Annullierung
Begrifflichkeit
Der Begriff der Annullierung (engl. cancellation) eines Fluges wurde im Rahmen der EG-Verordnung 261/2004 vom Gesetzgeber in Art. 2 lit. l) VO als Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war, definiert. Ein geplanter Flug liegt vor, wenn die Fluggesellschaft diesen in ihren Flugplan aufgenommen hat, diesen nach Abflug- und Zielort, Abflugs- und Ankunftszeit festgelegt, mit einer Flugnummer versehen und zur Buchung freigegeben hat, vgl. BGH, Urt. v. 17.07.07, Az.: X ZR 95/06. Eine Nichtdurchführung eines Fluges ist immer dann gegeben, wenn der von dem Fluggast gewünschte und diesem anlässlich der Buchung auch bestätigte Flug nicht durchgeführt wird oder sich hinsichtlich der Flugplanung anders als geplant herausstellt. Insoweit kann ein Fluggast von einer Flugannullierung ausgehen, wenn der anfangs geplante Flug auf einen anderen Flug verlegt wird und dieser ursprüngliche Flug aufgegeben wird, vgl. EuGH, Urt. v. 19.11.2009, Az.: C-402/07 und C-432/07. Allerdings kann man nicht allein aufgrund der Angabe „annulliert“ oder „verspätet“, die auf einer Anzeigetafel an einem Flughafen erscheint, oder aufgrund von Angaben des Abfertigungspersonals eines Luftfahrtunternehmens auf die Tatsache schließen, dass eine Annullierung oder Verspätung tatsächlich vorliegt, vgl. EuGH, Urt. v. 19.11.2009, Az.: C-402/07 und C-432/07. Ausschlaggebend kann in diesem Fall die Flugnummer des tatsächlich ausgeführten Fluges sein. Hat dieser eine andere Flugnummer als der ursprünglich geplante und gebuchte Flug, so kann von einer Annullierung des ursprünglichen Fluges ausgegangen werden; vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 31.8.2006, Az.: 30 C 1370/06.
Entstehungsgeschichte
Der erste Entwurf der europäischen Fluggastrechteverordnung verfügte nicht über eine Legaldefinition des Begriffs der Annullierung. Zunächst sollte der Tatbestand auch nur Annullierungen aus wirtschaftlichen Gründen umfassen. Annullierungen die nicht vom Luftfahrtunternehmen zu vertreten waren, sollten davon ausgenommen sein. Annullierung wurde so definiert, dass davon diejenigen Flüge umfasst waren, die im elektronischen Buchungssystem in den letzten sieben Tagen vor dem geplanten Abflug aufgeführt waren. Weiterhin sollte bei den Entlastungsmöglichkeiten eines Luftfahrtunternehmens nicht auf den neuen Begriff der außergewöhnlichen Umstände abgestellt werden, sondern
Auslegung
Allerdings gibt die Definition des Begriffs der Annullierung mitunter noch reichlich Anlass für Interpretationsspielraum, so dass der EuGH sich der Aufgabe angenommen hat, diesen Begriff noch genauer auszulegen, um Klarheit über dessen Reichweite zu schaffen. Somit ist zunächst einmal fraglich, wann genau eine Nichtdurchführung anzunehmen ist. Eine Nichtdurchführung ist immer dann anzunehmen, wenn die Planung des ursprünglichen Fluges endgültig aufgegeben wurde, d.h. der Flug letztendlich nicht durchgeführt wurde. Bei einer Nichtdurchführung des Fluges kann zwischen einer eindeutigen und nicht mehr so eindeutigen Nichtdurchführung unterschieden werden. Bei der ersteren wird der Fluggast bereits im Vorfeld über eine Annullierung in Kenntnis gesetzt und gebeten nicht zu der vereinbarten Abflugzeit am Flughafen zu erscheinen oder die Annullierung wird dem Fluggast am Schalter des Flughafens bekanntgegeben, vgl. AG Bremen, Urteil vom 24.07.15, Az.: 25 C 41/15. Bei einer nicht eindeutigen Nichtdurchführung werden bereits Handlungen vollzogen, die als Beginn des Fluges aufgefasst werden können. Es ist in einem solchen Fall fraglich, ob dann das Boarding ausschlaggebend ist, das Schließen der Türen des Flugzeugs oder jedoch das Abheben von der Startbahn. Bei der Beurteilung ob tatsächlich eine Nichtdurchführung vorliegt, kann auf Kriterien wie den Wechsel der Flugnummern, das Ausstellen neuer Bordkarten, die Wiederausgabe des Gepäcks oder das Erreichen des Zielflughafens über eine geänderte Flugroute abgestellt werden, vgl. BGHS Wien, Urt. v. 04.08.06, Az.: 8 C 2016/05; AG Wedding, Urt. v. 24.05.07, Az.: 22 a C 38/07.
Oft ist auch nicht ganz eindeutig, ob ein bestimmter Flug annulliert wurde oder ob einfach nur eine Verspätung vorlag. Der BGH wendet sich daher mit seinem Urteil vom 17.7.2007 (Az.: X ZR 95/06) an den EuGH mit der Bitte, diese Problematik zu klären. Zu klären war zum einen die Frage, ob für die Feststellung einer Annullierung darauf abzustellen ist, ob die ursprüngliche Flugplanung aufgegeben wird, sodass eine Verspätung unabhängig von ihrer Dauer keine Annullierung darstellt, wenn die Fluggesellschaft die Planung des ursprünglichen Fluges nicht aufgibt. Sollte diese Frage verneint werden, so stellt der BGH die Frage auf, unter welchen Umständen eine Verzögerung des geplanten Fluges nicht mehr als Verspätung, sondern als Annullierung zu betrachten ist und ob die Beantwortung dieser Frage von der Dauer der Verspätung abhängt.
Der EuGH äußerte sich in seinem Urteil vom 19.11.2009 zu diesen Fragen (Az.: C-402/07). Nach diesem Urteil ist ein Flug verspätet, wenn er entsprechend der ursprünglichen Planung durchgeführt wird und sich die tatsächliche Abflugzeit gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert. Er kann also unabhängig von der Dauer der Verzögerung nicht als annulliert angesehen werden, wenn der Abflug entsprechend der ursprünglichen Flugplanung stattfindet.
Ein Flug gilt dagegen als annulliert, wenn das Luftfahrtunternehmen die Fluggäste mit einem anderen Flug befördert, dessen ursprüngliche Planung von der des ursprünglich geplanten Fluges abweicht. Demnach kann grundsätzlich von einer Annullierung ausgegangen werden, wenn der ursprünglich geplante und verspätete Flug auf einen anderen Flug verlegt wird, d.h. wenn die Planung des ursprünglichen Fluges aufgegeben wird und die Fluggäste dieses Fluges zu den Fluggästen eines anderen, ebenfalls geplanten Fluges stoßen und zwar unabhängig von dem Flug, für den die so umgebuchten Fluggäste gebucht hatten.
Abgrenzung zur Verspätung
Zwischen den Begrifflichkeiten „Annullierung“ und „Verspätung“ muss genau differenziert werden, da es sich hierbei um zwei getrennte Termini handelt. Die Abgrenzung von Annullierung und Verspätung birgt in der Praxis Schwierigkeiten. Der betroffene Fluggast wird wohl eine Verspätung und eine Annullierung bei der er mit einem Ersatzflug an sein Endziel befördert wird, gleich empfinden. Sowohl bei der Verspätung als auch bei der Annullierung fliegt der Fluggast später als ursprünglich geplant war ab und erreicht auch sein Endziel mit einer Verspätung. Der EuGH hat festgestellt, dass bei einer Verspätung alles gleichbleiben müsste außer der Abflugzeit (EuGH, C 402/07 und C 432/07). Eine Annullierung hingegen ist dann anzunehmen, wenn Fluggäste mit einem anderen Flug an ihr Endziel befördert werden und dessen ursprüngliche Planung von der Planung des ursprünglich geplanten Fluges abweicht. Der EuGH geht davon aus, dass ein Flug, auch wenn er erheblich verspätet ist, nicht als annulliert angesehen werden kann, wenn er trotz alle dem wie ursprünglich geplant noch durchgeführt werden kann, vgl. EuGH, Urt. v. 19.11.2009, Az.: C-402/07 und C-432/07. Der BGH stellt ebenso auf die äußeren Umstände der Geschehnisse ab und nicht auf die subjektive Darstellung des jeweiligen Luftfahrtunternehmens oder der für dieses agierenden Personen, vgl. BGH, Urt. v. 14.10.2008, Az.: X ZR 15/08. Von einer Annullierung ist demzufolge auch dann nicht notwendigerweise auszugehen, wenn alle Passagiere das Fluggerät verlassen mussten und das Gepäck wieder ausgeladen wurde und die Fluggäste infolgedessen mit neuen Bordkarten und in einem anderen Flugzeug einer anderen Fluggesellschaft befördert wurden. Hier muss eine Differenzierung zu einer „Verzögerungszeit“ vorgenommen werden.
Anspruchszahlung
Das AG Köln entschied bei der Frage, wie eine erhebliche Verspätung zu berechnen ist, anhand der VO (EG) 261/2004. Art. 7 der VO (EG) gilt nicht nur für die Annullierung, sondern auch für eine erhebliche Verspätung, wenn sie mindestens 3 Stunden nach dem eigentlichen Ankunftszeitpunkt durchgeführt wird. Weiteres dazu zu lesen gibt es in dem Artikel Verspätung.
Unterfälle der Annullierung
Im Laufe der Jahre haben sich verschiedene Unterformen einer Annullierung herauskristallisiert und wurden insofern auch von der Judikatur bestätigt und konkretisiert.
Start-bzw. Flugabbruch
In diesem Zusammenhang ist vor allem der Fall zu nennen, in dem ein Flugzeug zwar bereits pünktlich gestartet ist, dann jedoch aus irgendeinem Grund zum Ausgangsflughafen zurückkehren muss und die Flugpassagiere infolgedessen auf einen anderen Flug umgebucht werden müssen. Dies ist laut Rechtsprechung des EuGH ebenfalls als Annullierung zu werten, vgl. EuGH, Urt. v. 13.10.2011, Az.: C-83/10. Dabei ist es auch unerheblich aus welchem Grund das Flugzeug zurückkehren musste. Denn die Flugroute stellt ein wesentliches Element eines Fluges dar und mit Strecke ist die Distanz gemeint, die von einem Flugzeug vom Ausgangsflughafen bis zum Bestimmungsflughafen in einer festen Abfolge zurückgelegt wird. Für die Durchführung des Fluges ist es nicht ausreichend, wenn das Flugzeug mit der geplanten Flugroute lediglich gestartet ist, sondern das Flugzeug muss in jedem Fall auch den nach dieser Flugroute vorgesehenen Bestimmungsort erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt man auch, wenn man die Wortgruppe „ Durchführung eines Fluges“ nach dem Wortsinn auslegt. Die Regelungen des Art. 5 Abs. 1 lit. c Ziff. i bis Ziff. iii beziehen sich auf Flüge, bei denen es bereits vor dem Start zu einer Streichung des Fluges kommt. In diesen Fällen kommt es erst gar nicht zu einem Abflug (LG Hamburg, Urt. v. 25.02.11, Az.: 332 S 104/10). Ein Flugabbruch kann also immer dann als Annullierung nach Art. 2 lit. l eingestuft werden, wenn die ursprüngliche Flugplanung endgültig durch das ausführende Luftfahrtunternehmen aufgegeben wird, aber auch dann, wenn der Flug nach einer unplanmäßigen Zwischenlandung verspätet fortgesetzt wird. Laut dem Art. 2 lit. 1 ist es nicht von Bedeutung, wann genau die Flugplanung endgültig aufgegeben wird. Wichtig ist ausschließlich, dass eines Annullierung nicht mit der Streichung eines Fluges vor dessen Start gleichgesetzt wird. Eine Annullierung kann auch dann angenommen werden, wenn die Beförderung nach dem Schließen der Flugzeugtüren einfach nicht fortgesetzt wird, der Startvorgang abgebrochen wird oder das Flugzeug nach dem Start den Flug abbrechen muss und zum Flughafen zurückkehrt (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 22.06.11, Az.: C 151/11). Aus welchem Grund es schließlich zu einem Flugabbruch kommt ist für die Einstufung des Flugabbruchs als Annullierung nicht von Bedeutung (EuGH, Az.: C 83/10). Der Grund für den Flugabbruch könnte jedoch bei den Entlastungsmöglichkeiten nach Art. 5 Abs. 3 relevant werden. Denn kein Pilot wird einen Flugabbruch ohne triftigen Grund einleiten. Eine faktische Annullierung liegt immer dann vor, wenn das Flugzeug nicht zum Endziel fliegt sondern zu einem Ausweichflughafen, vgl. AG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.06.11, Az.: 29 C 2320/10. Allerdings ist dann keine Annullierung anzunehmen, wenn das Flugzeug nicht an den Startflughafen zurückgekehrt ist, dafür jedoch auf der Strecke zwischen Abflughafen und Zielflughafen technisch bedingt zwischenlanden muss. Dies gilt für den Fall, dass die Passagiere später auch mit der gleichen reparierten Maschine zu ihrem Endziel transportiert werden. Selbiges gilt für einen Flug der kurz nach dem Abheben am Startflughafen einer Reparatur unterzogen wird und das Flugzeug mit einer Verzögerung wieder startet.
Annullierung bei planmäßiger Zwischenlandung
Problematisch ist weiterhin die Situation, in der bei einem Flug mit einer geplanten Zwischenlandung der Weiterflug nicht durchgeführt wird. In einer solchen Situation gibt das ausführende Luftfahrtunternehmen am Ort der planmäßigen Zwischenlandung einfach die Absicht auf, bis ans Endziel weiterzufliegen. Sowohl das LG Darmstadt als auch das AG Rüsselheim haben entschieden, dass es sich in einem solchen Fall weder um eine Annullierung, noch um eine Nichtbeförderung handelt und diese Konstellation nicht in der Verordnung geregelt ist, vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 08.05.09, Az.: 7 S 268/08; LG Darmstadt, Urt. v. 01.07.09, Az.: 7 S 21/09. Eine höchstrichtetliche Entscheidung dieser Frage ist nicht gegeben. Hausmann hingegen vertritt die Ansicht, dass dem Fluggast in einem solchen Fall durchaus Ansprüche aus der Verordnung zustehen würden, da der Flug erst mit dem Erreichen des geplanten Flugziels vollständig verwirklicht wurde. Der EuGH hat eine solche Situation in seinem Urteil C 83/10 durchaus als Annullierung i.S.v. Art. 2 lit. 1 eingeordnet. Denn das ausführende Luftfahrtunternehmen sorgt ausschließlich für die Beförderung auf der ersten Teilstrecke, welche im Einklang mit der geplanten Flugroute steht, doch es wird niemals der vorgesehene Bestimmungsort erreicht.
Der EuGH legt den Begriff des Fluges i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a. VO-EG Nr. 261/2004 so aus, dass er nicht nur einen Flug von "A nach B" erfasst, sondern auch einen durch den Passagier einheitlich gebuchten Beförderungsvorgang eines Luftfahrtunternehmens, der eine planmäßige Zwischenlandung bzw. einen Umstieg vorsieht (EuGH, Urt. v. 26. 02.2013, Rs. C-11/11, EuGH, Urt. v. 31.05.2018, Rs. C-537/17). Dabei ist unerheblich, ob die planmäßige Unterbrechung bzw. Zwischenlandung außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung geschieht und ob sie mit einem Wechsel des Flugzeuges einhergeht. Voraussetzung ist, dass sich der Beförderungsvorgang als einheitliche Beförderung mit einem Flug von "A nach B" und mindestens einem direkten Anschlussflug nach "C" darstellt. Dies ist der Fall, wenn dem Passagier diese zusammenhängende Gesamtheit der Flüge als einheitliche Buchung bei einer Fluggesellschaft angeboten wird (EuGH, Urt. v. 31.05.2018, Rs. C-537/17).
Diese Rechtsprechung des EuGH macht deutlich, dass, zumindest sofern es um den Geltungsbereich der Verordnung geht, der Flug i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a. VO-EG Nr. 261/2004 erst mit dem Erreichen des Endzieles abgeschlossen ist, unabhängig davon, ob Zwischenlandungen vorgesehen sind oder nicht. Eine Unterbrechung der Beförderung verhindert grundsätzlich die vollständige Durchführung des Fluges i.S.d. Verordnung, so dass der Passagier Ansprüche nach der Verordnung geltend machen kann. Diese Unterbrechung kommt einer Annullierung gleich, sofern das Luftfahrtunternehmen seiner Beförderungspflicht nicht vollständig oder erst mit erheblicher Verzögerung nachkommt (siehe: Grundsatz: Sturgeon-Entscheidung des EuGH).
Landung auf einem Ausweichflugplatz und außerplanmäßige Zwischenlandung
Ein Flugplan, welcher nach den Instrumentenflugregeln durchgeführt wird, muss sowohl über einen Bestimmungsausweichflugplatz verfügen, als auch geeignete Streckenausweichflugplätze benennen können und in die Treibstoffplanung einbeziehen. In dem Fall, dass ein Flugzeug auf Grund von schlechten Wetterbedingungen nicht auf dem geplanten Flugplatz landen kann und dann auf den bestimmungsausweichflugplatz landen muss, liegt grundsätzlich eine vom ursprünglichen Flugplan gedeckte Landung vor. Dennoch wird in einem solchen Fall von dem AG Rüsselheim unter Berücksichtigung der Rechtssache des EuGH (C-83/10) eine faktische Annullierung angenommen (AG Rüsselheim, Urt. v. 11.04.13, Az.: 3 C 3406/12; AG Rüsselheim, Urt. v. 25.07.12, Az.: 3 C 1132/12). Denn das Flugzeug weicht von seiner geplanten Flugroute ab und erreicht den Bestimmungsflughafen nicht mehr (EuGH, C 83/10). Zur Zeit ist kein entsprechendes Vorlageverfahren beim EuGH anhängig, doch man kann davon ausgehen, dass sich der EuGH dieser Argumentation des AG Rüsselheim anschließen würde. In dem Fall, dass eine außerplanmäßige Zwischenlandung eingelegt werden muss, weil z.B. ein medizinischer Notfall an Bord herrscht, und dann der Flug fortgesetzt wird und das Endziel mit einer Verspätung erreicht wird, liegt eine Abweichung von der ursprünglichen Flugroute vor. Hier geht das AG Frankfurt a.M. von einer Annullierung aus (AG Frankfurt, Urt. v. 26.10.12, Az.: 29 C 1400/12). Dem muss jedoch widersprochen werden, da das Luftfahrtunternehmen nie endgültig die Absicht aufgegeben hat, den Flug bis an das Endziel fortzusetzten und der Fluggast dennoch an seinem Bestimmungsort, wenn auch verspätet angekommen ist. Bei außerplanmäßigen Zwischenlandungen mit anschließendem Weiterflug kann nicht automatisch von einer Nichtdurchführung des Fluges ausgegangen werden, obwohl dies laut Art. 2 lit. 1 die Tatbestandsvoraussetzung einer Annullierung ist und diese von einer Verspätung überhaupt erst unterscheidet. Aus diesem Grund muss das Vorliegen einer Annullierung nicht vorrangig nach der Nichtdurchführung des Fluges bewertet werden sondern nach den Änderungen in der ursprünglichen Flugplanung nach der Flugroute.
Flugplanänderung
Flugplanänderungen wie Änderungen der Abflug- und Ankunftszeiten, haben die Aufgabe der ursprünglichen Flugplanung zur Folge, jedoch führen diese nicht gleich zu einer Nichtdurchführung des Fluges. Der EuGH achtet bei seinen Entscheidungen nicht auf das Kriterium der Nichtdurchführung sondern auf nicht näher umschriebene Änderungen bei der ursprünglichen Flugplanung. Aus diesem Grund wird der EuGH wohl auch bei einer Flugplanänderung zu einer Annullierung tendieren. In der Praxis spielen Flugplanänderungen nur eine geringe Rolle, da der Fluggast meistens lange vor dem planmäßigen Abflugtermin über solche in Kenntnis gesetzt wird. Dadurch entfallen von Anfang an Ansprüche auf Ausgleichszahlungen und auch Unterstützungs- oder Betreuungsleistungen müssen nicht erbracht werden. In solchen Fällen ist es jedoch nicht ganz einfach für das Luftfahrtunternehmen zu beweisen, dass die Mitteilung über die Flugplanänderung dem Fluggast zugegangen ist oder zumindest in dessen Empfangsbereich gelangt ist (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.10.06, Az.: 32 C 1788/06-84; AG Rüsselheim, Urt. v. 27.06.12, Az.: 3 2655/11). Bei Pauschalreisen ist es unzureichend, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen nur den Reiseveranstalter rechtzeitig in Kenntnis setzt und dieser die Flugplanänderung gar nicht oder erst nach Ablauf der in Art. 5 Abs. 1 lit. c genannten Zeitpunkte an den Fluggast ausrichtet (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.09.11, Az.: 2-24 S 92/11).
Vorverlegung von Flügen
Bei der Frage, ob auch in einer Vorverlegung von einem [[Flug] eine Annullierung gesehen werden kann, werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Einerseits wird angenommen, dass, wenn ein Flug um mehr als 10 Stunden vorverlegt wird, auch dies als eine Annullierung anzusehen ist, wenn der ursprünglich geplante Flug nicht durchgeführt wird (vgl. AG Hannover, Urt. v. 31.01.11, Az.: 426 C 12868/10; AG Hannover, Urt. v. 11.04.11, Az.: 512 C 15244/10). Anderseits wird vertreten, dass es sachlich nicht gerechtfertigt erscheint eine Annullierung anzunehmen, wenn die die tatsächliche Abflugzeit nun früher stattfindet als die planmäßige Abflugzeit. Denn eine Annullierung bedarf stets der Nichtdurchführung eines Fluges.
Rechtzeitige Informationsverteilung
Wie an vorheriger Stelle bereits erwähnt, kann eine Flugannullierung bereits Tage, Wochen oder sogar Monate im voraus bekannt gegeben werden. In der Fluggastrechteverordnung finden sich diesbezüglich verschiedene Angaben über die Zeitpunkte der Informationsverteilung.
Zeitpunkte
Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen hat seinen Fluggästen in der Regel Ausgleichsleistungen nach Art. 7 der EG-VO 261/2004 bei Annullierung zu zahlen. Von dieser Pflicht kann sich das Luftfahrtunternehmen nur in bestimmten Fällen befreien. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn das Luftfahrtunternehmen seinen Fluggästen eine rechtzeitige Information über die Annullierung übermittelt. Diese Zeitpunkte sind wie folgt in Art. 5 I lit. c) geregelt: • mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet • Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit mit einem Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es den Fluggästen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen • weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit mit Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen Der Begriff „rechtzeitig“ erfährt hierbei eine Abschattung bezüglich der Vorlaufzeit und entsprechenden Möglichkeiten der Flugreisenden auf den Umstand Reaktion zu zeigen. Die in Art. 5 geregelten Ausnahmetatbestände sind laut Rechtsprechung eher eng auszulegen, vgl. EuGH, Urt. v. 22.12.2008, Az.: C-549/07. Generell müssen Fluggäste, die von einer Flugannullierung unterrichtet wurde gem. Art. 5 II EG-VO 261/2004 Angaben über anderweitige Beförderungsmöglichkeiten erhalten.
Beweis- und Darlegungslast
In Art. 5 IV der Fluggastrechteverordnung wird klargestellt, dass die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung informiert wurde, das ausführende Luftfahrtunternehmen zu tragen hat; vgl. EuGH, Urteil vom 11.5.2017,Az.: C-302/16. Wird die Mitteilung über die Annullierung dem Flugreisenden per SMS zugesandt, so hat das jeweilige Luftfahrtunternehmen darzulegen und ebenfalls zu beweisen, dass diese Mitteilung in den Empfangsbereich des Empfängers gelangt ist, so dass dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hatte, von dieser Information Kenntnis zu nehmen, vgl. AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.10.2006, Az.: 32 C 1788/06-84. Einst sah die Rechtsprechung vor, dass einem Passagier gemäß der Fluggastrechteverordnung kein Anspruch auf eine Ausgleichzahlung zusteht, wenn dieser frühzeitig von seinem Reisevermittler über die Annullierung des Fluges informiert wurde, vgl. LG Landshut, Urt. v. 14.12.2016, Az.: 13 S 1146/16. Insoweit genügte, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen lediglich den Vermittler über die Annullierung in Kenntnis gesetzt hat. Der EuGH hat nun allerdings die Rechte der Flugreisenden durch eine neuere Entscheidung erheblich gestärkt. Kann ein Luftfahrtunternehmen nicht beweisen, dass ein Fluggast über die entsprechende Annullierung mindestens zwei Wochen im Voraus informiert wurde, muss es diesen eine Ausgleichsleistung zahlen, vgl.EuGH, Urt. v. 11.05.2017, Az.: C-302/16. Insoweit genügt es nun nicht mehr, wenn das Luftfahrtunternehmen lediglich den Reisevermittler informiert. Ob die eigentliche Buchung des Fluges bei der Airline direkt oder über einen Reisevermittler durchgeführt wurde, spielt für die Frage der Beweis- und Zahlungspflicht nun keine Rolle mehr. Nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung Nr. 261/2004 trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des betreffenden Fluges unterrichtet wurde. Das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Zahlung des darin vorgesehenen Ausgleichs verpflichtet ist, wenn es nicht beweisen kann, dass der betroffene Fluggast über die Annullierung seines Fluges mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist. Dies gilt auch, und vor allem dann, wenn der Reisevertrag oder Beförderungsvertrag mittels einem Dritten, etwa einem Online-Reisevermittler geschlossen wurde. Wie sich nämlich sowohl aus Art. 3 Abs. 5 als auch aus den Erwägungsgründen 7 und 12 der Verordnung Nr. 261/2004 ergibt, wird der Fluggästen zu leistende Ausgleich für Verstöße gegen die sich aus der Verordnung ergebenden Verpflichtungen, zu denen u. a. die Unterrichtungspflicht des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c gehört, allein vom ausführenden Luftfahrtunternehmen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, geschuldet.
Flugbuchung über einen Reisevermittler
Flüge werden heutzutage von Kunden häufig nicht mehr direkt bei der Fluggesellschaft, sondern über Online-Portale wie Flug-Suchmaschinen oder sonstige Drittanbieter gebucht. Diese Drittanbieter treten dann als sogenannte Reisevermittler auf, die für den Kunden einen entsprechenden Flug bei der Airline buchen bzw. die Buchung vermitteln. Eine vertragliche Beziehung geht der Kunde dabei unmittelbar nur mir dem Reisevermittler ein. Fraglich ist in einem solchen Fall, was die den Flug durchführende Fluggesellschaft im Falle einer Annullierung tun muss, um ihrer Informationspflicht Art. 5 VO-EG Nr. 261/2004 gegenüber dem Passagier zu erfüllen.
Der EuGH setzte sich mit dieser Frage aufgrund einer Rechtsstreitigkeit zwischen einem Passagier und der Fluggesellschaft Surinam Airways auseinander (EuGH, Urt. v. 11.05.2017, Rs. C-302/16).
Der Passagier hatte über den niederländischen Online-Anbieter "www.gate1.ne" sowohl einen Hin- als auch einen Rückflug mit der Fluggesellschaft Surinam Airways von Amsterdam nach Paramaribo (Surinam) gebucht. Der Flug wurde annulliert und der Passagier wendete sich nun gegen Surinam Airways mit der Forderung nach Ausgleichszahlung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 7 der VO-EG Nr. 261/2004, weil er über die Annullierung des Fluges nicht, wie vorgeschrieben, mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden sei. Surinam Airways hatte den Online-Reisevermittler "www.gate1.ne"" allerdings mehr als zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung des Fluges in Kenntnis gesetzt. "www.gate1.ne" wiederum teilte dies dem Passagier erst zehn Tage vor dem Abflugdatum mit. Strittig war also, ob die VO-EG Nr. 261/2004 dahingehend auszulegen ist, dass das den Flug ausführende Fluggesellschaft die vorgesehene Ausgleichszahlung im Fall einer Annullierung, von welcher der Passagier nicht rechtzeitig erfahren hat, auch dann bezahlen muss, wenn der Reisevermittler seinerseits rechtzeitig unterrichtet wurde. Denn der Beförderungsvertrag wurde über den Vermittler "www.gate1.ne" mit dem Passagier geschlossen und "www.gate1.ne" hatte nach der Mitteilung der Annullierung ausreichend Zeit, die Information an den Passagier weiterzugeben.
Nach Ansicht des Gerichts ist das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Zahlung verpflichtet, wenn es nicht darlegen kann, dass der betroffene Passagier über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflug informiert worden ist. Diese Auslegung des Art. 5 Abs. 4 VO-EG Nr. 261/2004, wonach das Luftfahrtunternehmen die Beweislast für die Unterrichtung des Passagiers trägt, gilt auch dann, wenn der Beförderungsvertrag über einen Reisevermittler geschlossen wurde. Denn allein die Fluggesellschaft, die den Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, trifft diese Unterrichtungspflicht. Der Fluggesellschaft bleibt schließlich die Möglichkeit gemäß Art. 13 VO-EG Nr. 261/2004 bei dem Reisevermittler Regress zu nehmen, d.h. den ihr durch dessen Versäumnis entstandenen Schaden durch die an den Passagier zu leistenden Ausgleichszahlungen ersetzt zu bekommen.
Rechtsfolgen einer Annullierung
Die Rechte, die dem Fluggast bei einer Annullierung eines Fluges zustehen, ergeben sich vor allem aus Art. 5 I ff. der EG-Verordnung 261/2004. Grundsätzlich kann einem Fluggast bei einer Annullierung ein Anspruch auf sowohl Ausgleichsleistungen, als auch Unterstützungs-und Betreuungsleistungen entstehen. Weiterhin kann ein Fluggast auch Ersatz für weitere Schäden wegen der Nichterfüllung des Luftbeförderungsvertrags verlangen, wenn die Voraussetzungen des MÜ oder des nationalen Rechts vorliegen.
Auskunftsanspruch
Der Auskunftsanspruch kommt bei jeder Verspätung, Annullierung und bezüglich der außergewöhnlichen Umstände zum Tragen. Das Luftfahrtunternehmen muss eine Verspätung oder Annullierung zwar rechtfertigen, der Fluggast hat jedoch weder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB einen detaillierten Auskunftsanspruch, noch aus höchstrichterlicher Rechtsprechung.
Anspruch auf Ausgleichsleistungen
In Art. 5 Abs. 1 lit. c wird der Anspruch auf Ausgleichszahlungen gem. Art. 7 der [[Fluggastrechteverordnung}]] geregelt. Diese monetären Ausgleichsleistungen müssen immer dann erbracht werden, wenn die Mitteilung über eine Annullierung nicht rechtzeitig erfolgt oder, wenn ein Luftfahrtunternehmen nicht nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen besteht auch dann wenn der betroffene Fluggast nicht von sich aus aktiv wird und vom ausführenden Luftfahrtunternehmen die Ausgleichszahlungen explizit verlangt. Folgt man dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 lit. c, so könnte man die Auffassung vertreten, dass Fluggäste bei einer Annullierung einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, aber Fluggästen bei einer Nichtbeförderung die Ausgleichszahlungen unverzüglich zu leisten sind. Eine solche Ansicht ist jedoch abzulehnen, da der europäische Gesetzgeber wohl kaum eine Ungleichbehandlung von Fluggästen gewollt hätte.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung setzt jedoch ein tatsächliches Warten am Flughafen voraus. Es besteht dann kein Anspruch auf Ausgleichszahlung mehr, wenn der Fluggast infolge einer Verspätung seine Buchung storniert und einen Ersatzflug bei einer anderen Airline bucht, da er so nicht mehr dazu gezwungen wäre, am Flughafen zu warten, vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 13.6.2013, Az. 3 C 574/13 (34).
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung ist ausgeschlossen, wenn Fluggäste kostenlos oder zu einem nicht-öffentlichen Vergünstigungstarif reisen oder aber Flugreisende im Rahmen einer Pauschalreise über einen Drittanbieter zu einem nicht-öffentlichen Ermäßigungstarif gebucht haben; vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 18.12.2013, Az. 7 S 90/13.
Keine Ausgleichszahlung bei anderweitiger Beförderung
Gemäß Artikel 5 Abs. 1 c) iii der Fluggastrechteverordnung wird das Luftfahrtunternehmen von seiner Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen befreit, wenn eine anderweitige Beförderung angeboten wird. Hierbei müssen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die anderweitige Beförderung ermöglicht dem Fluggast, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen.
- Die anderweitige Beförderung ermöglicht dem Fluggast sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Ein Entschädigungsanspruch entfällt allerdings auch dann, wenn der Fluggast insgesamt einen Zeitverlust von weniger als drei Stunden erleidet (LG Hannover, Urt. v. 09.02.2015, Az: 14 S 53/14). Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich dies zunächst aus einer Zusammenschau der beiden oben genannten Voraussetzungen: Drei Stunden sind der Gesamtzeitverlust, den Art. 5 Absatz 1 c) iii als gerade noch hinnehmbar erachtet, wenn er dem Fluggast zumutet, bis zu einer Stunde vor dem geplanten Abflug abzufliegen und bis zu zwei Stunden nach der geplanten Ankunft anzukommen. Ferner hat auch der EuGH als Verordnungsgeber den Wert von drei Stunden anerkannt (vgl. u.a. EuGH, Urt. v. 23.10.2012, Az: C-581/10 und C-629/10. Eine Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen besteht demnach nur, wenn die Verspätung mindestens drei Stunden beträgt.
Ausgleichszahlung trotz außereuropäischen Sitz des Reiseveranstalters
Bei einer Verhandlung des AG Köln, Urt. vom 09.04.2010 haben Flugreisende gegen eine nicht-europäische Fluggesellschaft geklagt, weil ihr Flug von Hamburg nach Hawaii annuliert wurde. Dabei gab es mehrere Zwischenstopps Die Kläger wurden nach Check-In und Boarding gebeten das Flugzeug zu verlassen. Ihr Flug wurde umgebucht und so konnten sie ihre Anschlussflüge nicht erreichen. Des Weiteren verlangten sie die Erstattung der Mehrkosten, die sie aufgrund der Verzögerung tragen mussten. Die Beklagte beruft sich auf den Umstand, dass sie ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union hat und daher die Verordnung VO (EG) 261/2004 keine Anwendung finden. Das AG Köln ist jedoch der Ansicht, dass auch diese Verordnung VO (EG) 261/2004 auf die Beklagte Anwendung findet, weil sie Flüge in die europäische Union anbietet.
Keine Ausgleichszahlungen bei frühzeitiger Information der Fluggäste
Grundsätze
Das Ziel der Fluggastrechteverordnung ist es nicht nur Annullierungen zu vermeiden, sondern zu bezwecken, dass Fluggäste rechtzeitig vom ausführenden Luftfahrtunternehmen über die Annullierung informiert werden und ihnen eine zumutbare anderweitige Beförderung angeboten wird (BGH, Urt. v. 25.03.10, Xa ZR 96/09). Informiert Luftfahrtunternehmen den Fluggast mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung, so müssen keine Ausgleichszahlungen mehr geleistet werden. Denn wird der Fluggast so frühzeitig über die Annullierung informiert, ist davon auszugehen, dass dieser weder nennenswerte Ärgernisse noch Unannehmlichkeiten erleidet. Wird der Fluggast in weniger als zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung in Kenntnis gesetzt, so hat dieser einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Solche entfallen bei einer kurzfristigen Annullierung nur unter den folgenden Voraussetzungen: • der betroffene Fluggast mindestens zwei Wochen vor dem geplanten Abflug über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wird • der betroffene Fluggast über die Annullierung mindestens 7 Tage vor dem geplanten Abflug darüber in Kenntnis gesetzt wird und ihm darüber hinaus eine anderweitige Beförderung angeboten wird, mit der er nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegt und sein Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht • wenn die Annullierung weniger als 7 Stunden vor dem geplanten Abflug realisiert wird und dem Fluggast eine anderweitige Beförderung angeboten wird, mit der er nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegen muss und sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht. Immer dann wenn es zu einer erheblichen Störung im Beförderungsablauf kommt, dann kommt es zu einem Spannungsfeld zwischen dem Interesse der Fluggäste an der Durchführung des ursprünglich geplanten Flugs und einer möglichst frühzeitigen Bekanntgabe einer allenfalls notwendigen Annullierung (BGH, Urt. v. 25.03.10, Xa ZR 96/09). Das ausführende Luftfahrtunternehmen muss in einem solchen Fall eine Prognose erstellen, ob und wann der geplante Flug wahrscheinlich durchgeführt wird. Diese Prognose hat nach vernünftigem Ermessen und unter Berücksichtigung der Interessen der Fluggäste zu erfolgen.
Praktische Schwierigkeiten bei der Benachrichtigung von Fluggästen
In Art. 5 Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung ist geregelt, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür trägt, ob und wann genau der Fluggast über die Annullierung des Fluges in Kenntnis gesetzt wurde. Dazu muss das Luftfahrtunternehmen beweisen können, dass die Mitteilung über die Annullierung dem Fluggast tatsächlich zugegangen ist oder zumindest in dessen Empfangsbereich gelangt ist. Schwierigkeiten entstehen dadurch, dass meistens auf elektronischem Wege kommuniziert wird. Oftmals erhalten Luftfahrtunternehmen keine Lesebestätigungen, weil dies vom Fluggast deaktiviert wird oder diese Funktion nicht unterstützt wird. Besondere Schwierigkeiten entstehen bei Codeshare-Flügen. Denn oftmals hat der Operating Carrier nicht die Kontaktdaten der Fluggäste, weil diese den Flug beim Marketing Carrier gebucht haben. Deswegen bedarf es bestimmter Codesharing- Vereinbarungen, welche regeln wie genau der Informationsfluss zwischen dem Luftfahrtunternehmen und dem Fluggast funktioniert. Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Benachrichtigung der Fluggäste durch einen Reiseveranstalter oder Reisevermittler. Diese können durch ein IATA Agency Agreement dazu verpflichtet werden, Fluggäste schriftlich über allfällige Annullierungen zu benachrichtigen. Wenn sie diese Verpflichtung nicht erfüllen, machen sie sich schadensersatzpflichtig. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, dass Luftfahrtunternehmen in ihren ABB klären, wie genau die Kommunikation mit Fluggästen abzulaufen hat. Die Einführung einer Klausel, welche bestimmt, dass ein Luftfahrtunternehmen gegenüber dem Fluggast nur eine bestimmte Anzahl an Kontaktversuchen unternehmen muss, ist als unzulässig anzusehen. Laut Art. 5 Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung reicht es aus, wenn das Luftfahrtunternehmen beweisen kann, dass die Mitteilung über die Annullierung zumindest in den Empfangsbereich des Fluggasts gelangt ist und dieser die Möglichkeit hatte unter normalen Umständen von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.10.06, Az.: 32 C 1788/06-84).
Höhe der Ausgleichszahlungen
Die Höhe der Ausgleichszahlungen bestimmt sich nach der vom Startflughafen bis zum Zielflughafen zurückgelegten Entfernung. Dabei ist es unbeachtlich wo genau die Störung in der Beförderung aufgetreten ist. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich gemäß Art. 7 EG-VO 261/2004 wie folgt:
- Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern
- Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern
- Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern
Die Entfernung wird sowohl bei Direktflügen als auch bei mehreren Teilflügen i.S.v. Anschlussflügen („von A nach B über C“) gemäß Art. 7 Abs. 1 VO-EG Nr. 261/2004 nach der Großkreismethode berechnet (EuGH, Urt. v. 07.09.2017, Rs. C-559/16). Dies hängt damit zusammen, dass sich die in der Verordnung festgelegten Ausgleichsleistungen ihrer Art und Höhe nach an der Schwere der Beeinträchtigung für die Fluggäste orientieren sollen (EuGH, Urt. v. 10.01.2006, Rs. C-344/04). Der Grad der Unannehmlichkeit einer Ankunftsverspätung bei einem verspäteten Direktflug oder einem Flug mit Anschlussflug unterscheidet sich nicht, da die Unannehmlichkeiten in einem solchen Fall in dem erlittenen Zeitverlust gegenüber der ursprünglichen Reiseplanung bestehen, der immer bei Ankunft am Endziel festgestellt wird. Es ist also unerheblich, ob der Passagier mit einem Direktflug verspätet seinen Zielflughafen erreicht oder ob er zwischendurch umgestiegen ist und dabei eine größere Flugstrecke zurückgelegt hat. Es kommt nur auf die Distanz zwischen dem Flughafen, an dem der Passagier seine Flugreise angetreten hat und dem Endziel an.
Die Auszahlung eines Anspruches aus Artikel 7 erfolgt durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder in Form von Reisegutscheinen oder anderen Dienstleistungen (nur mit schriftlichen Einverständnis des Fluggastes möglich).
Entlastung bei außergewöhnlichen Umständen
Für Annullierungen und Verspätungen stehen dem Reisenden keine Ausgleichszahlungen zu, wenn die Luftfahrtgesellschaft außergewöhnliche und unvermeidbare Umstände nachweisen kann (Wetter, Sicherheit, Streik), Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung). Dies bedeutet, dass bestimmte Umstände, die nicht in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft fallen, für Verspätung oder Annullierung verantwortlich waren. Grundsätzlich ist unter einem außergewöhnlichen Umstand ein Vorkommnis zu verstehen, welches sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Ausgleichszahlungen gelten nach deutschem Recht nicht als Schadensersatzleistungen. Außergewöhnliche Umstände müssen von der Fluggesellschaft vorgebracht und nachgewiesen werden. Die Vielzahl von Krankmeldungen des Flugpersonals bei einer als Leistungserbringerin eingesetzten Fluggesellschaft stellt keine höhere Gewalt im Sinne des § 651j BGB dar, wenn es kein betriebsfremdes, von außen kommendes Ereignis ist.
Siehe dazu:
Unterstützungsleistungen: Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
Ist der Fluggast bereits am Flughafen eingetroffen und wird erst vor Ort über die Flugannullierung unterrichtet, so steht dem betroffenen Fluggast zunächst ein Anspruch auf Unterstützungsleistungen nach Art. 8 der Fluggastrechteverordnung zu. Ein solcher Anspruch auf Unterstützungsleistungen entsteht unabhängig davon wie kurzfristig der Fluggast vor der geplanten Abflugzeit über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wird. Das Luftfahrtunternehmen trifft dabei die Pflicht die betroffenen Fluggäste unaufgefordert und im Rahmen der Mitteilung der Annullierung über mögliche und anderweitige Beförderungen zu informieren. Bezüglich dessen kann der betroffene Fluggast zwischen der Erstattung der Flugscheinkosten (Anspruch auf Erstattung) oder einer anderweitigen Beförderung zu seinem Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen wählen. Wird eine solche dem Fluggast angebotene und bestätigte anderweitige Beförderung dann auch annulliert, dann steht dem betroffenen Fluggast noch ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu (AG Frankfurt, Urt. v. 16.05.13, Az.: 31 C 3349/12). Ein Luftfahrtunternehmen hat keine Möglichkeit sich von der Pflicht zu Unterstützungsleistungen zu entlasten, auch nicht durch die analoge Anwendung von Art. 5 Abs. 3 (AG Rüsselheim, Urt. v. 21.12.11, Az.: 3 C 229/11; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.06.11, Az.: 29 C 2320/10-21; AG Rüsselheim, Urt. v. 11.01.11, Az.: 3 C 1698/10).
Bietet das Luftfahrtunternehmen dem Fluggast keine für ihn akzeptable Ersatzbeförderung an, kann der Fluggast auf eigene Faust einen Flug buchen und die Mehrkosten, die dadurch entstehen, als Schadensersatz verlangen. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt bei mangelnder Erbringung auch nicht der Anrechnung nach Art. 12 VO; HG Wien, Urteil vom 19.12.2017, Az.: 1 R 45/17i.
Anspruch auf Betreuungsleistungen
Daneben können Betroffenen auch bestimmte Betreuungsleistungen zustehen. Diese sind nach Art. 9 Abs. I lit. a) Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenen Verhältnis zu der Wartezeit oder, falls zu erwarten ist, dass die Abflugzeit des Alternativfluges erst am nächsten Tag stattfindet, gem. Art. 9 I lit. b) und c) auch eine Unterbringung in einem Hotel und die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung. Nach Art. 9 Abs. 2 steht dem Fluggast weiterhin ein Anspruch auf Kommunikationshilfen zu. Diese Leistungen müssen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen immer erbracht werden, da sich das Luftfahrtunternehmen bezüglich dieser nicht entlasten kann, auch nicht in analoger Anwendung des Art. 5 Abs. 3. Dies bedeutet, dass diese Ansprüche unabhängig davon bestehen, ob die Annullierung rechtzeitig bekannt gegeben wurde oder ob ein Luftfahrtunternehmen sich möglicherweise auf außergewöhnliche Umstände gem. Art. 5 III EG-VO 261/2004 berufen kann, vgl. EuGH, Urt .v. 31.01.2013, Az.: C-12/11. Weiterhin ist unbedeutend welcher Grund zur Annullierung des Fluges geführt hat (Urt. v. EuGH, Az.: C-12/11). In den Entwürfen der Fluggastrechteverordnung war es zunächst so gedacht, dass sich ein Luftfahrtunternehmen bei dem Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes, der sich nicht vermeiden ließ und wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, dennoch hätte auch von Betreuungs- und Unterstützungsleistungen befreien können. Doch das europäische Parlament wollte nicht, dass sich das ausführende Luftfahrtunternehmen bei dem Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen auch noch von der Pflicht der Betreuungsleistungen befreien konnte.
Information über anderweitige Beförderung
Bei einer Annullierung hat der Fluggast einen Anspruch auf Ersatzflug. Aus Artikel 5 Abs. 2 geht die Verpflichtung der Luftfahrtunternehmen hervor, den Fluggast beim Vorliegen einer Annullierung, über mögliche andere Beförderungen in Kenntnis zu setzen hat. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich grundsätzlich um eine Nebenpflicht die sich aus dem zwischen den beiden Parteien bestehenden Vertragsverhältnis ergibt und somit eigentlich selbstverständlich sein sollte. Dahingehend ist davon auszugehen, dass dem Reiseveranstalter bei einer Pauschalreise dieselben Informationspflichten auferlegt werden.
Weitergehender Schadensersatz
In Art. 12 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung ist weiterhin geregelt, dass diese auch dann gilt, wenn der Fluggast zusätzlich einen Schadensersatzanspruch geltend macht. Unter dem Begriff des weitergehenden Schadensersatzes ist zu verstehen, dass der Fluggast unter den Voraussetzungen des MÜ oder des nationalen Rechts Ersatz verlangen kann, wegen der Nichterfüllung des Luftbeförderungsvertrages entstandenen Schadens (Urt. v. EuGH, Az.: C-83/10). Damit kann auch ein immaterieller Schaden geltend gemacht werden. Durch Art. 12 der Fluggastrechteverordnung wird ein Schadensersatzanspruch vorausgesetzt, welcher nicht begründet wird (BGH, Urt. v. 25.03.10, Xa ZR 96/09). Wenn die ursprünglich gebuchte Fluggesellschaft den Flug zum Schiff nicht durchführen kann, und deshalb ein Flug mit einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt wird, stellt dies nicht nur eine Flugannullierung, sondern in Hinblick auf eine Kreuzfahrt auch einen Reisemangel nach § 651 f Abs. 2 BGB dar. Dieser Mangel kann zu einer Minderung von 5 % des Tagesreisepreises berechtigen, vgl. AG Rostock, Az: 47 C 240/10.
Werden neben Ansprüchen aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auch Schadensersatzansprüche aus den §§280 ff. BGB geltend gemacht, so werden eventuell vorliegende außergewöhnliche Umstände nicht berücksichtigt, da diese keine Relevanz für Schadensersatzansprüche aus den §§280 ff. BGB aufweisen; vgl. AG Bremen, Urteil vom 4.8.2011, Az.: 9 C 135/11.
Die Verordnung Nr. 261/2004 ist auszulegen ist, dass der Preis des Flugscheins, der zur Ermittlung des einem Fluggast vom Luftfahrtunternehmen im Fall der Annullierung eines Fluges geschuldeten Erstattungsbetrags heranzuziehen ist, die Differenz zwischen dem vom Fluggast gezahlten und dem vom Luftfahrtunternehmen erhaltenen Betrag in Höhe der Provision eines als Vermittler zwischen ihnen tätig gewordenen Unternehmens einschließt, es sei denn, die Provision wurde ohne Wissen des Luftfahrtunternehmens festgelegt; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Die Annullierung eines Flugs in der Economy-Class rechtfertigt nicht die Buchung eines Ersatzfluges in der Business-Class. Dem Fluggast steht kein Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten zu. Hat ein Fluggast einen Platz in der Economy-Class gebucht, so rechtfertigt die Annullierung dieses Fluges nicht die Buchung eines Ersatzfluges in der Business-Class. Ein Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten gegen die Fluggesellschaft besteht in diesem Fall nicht.
Dem Reisenden stehe kein Anspruch auf Erstattung der Ticketkosten für die Business-Class zu. Der Fluggesellschaft sei keine Verletzung ihrer Pflicht zur Ersatzbeförderung gemäß Art. 8 Abs. 1 b) der Fluggastrechteverordnung anzulasten. Ein Business-Class-Flug stelle keine mit einem Economy-Class-Flug vergleichbare Reisebedingung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Bucht ein Reisender einen Flug mit Anschlussflug, und kommt dieser aufgrund einer Verspätung oder eines Ausfalls erst nach Mitternacht an, muss die Airline das Taxi des Gastes zahlen. Dies gilt dann, wenn die Weiterfahrt zum Wohnort mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zeitnah möglich ist.
Wet-Lease
Bei einem Wet-Lease werden FLugzeuge von einer Airline an eine andere vermietet. Die mietende Airline benutzt dann dieses Flugzeug mit ihrer eigenen Besatzung für ihre Flüge. Anspruchsgegner ist das ausführende Luftfahrtunternehmen. Das ist jenes, welches im Rahmen seiner Tätigkeit, also der Beförderung von Fluggästen, nicht nur die Entscheidung trifft, einen Flug durchzuführen, sondern auch wie dieser ausgestaltet ist, also unter anderem die Flugroute festlegt, und damit ein an Interessierte gerichtetes Angebot schafft. Dann trifft das Unternehmen nämlich die Verantwortung für die Durchführung des Fluges und eventueller Annullierungen oder Verspätungen. Daher ist im Wet-Lease-Verfahren in der Regel das Unternehmen der Anspruchsgegner, welches den Flug tatsächlich durchführt, also das anmietende Unternehmen. So wird ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sichergestellt, da damit gewährleistet werden kann, dass den beförderten Fluggäste eine Entschädigung oder Betreuung zuteil wird, ohne dass Vereinbarungen berücksichtigt werden müssten, die das Luftfahrtunternehmen, das entschieden hat, den betreffenden Flug durchzuführen, mit einem anderen Unternehmen getroffen hat, um diesen konkret sicherzustellen.
Fristen für Ansprüche
Für Flugverspätung gilt die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß dem Bürgerliches Gesetzbuch von drei Jahren zum Jahresende. Dies gilt für alle Fälle, bei denen der Ankunfts- oder Abflugsort in Deutschland liegt. Näheres dazu unter Reiserecht Fristen.
Reaktivierung des Fluges
Wird ein Flug nach vorheriger Absage durch das Luftfahrtunternehmen doch wieder planmäßig angesetzt, so spricht man von einer "Reaktivierung" des Fluges (z.B. Reaktivierung nach Absage eines Streiks). Die Reaktivierung führt dazu, dass der Flug zumindest haftungsrechtlich so behandelt wird, als habe es eine Annullierung nie gegeben (Vgl. AG Königs-Wusterhausen, Urt. v. 18.12.2017, Az.: 4 C 1217/17). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Reaktivierung lange im Voraus oder kurzfristig erfolgt. Denn wenn sich die Fluggesellschaft dafür entschieden hat, den Flug doch wieder planmäßig durchzuführen, ist es, wie im regulären Flugbetrieb üblich, allein ihrem unternehmerischen Risiko überlassen, zu prüfen, ob ein Flug auch kurzfristig planmäßig und ohne Verspätung durchgeführt werden kann. Insofern das Luftfahrtunternehmen den Flug also reaktiviert, haftet es dann auch regulär für Verspätungen nach der EG-VO 261/2004; AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 18.12.2017, Az.: 4 C 1217/17 (2).
Siehe auch
Gerichtsstand bei Ausgleichszahlungen
Rechtsprechung und Verordnungen
Urteile, Datum | Aktenzeichen | Zusammenfassung (reise-recht-wiki) |
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AG Köln, Urt. v. 09.04.2010 | 124 C 407/09 |
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BGH, Urt. v. 12.11.2009 | Xa ZR 76/07 |
|
EuGH, Urteil vom 11.5.2017 | C-302/16 |
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HG Wien, Urteil vom 19.12.2017 | 1 R 45/17i | Bietet das Luftfahrtunternehmen dem Fluggast keine für ihn akzeptable Ersatzbeförderung an, kann der Fluggast auf eigene Faust einen Ersatzflug buchen und die Mehrkosten als Schadensersatz von der Airline verlangen. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt bei mangelnder Erbringung von Seiten der Airline auch nicht der Anrechnung nach Art. 12 VO. |
LG Hannover, Urt. v. 09.02.2015 | 14 S 53/14 | Bietet die Fluggesellschaft eine anderweitige Beförderung an und erreicht der Fluggast sein Ziel mit einer Verspätung, so muss diese mindestens drei Stunden betragen um eine Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen zu begründen |
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 18.12.2017 | 4 C 1217/17 (2) | Wird ein zuvor wegen eines Streiks annullierter Flug wieder reaktiviert, soll er also dann doch stattfinden, so kann sich die Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen, wenn sich der Flug dann um mehr als 3 Stunden verspätet, da es sich hierbei um eine freiwillige Entscheidung der Airline gehandelt hat, den Flug wieder durchzuführen. |