Fluggastverordnung 2004

Aus PASSAGIERRECHTE
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Die Fluggastverordnung 2004 des europäischen Parlaments, erstellt am 11. Februar 2004, bestimmt die Regelungen für Ausgleichszahlungen und Leistungen für Fluggäste im Falle der Nichtbeförderung, bei Annullierungen von Flügen oder Flugverspätungen von mehr als drei Stunden. In der Verordnung wird das Passagierrecht für alle innereuropäischen Flüge geregelt sowie für solche, die einen Flughafen in der EU an- oder von ihm abfliegen. Die im Rahmen der Fluggastverordnung 2004 beschlossenen Maßnahmen dienen der Sicherstellung der Verbraucherrechte.

Der offizielle Titel der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 lautet "Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91".

Um die Auslegung der Fluggastrechteverordnung unionsweit zu vereinheitlichen, veröffentlichte die EU-Kommission 2016 Leitlinien zur Anwendung der Vorschrift. Sie fassen vor allem die bisherige Urteilspraxis zusammen. Im Gegensatz zu der vorherigen ÜberbuchungsVO Nr. 265/91 gelten in der Fluggastrechteverordnung bedeutend höhere Ausgleichszahlungen und macht in ihrem Anwendungsbereich nicht nur die Nichtbeförderung, sondern auch Annullierung und die größere Verspätung teil davon. Die Fluggastrechteverordnung entfaltet nicht nur für Linienflüge Anwendung, sondern auch für Charterflüge im Ferienflugverkehr und damit können auch Pauschalreisenden Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zustehen. Gültigkeit erlangt die Verordnung bei allen Flügen, welche Ihren Beginn in der Union haben und auch bei allen Flügen von Luftfahrtunternehmen, die ihren Sitz in der Union und aus Drittstaaten in die Union.

Anwendungsbereich

Räumlich sind alle Flüge umfasst die von einem Flughafen der Europäischen Gemeinschaft starten, unabhängig davon wo der Beförderer seinen Sitz hat. Beginnt also ein Flug innerhalb der EU, so muss auch eine außereuropäische Fluggesellschaft die Verordnung beachten. Beginnt ein Flug jedoch in einem Drittstaat und endet in der Gemeinschaft so muss eine Unterscheidung vorgenommen werden. Denn die Verordnung gilt gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. b ausschließlich für ausführende Luftfahrtgesellschaften wenn diese ein Unternehmen der Gemeinschaft sind. Verspätet sich ein Anschlussflug jedoch im Nicht-EU Ausland, so können keine Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung geltend gemacht werden. Umfasst sind auch etwaige überseeische Gebiete eines EU-Mitgliedsstaates. Hierzu zählen unter anderem:

  • Frankreich: Guadeloupe, Französisch-Guyana, Martinique, Réunion, Saint-Barthélemy und Saint-Martin
  • Portugal: Azoren, Madeira
  • Spanien: Kanarische Inseln

Allerdings sind auch einige Territorien von der Anwendung der Fluggastrechteverordnung ausgenommen:

  • Gibraltar, wegen der umstrittenen Souveränitätsfrage
  • Kanalinseln und Isle of Man
  • Färöer

Die Verordnung wurde weiterhin mit Beschluss des gemeinsamen EWR-Ausschusses in das EWR-Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Lichtenstein und Norwegen aufgenommen. Auch im Verhältnis zur Schweiz muss die Verordnung vollumfänglich beachtet werden. Flughäfen auf dem Gebiet der Schweiz und Luftfahrtunternehmen mit schweizerischer Betriebsgenehmigung sind vom Regelungsbereich der Verordnung vollumfänglich umfasst. Eine Ausnahme stellt der Flughafen Basel-Mulhouse-Freiburg dar. Da dieser auf französischem Staatsgebiet liegt, unterfällt er automatisch dem Regelungsbereich der Verordnung.

Leistungen bei Nichtbeförderung

Fluggäste können bei Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung Betreuungsleistungen erwarten. Die Betreuungsleistungen müssen dem Fluggast unter bestimmten Voraussetzungen angeboten werden. Der Umfang der Betreuungsleistungen richtet sich nach den objektiven Umständen, diese berücksichtigen die absehbaren Wartezeiten für den Fluggast. Wem die Beförderung durch das ausführende Luftfahrtunternehmen letztendlich verweigert wird, kann durch das Luftfahrtunternehmen frei entschieden werden. Ein Luftfahrtunternehmen hat sich jedoch an die Vorgaben zu halten, dass sowohl Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen oder Begleithunden mit einer entsprechenden Bescheinigung, als auch Kindern ohne Begleitung ein Vorrang einzuräumen ist.

Die Nichtbeförderung ist eine Situation, in der es dem Fluggast nicht erlaubt ist, obwohl er ein gültiges Ticket hat, an Bord des Flugzeugs zu gehen. Um eine Nichtbeförderung zu vermeiden ist es ratsam, sich so früh wie möglich für Ihren gebuchten Flug einzuchecken. Passagiere, die erst spät einchecken, gehen ein höheres Risiko ein Risiko, nicht befördert zu werden. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von einer Nichtbeförderung; die freiwillige Nichtbeförderung und die unfreiwillige Nichtbeförderung. Falls der Flug überbucht wurde, bieten Fluggesellschaften oft eine Art Prämie an, die einen Anreiz dafür bieten soll, dass das Ticket freiwillig getauscht wird. Wenn der Passagier damit einverstanden ist, sein Ticket für den gebuchten Flug aufzugeben, handelt es sich um eine freiwillige Nichtbeförderung. In der Regel wird die Fluggesellschaft Prämien anbieten, wie einen Alternativflug an einem für passenden Datum, die komplette Rückerstattung der Kosten für das unbenutzte Ticket, oder den schnellstmöglichen Rückflug zum Startflughafen.

Die unfreiwillige Nichtbeförderung ist eine Situation, in der dem Fluggast, obwohl er ein gültiges Ticket hat, das Einsteigen an Bord des Flugzeugs von der Fluggesellschaft verweigert wird. Dies ist auch dann möglich, wenn er kein Sicherheits- oder Gesundheitsrisiko für den Flughafen darstellt und wenn sich bereits am Flughafen befinden.

Im Falle einer unfreiwilligen Nichtbeförderung, hat die Fluggesellschaft Folgendes anzubieten:

Beförderung mit einem späteren Flug zu einem anderen Zeitpunkt, die Erstattung der Gesamtkosten des ungenutzten Flugtickets oder Beförderung mit dem nächstmöglichen Flug. Zusätzlich hat die Fluggesellschaft für die Wartezeit folgende Betreuungsleistungen anzubieten:

Erfrischungen und Mahlzeiten während der Wartezeiten, Transfers zwischen Hotel und Flughafen, Hotelübernachtung, 2 Telefongespräche, E-Mails und Faxe. Sollte die Fluggesellschaft dies nicht anbieten, kann der Reisende dies selbst zahlen, und den Preis dafür nachträglich von der Gesellschaft zurückverlangen. Falls die Fluggesellschaften sich doch nicht so hilfsbereit zeigen wie oben dargestellt, werden Sie eventuell gezwungen sein, Ihre eigenen Vorkehrungen zu treffen. Fluggesellschaften sind, im Falle einer unfreiwilligen Nichtbeförderung, verpflichtet eine Entschädigung zu bezahlen, wobei die Höhe der Entschädigung unterschiedlich ausfallen kann. € 250 für alle Flüge bis zu 1500 km € 400 für alle Flüge innerhalb der EU von bis zu 1500 km und bei allen anderen Flügen zwischen 1500 km und 3500 km € 600 bei allen anderen Flügen, die EU-Grenzen überschreiten.

Wenn es um die Nichtbeförderung geht, werden Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen von Fluggesellschaften bevorzugt d.h. haben sie bei der Beförderung Priorität. Passagiere, dessen Beförderung verweigert wurde, haben das Recht auf die Erstattung ihrer Ticketkosten. Fluggästen sollten auch Verpflegung, Unterkunft und Transfers angeboten werden.

Leistungen bei Annullierung

Die Rechte, die dem Fluggast bei einer Annullierung eines Fluges zustehen, ergeben sich vor allem aus Art. 5 I ff. der Fluggastverordnung 2004. Grundsätzlich kann einem Fluggast bei einer Annullierung ein Anspruch auf sowohl Ausgleichsleistungen, als auch Unterstützungs-und Betreuungsleistungen entstehen. Weiterhin kann ein Fluggast auch Ersatz für weitere Schäden wegen der Nichterfüllung des Luftbeförderungsvertrags verlangen, wenn die Voraussetzungen des Montrealer Übereinkommen oder des nationalen Rechts vorliegen. Der Auskunftsanspruch kommt bei jeder Verspätung, Annullierung und bezüglich der außergewöhnlichen Umstände zum Tragen.

Ist der Fluggast bereits am Flughafen eingetroffen und wird erst vor Ort über die Flugannullierung unterrichtet, so steht dem betroffenen Fluggast zunächst ein Anspruch auf Unterstützungsleistungen nach Art. 8 der Fluggastrechteverordnung zu. Ein solcher Anspruch auf Unterstützungsleistungen entsteht unabhängig davon wie kurzfristig der Fluggast vor der geplanten Abflugzeit über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wird. Das Luftfahrtunternehmen trifft dabei die Pflicht die betroffenen Fluggäste unaufgefordert und im Rahmen der Mitteilung der Annullierung über mögliche und anderweitige Beförderungen zu informieren. Bezüglich dessen kann der betroffene Fluggast zwischen der Erstattung der Flugscheinkosten oder einer anderweitigen Beförderung zu seinem Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen wählen.

Daneben können Betroffenen auch bestimmte Betreuungsleistungen zustehen. Diese sind nach Art. 9 Abs. I lit. a) Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenen Verhältnis zu der Wartezeit oder, falls zu erwarten ist, dass die Abflugzeit des Alternativfluges erst am nächsten Tag stattfindet, gem. Art. 9 I lit. b) und c) auch eine Unterbringung in einem Hotel und die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung. Nach Art. 9 Abs. 2 steht dem Fluggast weiterhin ein Anspruch auf Kommunikationshilfen zu.

In Art. 5 Abs. 1 lit. c wird der Anspruch auf Ausgleichszahlungen gem. Art. 7 der Fluggastrechteverordnung geregelt. Diese monetären Ausgleichsleistungen müssen immer dann erbracht werden, wenn die Mitteilung über eine Annullierung nicht rechtzeitig erfolgt oder, wenn ein Luftfahrtunternehmen nicht nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen besteht auch dann wenn der betroffene Fluggast nicht von sich aus aktiv wird und vom ausführenden Luftfahrtunternehmen die Ausgleichszahlungen explizit verlangt.

Die Höhe der Ausgleichszahlungen bestimmt sich nach der vom Startflughafen bis zum Zielflughafen zurückgelegten Entfernung. Dabei ist es unbeachtlich wo genau die Störung in der Beförderung aufgetreten ist. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich gemäß Art. 7 EG-VO 261/2004 wie folgt:

  • Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern
  • Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern
  • Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern.

Die Entfernung wird sowohl bei Direktflügen als auch bei mehreren Teilflügen i.S.v. Anschlussflügen gemäß Art. 7 Abs. 1 nach der Großkreismethode berechnet.

Leistungen bei Flugverspätungen

Der Auskunftsanspruch kommt bei jeder Verspätung, Annullierung und bezüglich der außergewöhnlichen Umstände zum Tragen. Das Luftfahrtunternehmen muss eine Verspätung oder Annullierung rechtfertigen.

Einen Anspruch auf Ausgleichszahlung kann der Fluggast bei einer 3-stündigen Verspätung am Endziel geltend machen, da die mit einer 3-stündigen Verspätung verbundenen Unannehmlichkeiten für den Fluggast auf derselben Stufe mit denen stehen, die mit einer Annullierung verbunden wären. Die Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich auch hier nach der unmittelbaren Entfernung zwischen dem Abflugsort und dem letzten Zielort. Danach ergeben sich folgende mögliche Ausgleichszahlungen:

250€ pro Person bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500km oder weniger 400€ pro Person bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500km und 3500km 600€ pro Person bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500km. Die Ausgleichszahlung erfolgt durch Barzahlung, durch elektronische oder durch gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder in Form von Reisegutscheinen oder anderer Dienstleistungen. Die letzten beiden Punkte sind jedoch nur mit dem schriftlichen Einverständnis des Fluggastes möglich.