018, Rs. C-532/17), dass der Begriff „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ ein Luftfahrtunternehmen, das einem anderen Unternehmen lediglich im Rahmen eines Wet-Lease-Vertrages das Flugzeug samt Besatzung vermietet, selbst aber für die Flüge nicht die operationelle Verantwortung trägt, nicht erfasst. Richtiger Anspruchsgegner ist also das Unternehmen, das die operationelle Verantwortung für die Durchführung des Fluges trägt. Dies ist auch der Fall, wenn es in der den Fluggästen ausgestellten Buchungsbestätigung heißt, dass der Flug von dem die Crew und Maschine vermietenden Unternehmen ausgeführt wird. Dies war vorliegend die TUIfly GmbH und nicht Thomson Airways, die den Flug mit eigener Maschine und Besatzung durchgeführt hatte. Der Begriff „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ erfasst aber nicht das Unternehmen, das sein Flugzeug nur vermietet, auch wenn es in der den Fluggästen ausgestellten Buchungsbestätigung über einen Platz auf einem Flug heißt, dass dieser Flug von dem erstgenannten Unternehmen ausgeführt wird.

Voraussetzungen für Ansprüche im Wet-Lease-Verfahren

Daraus ergibt sich, dass zwei Voraussetzungen erfüllt werden müssen, zum einen das tatsächliche Durchführen des Fluges, und zum anderen das Bestehen eines Vertrages mit dem Fluggast. Als Flug ist in diesem Zusammenhang ein Luftbeförderungsvorgang zu verstehen, der eine relative Einheit einer Beförderung darstellt, die von einem Luftfahrunternehmen durchgeführt wird, das die entsprechende Route festlegt.

Anspruchsgegner ist das ausführende Luftfahrtunternehmen. Das ist jenes, welches im Rahmen seiner Tätigkeit, also der Beförderung von Fluggästen, nicht nur die Entscheidung trifft, einen Flug durchzuführen, sondern auch wie dieser ausgestaltet ist, also unter anderem die Flugroute festlegt, und damit ein an Interessierte gerichtetes Angebot schafft. Dann trifft das Unternehmen nämlich die Verantwortung für die Durchführung des Fluges und eventueller Annullierungen oder Verspätungen. Daher ist im Wet-Lease-Verfahren in der Regel das Unternehmen der Anspruchsgegner, welches den Flug tatsächlich durchführt, also das anmietende Unternehmen. So wird ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sichergestellt, da damit gewährleistet werden kann, dass den beförderten Fluggäste eine Entschädigung oder Betreuung zuteil wird, ohne dass Vereinbarungen berücksichtigt werden müssten, die das Luftfahrtunternehmen, das entschieden hat, den betreffenden Flug durchzuführen, mit einem anderen Unternehmen getroffen hat, um diesen konkret sicherzustellen.


Gründe für Flugzeugmiete

Aufgrund der Tatsache, dass ein Flugzeug, welches am Boden steht, lediglich Geld kostet und keinen Gewinn erwirtschaftet, vermieten Airlines ihre Flugzeuge. Dies ist eine lukrative Möglichkeit, um die fehlende Auslastung der Flugzeuge zu nutzen und damit sogar Gewinn zu machen bzw. geringere Verluste einzufahren.

Auf der anderen Seite stehen Airlines, welche z.B. wegen eines erhöhten Fluggastaufkommens oder wegen des Ausfalls einer anderen Maschine (oft kurzfristig) darauf angewiesen sind, auf Flugzeuge anderer Airlines zurückzugreifen.


Dry-Lease

Eine andere Variante der Flugzeugmiete ist das sogenannte Dry-Lease. Hier wird nur das Flugzeug an sich, ohne Besatzung, Versicherung und Wartung gemietet.

Urteil

Europäischer Gerichtshof, 4.Juli 2018 Urteil vom 4.07.2018 Rechtssache C‑532/17
  • 4 Personen haben bei einer Fluggesellschaft einen Flug gebucht, welches den Flug per Wet-Lease mit einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt hat.
  • Es gab eine Verspätung von mehr als 3 Stunden.
  • Die 4 Kläger begehrten Schadensersatz von der Fluggesellschaft welche den Flug durchgeführt hat.
  • Der Europäische Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass der Anspruchsgegner die Fluggesellschaft ist, mit welcher der Vertrag ursprünglich abgeschlossen hat.

Literatur

Wienbracke, Mike, Zum Begriff des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“ bei einer „Wet-Lease-Vereinbarung“ nach dem EuGH-Urteil vom EUGH 4.7.2018, NZV 2018, 462