Technischer Defekt

Aus PASSAGIERRECHTE
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Bei einer Annullierung oder großen Verspätung eines Fluges haben betroffene Fluggäste bestimmte Mindestrechte, die sich aus der Fluggastrechteverordnung ergeben. In bestimmten Fällen kann sich das den Flug ausführende Luftfahrtunternehmen insbesondere von der Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen, die sich aus Art. 7 VO (EG) 261/2004 ergeben, gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 befreien, wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen. Fluggesellschaften nennen dabei immer wieder technische Defekte als Ursache.

Definition Technischer Defekt

Technischer Defekt


Technischer Defekt als außergewöhnliche Umstände

Fluggäste haben nach der Fluggastrechteverordnung einen Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Flugverspätung und Flugannullierung. Dieser ist jedoch bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgeschlossen. Auch technische Defekte können [[außergewöhnliche Umstände im Sinne der Verordnung darstellen.

Der EuGH hat klargestellt, dass technische Defekte in der Regel in den Verantwortungsbereich des Luftfahrtunternehmens fallen. Da das Luftfahrtunternehmen zu regelmäßigen Wartungsarbeiten verpflichtet ist, fallen technische Defekte am Flugzeug selbst in den Verantwortungsbereich des Luftfrachtführers und stellen nur in Ausnahmefällen außergewöhnliche Umstände dar. Selbst wenn dieses mit technischen Defekten im Einzelfall nicht rechnen konnte, kann es sich dennoch nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen, da das Unternehmen es in diesem Fall versäumt hatte, ein voll funktionsfähiges Flugzeug bereitzustellen, vgl. EuGH, Urt. v. 22.12.2008, Az. C-549/07. Das Flugunternehmen nicht damit entschuldigen kann, die vorgeschriebenen Wartungs- und Reparaturarbeiten immer ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. Zwar hat es damit alles getan, was ihm von Gesetz wegen vorgeschrieben ist, allerdings fallen Fehler, die zwischen solchen Arbeiten entstehen, in den Risikobereich des Flugunternehmens, welches daher hierfür die Verantwortung zu tragen hat (BGH, Urt. v. 12.11.2009, Az. Xa ZR 76/07). Zudem bestehe die Möglichkeit, dass bei der Wartung selbst ein Fehler nicht entdeckt wurde. Selbst wenn der Fehler nicht bereits bei der Wartung bestanden hat, fallen, wie schon erwähnt, sämtliche Defekte, die zwischen Wartung und geplantem Flug auftreten, in den Verantwortungsbereich der Airline.

Die Frage nach der Beherrschbarkeit (Unbeherrschbar hingegen: z.B. Schlechte Wetterbedingungen) des jeweiligen Defekts bemisst sich also nicht nach der subjektiven Vorwerfbarkeit oder Vermeidbarkeit dieses Fehlers, sondern wird vielmehr anhand des Verantwortungs- und Risikobereiches beurteilt (Vgl.: LG Düsseldorf, Urt. v. 07.05.2009, Az. 22 S 215/08). Meistens ist es ebenso wenig von Bedeutung, wenn ein sehr ungewöhnlicher und seltener Defekt auftritt. Zwar kann eine Fluggesellschaft hiermit nicht rechnen, allerdings ändert dies nichts daran, dass sie die Verantwortung für funktionstüchtige Flugzeuge trägt (LG Darmstadt, Urt. v. 16.06.2010, Az. 7 S 200/08). Zumindest scheidet ein vorliegen außergewöhnlicher Umstände aus, wenn die Fluggesellschaft es bereits versäumt darzulegen, weshalb der technische Defekt außergewöhnlich oder nicht vorhersehbar war (AG Frankfurt, Urt. v. 16.02.2007, Az. 30 C 1701/06).

Technischer Defekt außerhalb des Flugzeugs

Auch außerhalb der Maschine können technische Defekte im Betriebsablauf einer Fluggesellschaft die Beförderung beeinträchtigen. Insbesondere im Fall eines Systemausfalls kommt es immer wieder zu massiven Beeinträchtigungen. Fraglich ist, ob auch darin ein außergewöhnlicher Umstand gesehen werden kann.

Systemausfall beim Check-In

Kommt es zu einem mehrstündigen Ausfall der Primär- und Back-up-Systeme für das Einchecken der Passagiere aufgrund von Leitungsproblemen eines dritten Telekommunikationsunternehmens, ist ein außergewöhnlicher Umstand anzunehmen (LG Stuttgart, Urteil v. 21.12.2017, Az.: 5 S 142/17). Infolge des Zwischenfalls mussten alle Passagiere manuell eingecheckt werden, weshalb es zu erheblichen Verzögerungen kam. Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung wären gemäß Art. 5 Abs. 3 EG-VO Nr. 261/2004 ausgeschlossen, wenn der Systemausfall einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Dies kann auch von der konkreten Art des Systemausfalls abhängen.

Es kommt im Ausgangspunkt darauf an, ob der die Verzögerung verursachende Umstand untrennbar mit dem System zum Betrieb eines Flugzeugs verbunden ist oder seiner Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar ist; vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017, Az.: 5 S 142/17 . Technische Defekte, wie sie beim Betrieb der Fluggesellschaft typischerweise auftreten, stellen grundsätzlich keine außergewöhnlichen Umstände dar (z.B. ein technischer Defekt an einem einzelnen Flugzeug, oder der Defekt eines einzelnen Computers). Dies gilt auch dann, wenn das Luftverkehrsunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat.

Der vorliegende umfassende Systemausfall ist daher als außergewöhnlich anzusehen. Zwar muss die Fluggesellschaft mit einem kurzzeitigen Ausfall aller primären Systeme im Rahmen ihrer gewöhnlichen Flugabfertigung rechnen. Etwas anderes gilt aber, wenn nicht nur das primäre System, sondern auch das Back-Up-System ausfallen und dieser Komplettausfall der Computersysteme über mehr als 13 Stunden andauert. Der mehrstündige Ausfall aller Computersysteme schaffe eine Situation, die von der Fluggesellschaft nicht mehr beherrschbar war und außerhalb des Rahmens der gewöhnlichen Betriebstätigkeit eines Luftfahrtunternehmens liegt; vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017, Az.: 5 S 142/17.

Im Falle eines solchen Systemausfalls ist fraglich, welche Maßnahmen zur Verhinderung von Behinderungen im Beförderungsablauf zumutbar sind Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004. Wenn die Ursache für den Ausfall der Systeme im Verantwortungsbereich eines dritten Unternehmens liegt, ist eine Behebung des Problems auch nur in Zusammenarbeit mit diesem Dritten möglich. Ein Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, selbst entsprechende Fachleute vorzuhalten, um Zuleitungsprobleme zu den ihm vom Flughafenbetreiber zur Nutzung bereitgestellten Computersystemen zu beheben. Insofern reicht es aus, wenn die Fluggesellschaft alle möglichen eigenen Ressourcen und Möglichkeiten nutzt, um die Folgen gering zu halten, indem sie z.B. alle zur Verfügung stehenden technischen Geräte und personellen Ressourcen nutzt. Dabei kann es sogar schon Maßnahme genug sein, dass die Airline ein Backup-System bereithält. Wenn das dann aber auch noch ausfällt, kann man schlecht verlangen, dass das Unternehmen noch ein Backup-System für das Backup-System hat.

Dabei hat das Luftfahrtunternehmen darauf hinzuwirken, dass die Beeinträchtigung für die Gesamtheit der Fluggäste möglichst gering ausfällt. In den entsprechenden Entscheidungen der Airline zur Bewältigung des Zwischenfalls, muss sich widerspiegeln, dass das Interesses der Gesamtheit der Fluggäste berücksichtigt wurde. Die Beeinträchtigung für den einzelnen Reisenden, dessen Anschlussflug aufgrund der Verspätung möglicherweise verpasst wurde, tritt dahinter zurück.

Siehe auch: Systemausfall, außergewöhnliche Umstände

Technischer Defekt Beweislast

Das Luftfahrtunternehmen, dass sich auf einen außergewöhnlichen Umstand bei einem technischen Defekt beruft, trägt die Beweislast für diesen Umstand im Gerichtsprozess. Der Passagier muss daher nicht darlegen, dass gerade kein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen hat. Zum Beweiserfordernis gehört zum einen der Beleg, dass ein technischer Defekt selbst vorlag, zum anderen, dass dieser außergewöhnlich gewesen sein soll. Selbst das reicht aber noch nicht für eine Entlastung gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 aus. Vielmehr muss die Fluggesellschaft konkret darlegen, inwiefern der technische den Defekt den Start oder die Landung verzögert bzw. verhindert hat und welche Zumutbare Maßnahmen es ergriffen hat, um die Verspätung bzw. Annullierung oder den außergewöhnlichen Umstand zu verhindern.

Auf andere Ansprüche hat Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 keine Auswirkungen. Dieser befreit nur von den Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO (EG) 261/2004.

Technische Defekte und Einordnung als außergewöhnlicher Umstand

Die Auswertung der Rechtsprechung zeigt, dass technische Defekte im Regelfall dem Organisations- bzw. Leistungs- bzw. Risikobereich (unterschiedliche Formulierungen der Gerichte, die aber das Selbe meinen) der den Flug ausführenden Fluggesellschaft zuzuordnen sind. Nur im Einzelfall handelt es sich um ein von außen kommendes, unerwartetes, von der Fluggesellschaft nicht zu beherrschendes Ereignis (und damit um außergewöhnliche Umstände, siehe: Außergewöhnliche Umstände).

Technischer Defekt A-Z Aktenzeichen Anmerkung a. U.
Benzinpumpe defekt AG Frankfurt, Urt. v. 07.10.2010, Az. 29 C 1352/10 Betriebsrisiko der Fluggesellschaft, auch bei regelm. Wartung keine a.U.
Bordcomputer Fehlwarnung AG Rüsselsheim, Urt. v. 19.07.2010, Az.: 3 C 257/10 (35) Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Bordtoilette außer Betrieb LG Darmstadt, Urt. v. 16.06.2010, Az. 7 S 200/08 Betriebsrisiko/Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Bordtoilette verstopft AG Rüsselsheim, Urt. v. 12.09.2011, Az.: 3 C 1047/11 Verstopfung von den Passagieren hervorgerufen wurde - Betriebsrisiko der Fluggesellschaft keine a.U.
Bremsklötze vergessen - Rückwärtsrollen AG Frankfurt a. M., Urt. v. 05.11.2009, Az.: 32 C 1379/09 Betriebsinterner Fehler - Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Druckübertragungsleitung Störung LG Darmstadt, Urt. v. 16.06.2010, Az.: 7 S 200/08 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Engine Fire Detection System - beschädigter Sensor AG Köln, Urt. v. 05.04.2006, Az.: 118 C 595/05 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Fahrwerkschacht schließt nicht LG Frankfurt, Urt. v. 06.02.2012, 2-24 O 219/11 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Fahrwerkschacht Sensor defekt LG Berlin, Urt. v. 07.02.2008, Az.: 57 S 26/07 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Funkausfall im Flugzeug BGH, Urt. v. 18.01.2011, Az.: X ZR 71/10 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Geruchsentwicklung, die auf techn. Defekt hindeutet AG Erding, Urt. v. 13.03.2013, Az. 3 C 2101/12 kein von außen kommendes, unerwartetes Ereignis, Risikobereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Hochdruckventil defekt LG Frankfurt a. M., Urt. v. 01.09.2011, Az.: 2-24 S 65/11 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Höhenruderanzeige defekt AG Rüsselsheim, Urt. 23.11.2011, Az.: 3 C 2273/11 Unvorhersehbarkeit des Defekts (durch übliche zumutbare Wartungsarbeiten und -intervalle nicht erkennbar) ist unerheblich keine a.U.
Hydraulikprobleme LG Stuttgart, Urt. v. 20.04.2011, Az. 13 S 227/10, AG Wedding, Urt. v. 24.05.2007, Az. 22a C 38/07 auch bei plötzlichem Auftreten - Leistungsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Kabinendruck AG Nürnberg, Urt. v. 05.04.2013, Az.: 18 C 1219/10 Techn. Probl. mit Kabine betrifft Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Kerosinfilter verstopft AG Rüsselsheim, Urt. v. 18.04.2013, 3 C 2265/12 (39) Beschaffung einwandfreien Kerosins ist Kern des Leistungsbereichs der Fluggesellschaft keine a.U.
Kurzwellenfunkgerät defekt AG Rüsselsheim, Urt. v. 17.04.2013, Az.: 3 C 3319/12 (36) Funkgerät bereits zwei Tage vor Durchführung des Fluges defekt keine a.U.
Landeklappen - Systemdefekt AG Köln, Urt. v. 26.07.2010, Az.: 126 C 96/09 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Lautsprechersystem fällt aus AG Bremen, Urt. v. 03.07.2007, Az. 4 C 393/06 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Motorenausfall AG Rüsselsheim, Art. v. 31.05.2010, Az.: 3 C 146/10 (33) Ausfall zweier unabhängig voneinander arbeitender Motoren, die die Funktion eines Ventils steuern keine a.U.
Motorschaden - defekter Kompressor AG Rüsselsheim, Urt. v. 11.08.2010Az.: 3 C 774/10 (31) auch bei seltenem Defekt Organisationsbereich der Fluggesellschaft betroffen keine a.U.
Notfallbeleuchtung Ausfall LG Köln, Urt. v. 19.03.2008, Az.: 10 S 391/06 Fluggesellschaft hat keinen ausreich. Beweis geführt keine a.U.
Ölfilter Ausfall am Triebwerk AG Rüsselsheim, Urt. v. 28.05.2010, Az.: 3 C 390/10 (3) Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Reifen am Bugrad geplatzt AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 31.05.2011, Az.: 20 C 84/11 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Reifendefekt am Hauptfahrwerk AG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.09.2010, Az.: 30 C 1048/10 (32) Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Reverse Flow Check Controller defekt AG Rüsselsheim, Urt. v. 18.04.2012, Az.: 3 C 2273/11 (35) Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Schmorgeruch in der Kabine AG Rüsselsheim, Urt. v. 11.10.2007, Az.: 3 C 1339/06 auf dem Weg von der Parkposition zur Startbahn keine a.U.
Spoiler - Riss im Gehäuse LG Darmstadt, Urt. v. 01.12.2010, Az.: 7 S 66/10 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Störklappenantrieb defekt LG Darmstadt, Urt. v. 20.07.2011 7, Az.: S 46/11 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Stromanlage fällt aus AG Frankfurt, Urt. v. 16.02.2007, Az. 30 C 1701/06 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Tanköffnung - schadhafter Dichtungsring LG Korneuburg, Urt. v. 11.03.3014, Az.: 21 R 287/13y Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Treibstoffanzeige defekt BGH, Urt. v. 18.02.2010, Az.: Xa ZR 95/06 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Treibstoffleck AG Köln, Urt. v. 09.04.2010, Az.: 124 C 407/09 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Treibstoffzufuhr gestört BGH, Urt. v. 18.01.2011, Az.: X ZR 71/10; HG Wien, Urt. v. 13.03.2010, Az.: 60 R 114/06 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Triebwerk - Strömungsabriss AG Köln, Urt. v. 10.03.2010, Az.: 132 C 304/07 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Triebwerk - Warnschleife verbogen AG Rüsselsheim, Urt. v. 27.11.2012, Az.: 3 C 2752/11 (32) Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Türelektronik defekt AG Rüsselsheim, Urt. v. 08.11.2006, 3 C 821/06 Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.
Warnlicht hinteres Cross Feed Ventil - Relais defekt AG Rüsselsheim, Urt. v. 19.08.2010, Az.: 3 C 1528/09 (31) Organisationsbereich der Fluggesellschaft keine a.U.

Siehe auch

Technischer Defekt: weitere Rechtsprechung

Gericht, Urteil vom… Aktenzeichen Zusammenfassung (siehe Reiserecht-Wiki)
EuGH, Urteil vom 31.01.2013 C-12/11
  • Eine Urlauberin buchte bei einem Luftfahrtunternehmen einen Flug nach Island. Weil während ihres Urlaubs ein Vulkan ausbrach und der Luftraum in der Folge gesperrt wurde, wurde ihr Rückflug annulliert. Die Klägerin war anschließend gezwungen, eine Woche länger als geplant im Urlaubsland zu bleiben.
  • Die Kosten für Hotel und Verpflegung verlangt sie nun vom Luftfahrtunternehmen zurück.
  • Dieses weigert sich der Zahlung. In dem Ausbruch eines Vulkans sei ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen, der die Airline von einer Haftung befreie.
  • Der Europäische Gerichtshof hat der Klägerin Recht zugesprochen. Der Ausbruch eines Vulkans sei für ein Luftfahrtunternehmen nicht vorherzusehen. Zweifellos könne es auch die entsprechenden Folgen nicht abwenden, weshalb das Vorliegen von haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umständen grundsätzlich zu bejahen sei.
  • Die Mehrkosten für Verpflegung und Unterkunft hätte die Airline allerdings unabhängig von etwaigen außergewöhnlichen Umständen zu tragen. Durch die vertraglich vereinbarte Beförderung, sei eine Abhängigkeit der Klägerin, von der Leistung der Beklagten entstanden.
  • In einem solchen Verhältnis dürfe die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers als unterlegene Vertragspartei nicht vernachlässigt werden. Aus diesem Grund sei das Luftfahrtunternehmen für die Versorgung der Passagiere verantwortlich.
  • Die Verantwortlichkeit beschränke sich allerdings auf die notwendigen und angemessenen Ausgaben. Alles darüber Hinausgehende habe der Verbraucher selbst zu tragen.
EuGH, Urteil vom 22.12.2008 C-549/07
  • Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin von einem Luftfahrtunternehmen Ausgleichszahlungen i. S. d.  Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gefordert, nachdem ein Flug, den die Klägerin bei der Beklagten gebucht hatte, annulliert worden war. Die Beklagte hatte sich jedoch geweigert, Ausgleich zu leisten und sich dabei auf einen außergewöhnlichen Umstand i. S. d. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 berufen, weil es am Flugzeug zu einem technischen Defekt gekommen war. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun zu klarzustellen, wie ein „außergewöhnlicher Umstand“ zu definieren ist und welche Ereignisse unter die Definition fallen.
  • Der EuGH stellt in seinem Urteil klar, dass technische Probleme, die bei der Wartung von Flugzeugen entdeckt oder evtl. infolge einer unterbliebenen Wartung auftreten, nicht als „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 zu werten sind.
  • Außergewöhnliche Umstände führen zu Verspätungen oder Annullierung, die vom Luftfahrtunternehmen nicht verhindert werden können, selbst wenn dieses gem. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 „alle zumutbaren Maßnahmen“ zur Vermeidung dieser Umstände trifft. Unter diesen Maßnahmen sind solche zu verstehen die im Eintrittsmoment des außergewöhnlichen Umstands personell, finanziell und materiell tragbar sind.
BGH, Urteil vom 24.09.2013 X ZR 160/12
  • Im vorliegenden Fall buchte die Klägerin einen Flug bei der Beklagten, einen Luftfahrtunternehmen. Dieser Flug konnte allerdings mit einer Verspätung von 24 Stunden starten. da  ein Vogel  in  ein Triebwerk der Maschine geraten war. Die Klägerin erhebt daher Anspruch auf Zahlung eines Ausgleiches durch die entstandene Verspätung.  Sie beruft sich daher auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte weigerte sich eine Ausgleichszahlung zu leisten,  da sie meint, dass ein Vogel im Triebwerk, einen außergewöhnlichen Umstand rechtfertige und sie daher von der Haftung befreit seien.


  • Das Gericht entschied das ein Vogel im Triebwerk, ein außergewöhnlichen Umstand darstellt, da dieses Ereignis nicht vorhersehbar war. Das Luftfahrtunternehmen hatte darauf keinen Einfluss und kann daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden.
BGH, Urteil vom 21.08.2012 X ZR 146/11
  • Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug von Amerika nach Düsseldorf. Vor dem geplanten Abflug kündigte das Luftfahrtunternehmen einen Pilotenstreik an, wegen dem der Flug in der Folge annulliert wurde. Die Kläger buchten einen späteren Flug und kamen mit einer zweitägigen Verspätung in Düsseldorf an.
  • Aus diesem Grund verlangen die Kläger von dem beklagten Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1  EU VO 261/2004. Die Airline weigert sich der Zahlung und begründet den Flugausfall mit dem Vorliegen außergewöhnlicher Umstände.
  • Der Bundesgerichtshof hat der beklagten Airline Recht zugesprochen. Ein außergewöhnlicher Umstand, der das Luftfahrtunternehmen von der Haftung befreien könnte, sei vorliegend zu bejahen.
  • Außergewöhnliche Umstände seien Risiken, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind. Zu einem Streik führende Tarifstreitigkeiten innerhalb des Luftfahrtfahrtunternehmens seien grundsätzlich erkennbar innerbetrieblichen Ursprunges und lägen folglich im Handlungsradius einer Airline.
  • Da vorliegend das beklagte Luftfahrtunternehmen jedoch alles in seiner Macht stehende getan hatte, um die Tarifstreitigkeiten zu lösen und einen reibungslosen Flugablauf zu gewährleisten, könne es hier nicht haftbar gemacht werden. Eine Ausgleichszahlung im Sinne von Art.7 Fluggastrechte-Verordnung stehe den Geschädigten nur in Fällen einer Pflichtverletzung des Unternehmens zu. Eine solche sei hier jedoch nicht erkennbar.
BGH, Urteil vom 18.02.2010 Xa ZR 95/06
  • Die Kläger buchten bei einem Luftfartunternehmen eine Flug von Frankfurt am Main bis Toronto und zurück.Aufgrund einer technischen Störung verschob sich der Rückflug auf den folgenden Tag, was zur Folge hatte, dass die Kläger mit einer Verspätung von 25 Stunden am Zielflughafen Frankfurt am Main angekommen sind.
  • Die Kläger haben das Luftfahrtunternehmen verklagt und dabei eine Ausgleichszahlung von 600 € pro Person gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 .  Das beklagte Luftfahrtunternehmen wies diese Forderung jedoch mit der Begründung ab, dass es sich lediglich um eine Verspätung handelte, die auf einen technischen Defekt zurückzuführen sind und daher außergewöhnliche Umstände im Sinne der VO vorliegen. Deswegen scheide ihre  Haftung aus.
  • Der BGH entschied, dass den Klägern wegen erheblicher Verspätung eine Ausgleichzahlung zusteht, da die Voraussetzungen des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 erfüllt sind. Auch liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor. Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, sind für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsleistung wegen Annullierung eines Fluges befreien können.
BGH, Urteil vom 12.11.2009 Xa ZR 76/07
  • Der Kläger buchte beim beklagten Luftfahrtunternehmen, mit Firmensitz in Vilnus, einen Flug von München nach Vilnus. Aufgrund eines, bei der Tagesinspektion entdeckten, Defekts am Triebwerk wurde der Flug 30 Minuten vor dem geplanten Abflug annulliert woraufhin der Kläger einen Flug nach Vilnus über Riga nehmen musste. Letztendlich traf der Kläger in Vilnus ein, jedoch mit einer Verspätung von rund sechs Stunden. Der Kläger forderte eine Entschädigung in Höhe von 250 € gemäß Art. 5 und Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
  • Das Amtsgericht Erding hat dem Kläger die Entschädigung zugesprochen. Auf Berufung des beklagten Luftfahrtunternehmen hat das Oberlandesgericht München die Klage abgewiesen und festgestellt, dass deutsche Gerichtshöfe keine Zuständigkeit für Klagen im internationalen Flugrecht haben.
  • Der Bundesgerichtshof hat den Fall anschließend den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung vorgelegt, welcher zum Entschluss kam, dass der Kläger frei wählen könnte zwischen den Gerichten am Abflugs- und Zielort. Somit hat sich die Klage als begründet erwiesen und die Feststellung der deutschen Gericht darüber, dass gelegentlich auftretende technische Defekte an Flugzeugen keinen außergewöhnlichen (haftungsbefreienden) Umstand begründen wurde rechtskräftig.
LG Darmstadt, Urteil vom 23.07.2014 7 S 126/03
  • Ein Reisender buchte bei einer Airline einen Linienflug. Auf dem Rollfeld mussten die Passagiere die Maschine jedoch wieder verlassen, weil eine Schraube in die Turbine geflogen war und diese dadurch stark beschädigt wurde. Wegen der notwendigen Reparaturzeit verspätete sich der Flug um mehrere Stunden. Der Reisende verlangt nun von seiner Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung im Sinne von Art. 5 der Fluggastrechteverordnung wegen erheblicher Verspätung.
  • Die Airline weigert sich der Zahlung. In dem Fremdkörper in der Turbine sei ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen, der die Gesellschaft von der Haftung befreie.
  • Das Landgericht Darmstadt hat die Klage abgewiesen. Gemäß Art. 5 der Fluggastrechte Verordnung entfalle die Ausgleichspflicht einer Airline im Falle eines außergewöhnlichen Umstands. Ein solcher liege stets dann vor, wenn der Flug wegen Umständen, die außerhalb der Verantwortlichkeitssphäre der Luftfahrtgesellschaft lägen, einen Abflug unmöglich machen würden.
  • Ein Fremdkörper in der Turbine sei ein Umstand, der von der Airline nicht vorauszusehen oder zu kontrollieren sei. Wegen des fehlenden Verschuldens der Gesellschaft habe diese dem Kläger keine Ausgleichspauschale zu entrichten.
LG Darmstadt, Urteil vom 01.12.2012 7 S 66/10
  • Der Kläger begehrt von der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, eine Ausgleichszahlung, weil seine Ankunft am Zielflughafen sich um mehr als 53 Stunden verzögerte.
  • Die Airline verweigert die Zahlung. Mit der Begründung, dass die Ursache für die Verspätung ein technischer Defekt war. Dieser sei ein außergewöhnlicher Umstand, der sie von einer Haftung befreie.
  • Das Landgericht Darmstadt hat zu Gunsten des Klägers entschieden.
  • Kommt es zu einer Flugverspätung steht den Fluggästen grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu. Von diesem Anspruch kann das Luftfahrtunternehmen, durch einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004,  befreit werden.
  • Ein außergewöhnlicher Umstand wird begründet, wenn die Flugverspätung durch Ereignisse verursacht wird, welche nicht im Rahmen des normalen Betriebs eines Luftfahrtunternehmens üblich sind. Zudem müssen diese Ereignisse auch unbeherrschbar sein.
  • Somit stellt ein technischer Defekt nicht immer einen außergewöhnlichen Umstand dar, da diese auch zwischen Wartungsintervallen auftreten können, was zum Risiko des Betriebs eines Luftfahrtunternehmens gehört.
  • Dem Kläger wurde die Ausgleichszahlung folglich zugesprochen.
LG Frankfurt, Urteil vom 06.02.2012 2-24 O 219/11
  • Der Kläger buchte bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug. Kurz nachdem die Maschine  startete, drehte sie wieder um und landete auf dem Ausgangsflughafen. Der Kläger wurde daraufhin mit einer Ersatzmaschine befördert. Der Grund für hierfür war, dass das Fahrwerk nach dem Start nicht richtig eingefahren werden konnte.
  • Der Kläger begehrt nun eine Ausgleichszahlung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
  • Die Beklagte trägt an, dass es sich bei diesem technischen Defekt um einen außergewöhnlichen Zustand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 handele. Zudem besteht für den Kläger aus ihrer Sicht kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 da der Flug mit dem der Kläger tatsächliche befördert wurde, planmäßig erfolgte.
  • Nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt liegt in diesem Fall kein außergewöhnlicher Umstand vor, da sich bei diesem Defekt das allgemeine Betriebsrisiko verwirklicht hat. Des Weiteren hat der Kläger zwar keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung, jedoch wegen Annullierung. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ist dahingehend auszulegen, dass eine Annullierung auch dann noch vorliegt, wenn der Flieger unmittelbar nach dem Start wieder auf dem Ausgangsflughafen landen muss.
LG Frankfurt, Urteil vom 01.09.2011 2-24 S 65/11
  • Ein Kläger buchte einen Flug bei einer Airline. Weil während des Fluges ein Ventil im Flugzeug beschädigt wurde, musste die Maschine zwischenlanden. Im Anschluss an die Reparatur, die rund 3 Stunden in Anspruch nahm, wurde der Flug fortgesetzt. Der Kläger kam mit einer entsprechend hohen Verspätung am Zielflughafen an.
  • Er verlangt nun eine Ausgleichszahlung vom beklagten Luftfahrtunternehmen.
  • Dieses weigert sich der Zahlung. Ein plötzlich auftretender Defekt sei nicht zu kontrollieren.
  • Außerdem sei man pünktlich gestartet. Eine Abflugverspätung im Sinne der FluggastrechteVO sei nicht gegeben.
  • Das Landgericht Frankfurt hat die Klage abgewiesen. Grundsätzlich seien Fluggäste für eine mehr als 3-stündige Verspätung zu entschädigen. Dies gelte in Einzelfällen auch bei Verspätungen wegen plötzlich auftretenden technischen Defekten am Flugzeug.
  • Keine Entschädigung gebe es jedoch, wenn der für die Verzögerung verantwortliche Umstand, erst nach dem Abflug in Erscheinung tritt.
  • Die Entstehung eines Ausgleichsanspruchs nach Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 wegen Verspätung setzt zusätzlich voraus, dass der Tatbestand von Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 erfüllt ist. Es muss also schon der Start mit einer Verzögerung erfolgen, die die zulässigen Grenzen übersteigt.
  • Beträgt die Entfernung zwischen Abflugort und Zielort über 3.500 km und verspätet sich der Abflug aufgrund technischer Probleme um weniger als 4 Stunden, so liegt  keine relevante Abflugverspätung vor.
LG Stuttgart, Urteil vom 20.04.2011 13 S 227/10
  • Im vorliegenden Fall buchte der Kläger bei der Beklagten, ein Luftfahrtunternehmen, einen Flug von Hamburg nach Stuttgart. Ankunftszeit in Stuttgart sollte der 11.10.2007 um 22.15 Uhr sein. Stattdessen betrug die Ankunftszeit 08.10 Uhr am Folgetag. Nun macht der Käger gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch geltend.
  • Das Landgericht Stuttgart sprach ihm einen solchen Anspruch zu. Dieser entfällt hier nicht etwa wegen außergewöhnlichen Umständen, durch die der Flug sich verspätete, gemäß Artikel 5 Abs. 3 der VO EG Nr. 261/2004. Die Beklagte trag lediglich vor, dass ein technischer Defekt vorlag, welcher behoben werden musste. Die ordnungsgemäße Wartung und Instandsetzung des Fluges begründet jedoch keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der VO EG Nr. 261/2004.
  • Dahin stehen kann weiterhin, ob hier eine Flugannullierung oder eine Flugverspätung im Sinne der VO vorlag. Denn der EuGH hat im Hinblick auf die Anwendung des Ausgleichsanspruchs nach Art. 7 der VO EG Nr. 261/2004 Fluggäste eines verspäteten Fluges mit einem Zeitverlust von drei Stunden oder mehr – bezogen auf die ursprüngliche Ankunftszeit – denjenigen eines annullierten Fluges gleichgestellt. Diese Entscheidung und Auslegung des EuGH ist- in vergleichbaren Fällen- auch in den nationalen Gerichten anzuwenden, da eine einheitliche Anwendung des Unionsrecht erforderlich ist. Folglich kann der Kläger von der Beklagten gemäß Art. 5 Abs. 1 c) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 a) der VO EG Nr. 261/2004 eine Ausgleichszahlung verlangen.
LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010 7 S 200/08
  • Ein Flug, den die Klägerin bei der Beklagten gebucht hatte, konnte aufgrund eines technischen Defekts erst mit einer Verspätung von 23 Stunden starten. Dementsprechend spät erreichten die Klägerin und ihre drei Begleiter ihren Zielort. Wegen der entstandenen Verspätung fordert die Klägerin von der Beklagten Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Abs. 1 c der EG-Verordnung Nr. 261/2004 i. H. v. EUR 600,00 pro Person. Die Beklagte fordert hingegen die Klage abzuweise, weil es sich bei diesem Sachverhalt lediglich um eine Flugverspätung nicht aber um eine Flugannullierung gehandelt habe.
  • Das Landgericht Darmstadt hält die Klage für größtenteils berechtigt und spricht der Klägerin und ihren Mitklägerinnen Ausgleichszahlungen i. H. v. EUR 400,00 statt der geforderten EUR 600,00 zu. Zwar sei es zutreffend, dass es sich bei der streitgegenständlichen Flugreise um eine Flugverspätung und nicht um eine Flugannullierung gehandelt habe.
  • In der Auslegung der Art. 5, 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 würden Fluggäste verspäteter Flüge im Hinblick auf eine Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge allerdings gleichgestellt. Diese könnten also den in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch geltend machen, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von mindestens drei Stunden oder mehr erleiden.
  • Die technischen Probleme am Fluggerät, die laut Aussage der Beklagten zu der Verspätung des Fluges führten, stellten nach Ansicht des Landgerichts keinen „außergewöhnlichen Umstand“ i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 261/2004 dar. Allein die relative Seltenheit eines technischen Ausfalls an einer Maschine oder der logistische Aufwand zur Beseitigung dieses Mangels entlastet das Luftfahrtunternehmen nach Art. 5 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 261/2004 nicht von Ausgleichsansprüchen der Reisekunden.
LG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2009 22 S 215/08
  • Vorliegend buchte der Kläger bei der Beklagten einen Flug von Düsseldorf nach Miami und zurück, wodurch die Parteien einen Luftbeförderungsvertrag schlossen. Der Rückflug konnte aufgrund eines technischen Defekts nicht wie geplant ausgeführt werden. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Flugannullierung bzw. Flugverspätung nach der Fluggastverordnung.
  • Das Landgericht sprach dem Kläger einen Anspruch auf Ausgleichzahlung nach der Fluggastverordnung zu. In dem hier zu entscheidenden Fall war Ursache des Triebwerkschadens, der zur Annullierung des streitgegenständlichen Fluges geführt hatte, unstreitig ein Defekt am hydraulischen Antrieb der verstellbaren Luftleitschaufeln des Triebwerks. Das Risiko, dass ein Triebwerkschaden wegen eines Defekts am hydraulischen Antrieb auftritt, fällt in die betriebliche Sphäre der Beklagten. Hierauf hat das Luftfahrtunternehmen einen gewissen Einfluss.
  • Mithin begründet der hier vorliegende technische Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der VO, die das Luftfahrtunternehmen von einer Inanspruchnahme befreien könnten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat.
LG Köln, Urteil vom 19.03.2008 10 S 391/06
  • Im vorliegenden Fall buchten der Kläger und seine Ehefrau einen Flug, der am 16.02.2006 um 15.30 Uhr von Düsseldorf nach Madrid starten sollte. Der Flug wurde jedoch am 16.02.2006 nicht durchgeführt. Stattdessen wurden der Kläger und seine Ehefrau auf einen anderen Flug mit einer anderen Maschine umgebucht, und sodann mit dieser anderen Maschine über eine andere Flugroute, nämlich über Barcelona nach Madrid befördert. Der Kläger kam erst 4 Stunden nach geplanter Ankunftszeit an seinem Reiseziel an.
  • Der Kläger begehrt eine Ausgleichszahlung für die Verspätung.
  • Das Gericht entschied, dass dem Kläger einen Anspruch auf die Ausgleichszahlung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. b) der EG-Verordnung Nr. 261/2004 zusteht. Es konnte nicht festgestellt werden, ob es möglich gewesen wäre, den Defekt rechtzeitig vor dem Check-In zu beheben. Eine Verspätung von mehr als 3 Stunden ist jedoch ersatzpflichtig und wird wie eine Annullierung gehandhabt. Es konnte kein außergewöhnlicher Umstand nachgewiesen werden, der sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
LG Berlin, Urteil vom 07.02.2008 57 S 26/07
  • Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug von Florenz über München nach Berlin. Der Abflug wurde jedoch zuerst verschoben und dann wurde der Flug annulliert. Die Ursache für die Annullierung war ein defekter Sensor. Aufgrund dieses Defekts ließ sich das Fahrwerk der Maschine nicht einfahren. Die Kläger nahmen deshalb das beklagte Luftfahrtunternehmen, unter Berufung auf eine Flugannullierung, auf Zahlung einer Ausgleichsleistung aus Verordnung (EG) Nr. 261/2004 in Anspruch. Das Luftfahrtunternehmen verweigert die Zahlung mit der Begründung, der Defekt stelle einen außergewöhnlichen Umstand dar.
  • Das LG Berlin hat im Sinne des Beklagten entschieden und dem Kläger die Ausgleichszahlung nicht zugesprochen. Ein defekter Sensor ist als ein außergewöhnlicher Umstand einzustufen, da dieser auch durch sorgfältige und regelmäßige Wartung nicht vermieden werden konnte und somit dicht der Sphäre des Beklagten zuzuordnen ist. Der hier aufgetretene Defekt ist desweiteren ein Sicherheitsrisiko und ein unerwarteter Flugsicherheitsmangel. Würde man technische Defekte als Ausschlussgrund i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 verneinen, so würde man wirtschaftlich schwächere Luftfahrtgesellschaften dazu verleiten, gewisse Risiken einzugehen, um Annullierungen und damit Verpflichtungen zu Ausgleichsleistungen zu umgehen.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 24.07.2013 3 C 2159/12
  • Die Kläger buchten bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug von Antalya nach Düsseldorf. Dieser Flug wurde von der Beklagten mit einer Verspätung von rund 7,5 Stunden durchgeführt. Grund dafür war, dass sich im Pitot-Rohr der Maschine, welches für die Flugsicherheit unverzichtbar ist, ein Insekt befunden hatte. Die Maschine konnte deshalb nicht starten.
  • Die Kläger begehren nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004, wegen eines technischen Defekts des Flugzeugs. Die Beklagte beruft sich jedoch auf einen haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umstand.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim weist die Klage ab und spricht der Beklagten Recht zu. Der Grund der zur Verspätung des streitgegenständlichen Fluges geführt habe, sei als außergewöhnlicher Umstand gem. Art. 5. Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu bewerten. Das beklagte Luftfahrtunternehmen konnte nachweisen, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgehtund sich diese auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
  • Bei der Beurteilung eines außergewöhnlichen Umstands müsse mehr auf dessen Ursache und nicht auf die Folge abgestellt werden. Ein Insekt im Pitot-Rohr sei dementsprechend äußerst selten und ein außergewöhnlicher Umstand liege deshalb vor.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 18.04.2013 3 C 2265/12
  • Der Kläger buchte bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug. Der Flug wurde jedoch nicht wie geplant durchgeführt, sondern mittels einer Ersatzmaschine erst am nächsten Tag. Grund hierfür war, dass sich in der ursprünglich für den Flug vorgesehenen Maschine der Kerosinfilter verstopft hatte. Aufgrund dieser Verspätung begehrt der Kläger von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Verspätung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte weigert sich der Zahlung und beruft sich bei diesem Vorfall auf einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
  • Das Amtsgericht in Rüsselsheim hat dem Kläger jedoch die begehrte Ausgleichszahlung zugesprochen, da ein verstopfter Kerosinfilter zu den üblichen Risiken und Gefahren im Betrieb eines Flugzeuges durch ein Luftfahrtunternehmen gehört.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 17.04.2013 3 C 3319/12
  • Die Kläger begehren eine Ausgleichszahlung von dem sie befördernden Luftfahrtunternehmen. Wegen eines technischen Defekts, hatte der Pilot eine Routenänderung vornehmen müssen und war zwangsweise auf einem Ausweichflughafen gelandet.
  • Die Kläger sehen hierin eine faktische Annullierung des gebuchten Fluges und fordern eine Entschädigungsleistung.
  • Die Airline hält dem das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstand entgegen und sieht sich in ihrer Haftung befreit.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim hat den Klägern Recht zugesprochen. Die Ausgleichszahlung, nach Art. 7 Fluggastrechte-VO, stehe Fluggästen zu, die ihr Flugziel mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden erreichen. In dem Abweichen von der gebuchten Route und dem unplanmäßigen Zwischenhalt, sei eine faktische Annullierung des Fluges zu sehen.
  • Die Verspätungsdauer richte sich nach der Differenz zwischen der geplanten und der tatsächlichen Ankunft am Zielflughafen. Da die Verzögerung im vorliegenden Fall deutlich mehr als 3 Stunden betrug, seien die Passagiere zu entschädigen.
  • Auf einen außergewöhnlichen Umstand könne sich die Airline dabei nicht berufen, da ein technischer Defekt kein unvorhersehbarer Zwischenfall sei, der sich außerhalb des Machtbereichts des Luftfahrtunternehmens befinde.
AG Erding, Urteil vom 13.03.2013 3 C 2101/12
  • Vorliegend buchte der Kläger bei der Beklagten einen Flug von Fuerteventura nach München, wodurch die Parteien einen Luftbeförderungsvertrag schlossen. Dieser Flug hatte eine Verspätung von insgesamt 17 Stunden aufgrund eines technischen Defekts. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung nach der Fluggastverordnung.
  • Das Amtsgericht Erding sprach dem Kläger einen Anspruch auf Ausgleichzahlung nach der Fluggastverordnung zu. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine Flugverspätung oder Flugannullierung vorlag. Wenn der Flug mehr als 3 Stunden Verspätung hatte, steht den Fluggästen ebenso ein Ausgleichsanspruch zu, wie bei einer Flugannullierung. Hier erlitten die Fluggäste einen Zeitverlust von 17 Stunden durch den verspäteten Flug.
  • Mithin begründet der hier vorliegende technische Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der VO, die das Luftfahrtunternehmen von einer Inanspruchnahme befreien könnten. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem technischen Defekt um einen „electric smell“ handelt, da dieser  der Risikosphäre der Fluggesellschaft zugerechnet wird und kein von außen kommendes unbeherrschbares Ereignis darstellt.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.07.2012 3 C 468/12
  • Der Kläger buchte bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug von Palma de Mallorca nach Düsseldorf. Dieser Flug verspätete sich um 11 Stunden, da die für den Flug vorgesehene Maschine bei der Abfertigung von einem Bodenfahrzeug auf dem Rollfeld des Flughafens beschädigt wurde. Der Kläger begehrt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen nun eine Ausgleichszahlung wegen der Flugverspätung im Sinne des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Das beklagte Luftfahrtunternehmen weigert sich der Zahlung und beruft sich bei diesem Vorfall auf einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim hat entschieden, dass es sich in diesem Fall um keinen außergewöhnlichen Umstand handelt, da ein Unfall mit einem Bodenfahrzeug auf dem Rollfeld zu dem allgemeinen Betriebsrisiko eines Luftfahrtunternehmens gehört. Auch eine Verantwortlichkeit des Fahrzeugführers sei auszuschließen, da sich ein Luftfahrtunternehmen ein fahrlässiges Verhalten eines Angestellten des Flughafens jedenfalls dann, gemäß § 278 BGB, zurechnen lassen muss, wenn er den Schaden in Erfüllung seiner Pflichten gegenüber dem Unternehmen hervorruft.
  • Dem Kläger wurde folglich eine Ausgleichszahlung zugesprochen.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 25.07.2012 3 C 1132/12
  • Die Beklagte, ein Luftfahrtunternehmen, hatte mit mehreren aufeinanderfolgenden außergewöhnlichen Umstanden und Problemen zu kämpfen. Zuerst wurde die Flugroute aufgrund einer Luftraumsperrung geändert, sodass die Maschine statt nach Hamburg, nach Hannover fliegen sollte.
  • Anschließend wurde bei dem oben genannten Flug der Startpunkt geändert. Grund hierfür war eine Aschewolke im Luftraum.
  • Am neu angesetzten Startpunkt verzögerte sich der Abflug wegen eines technischen Defekts erneut.
  • Der Kläger fordert eine Ausgleichszahlung wegen der hierdurch entstandenen Flugverspätung und der Änderung des Zielflughafens.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim hat dem Kläger Recht zugesprochen. Obwohl in der Luftraumsperrung und der Aschewolke außergewöhnliche Umstände zu sehen seien, die die Airline von einer Haftung ausschließen würden, war es der technische Defekt, der letztendlich zur faktischen Annullierung des Fluges führte.
  • Technische Defekte sind indes nicht als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsleistung wegen Verspätung oder Annullierung eines Fluges befreien können.
  • Ihnen kann unter allen Umständen vorgebeugt und entgegengewirkt werden. Weil der Defekt über die Zeit der Luftraumsperrung hinaus den Abflug verzögerte, sei diese nicht als haftungsbefreiend anzusehen.
  • Dem Kläger stehe aus diesem Grund eine entsprechende Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu.
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 31.05.2011 20 C 84/11
  • Der Kläger buchte bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug. Der Abflug sollte 22:10 erfolgen, wurde jedoch erst am Folgetag um 07:25 Uhr durchgeführt, weil die Räder des Flugzeugs bei der Landung geplatzt sind und ausgetauscht werden mussten. Wegen der Verspätung begehrt der Kläger von dem Beklagten eine Ausgleichszahlung im Sinne des Art. 7 der EGV 261/2004. Das Luftfahrtunternehmen weigert sich der Zahlung und trägt vor, dass mit dem geplatzten Reifen ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 der EGV 261/2004 vorgelegen hat.
  • Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat im Sinne des Klägers entschieden und ihm die begehrte Ausgleichszahlung zugesprochen. Ein geplatzter Reifen bei einem Flugzeug stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar, da sich bei diesem Ereignis ein Risiko verwirklicht hat, was zu dem normalen Betriebsablauf im Luftverkehr gehört.
AG Frankfurt, Urteil vom 07.10.2010 29 C 1352/10
  • Vorliegend buchte der Kläger bei der Beklagten einen Flug von Frankfurt am Main nach Philadelphia (USA), wodurch die Parteien einen Luftbeförderungsvertrag schlossen. Dieser Flug hatte eine Verspätung von insgesamt 5 Stunden aufgrund eines technischen Defekts. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Flugannullierung bzw. Flugverspätung nach der Fluggastverordnung.
  • Das Amtsgericht Frankfurt sprach dem Kläger einen Anspruch auf Ausgleichzahlung nach der Fluggastverordnung zu. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine Flugverspätung oder Flugannullierung vorlag. Wenn der Flug mehr als 3 Stunden Verspätung hatte, steht den Fluggästen ebenso ein Ausgleichsanspruch zu, wie bei einer Flugannullierung. Hier erlitten die Fluggäste einen Zeitverlust von 5 Stunden durch den verspäteten Flug.
  • Mithin begründet der hier vorliegende technische Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der VO, die das Luftfahrtunternehmen von einer Inanspruchnahme befreien könnten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 19.08.2010 3 C 1528/09
  • Die Kläger hatten bei einer Reiseveranstalterin eine Pauschalreise gebucht inklusive Hin- und Rückflug gebucht. Der Hinflug sollte am 06.09.2009 durch die Beklagte, ein Luftfahrtunternehmen erfolgen. Allerdings ist dieser Flug mit einer Ankunftsverspätung von fünf Stunden und fünfunddreißig Minuten ausgeführt worden.
  • Die Kläger fordern deshalb nun eine Ausgleichzahlung gem. Artikel 7 Abs. 1 b der Verordnung (EG) 261/2004 i.H.v. 400,– Euro  wegen der eingetretenen Flugverspätung. Die Beklagte fordert die Abweisung der Klage und beruft sich dabei auf einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der obengenannten Verordnung. Sie behauptet, dass ein Relais des Warnlichts des hinteren Cross Feed Ventils defekt gewesen sei und der Flug deshalb erst mit Verspätung habe starten können.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim hält die Klage für überwiegend begründet und spricht den Klägern die geforderten Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 Abs. 1 b der Verordnung (EG) 261/2004 i.H.v. 400,– Euro gegen die Beklagte zu, weil diese den streitgegenständlichen Flug erst mit einer Verspätung von 5 Stunden und 35 Minuten durchgeführt habe, was einen Anspruch auf Ausgleichszahlung rechtfertige, obwohl keine Annullierung vorliege.
  • Bei dem vorliegenden behaupteten Defekt des Warnlichtes handele es sich demnach nicht um einen außergewöhnlichen Umstand. Technische Defekte, die im Luftfahrtbetrieb gelegentlich auftreten können seien für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände und das beklagte Luftfahrtunternehmen habe foglich für die entstandene Verspätung zu haften.
AG Köln, Urteil vom 26.07.2010 126 C 96/09
  • Im vorliegenden Fall buchte der Kläger für sich und seine Ehefrau ein Hin – und Rückreise per Flugzeug. Als Bezahlung wählte der Kläger die angesammelten 60.000 Prämienmeilen pro Person, welche für die Business-Class verwendet wurden. Bei der Rückreise teilte man dem Kläger mit dass das Flugzeug nicht startet und somit eine Annullierung vorliegen würde. Man bot ihn an seine Rückreise über Wien nach Frankfurt durchzuführen. Dieses Angebot nahm der Kläger für sich und seine Ehefrau an. Er flog dort allerdings nur in der Economy Class, wofür auf dem Bonusmeilenkonto des Klägers 20.000 Prämienmeilen als Entschädigung gutgeschrieben wurden sind.
  • Sie landeten in Frankfurt anschließend mit einer Verspätung von 8 Stunden. Der eigentliche Rückflug kam in Frankfurt erst mit einer Verspätung von 29 Stunden an, nachdem man den technischen Defekt am Flugzeug behoben hatte. Der Kläger erhebt nun einen Anspruch auf Ausgleichszahlung für die Verspätung von der Beklagten.
  • Die Beklagte meint, dass das der nichtdurchgeführte Start der Maschine auf ein Defekt der Landeklappen zurückzuführen ist. Dieses wurde erst kurz vor dem Start bemerkt und war nicht ersichtlich, daher handelt es sich um einen außergewöhnlichen Umstand. Des Weiteren wurde der Start lediglich verschoben und nicht annulliert.
  • Das Gericht entschied, dass es sich bei dem Defekt der Landeklappen um kein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, da kein  Problem auf Vorkommnisse zurückgeht, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind. Die 20000 Prämienmeilen die dem Kläger gutgeschrieben wurden sind, können nicht als Entschädigung herhalten, da der Kläger mit einer größeren Bonusmeilensumme gezahlt hat, aber nicht nutzen konnte.
AG Köln, Urteil vom 09.04.2010 124 C 407/09
  • Flugreisende klagten gegen eine nicht-europäische Fluggesellschaft wegen der Annullierung ihres Fluges nach Hawaii. Außerdem verlangten sie die Erstattung von Mehrkosten, die ihnen aufgrund der Verzögerung entstanden waren, bzw. der nutzlos gewordenen Hotelübernachtung. Die Beklagte trug vor, wegen ihres außereuropäischen Sitzes nicht nach europäischen Verordnungen belangt werden zu können und berief sich überdies auf außergewöhnliche Umstände in Form eines technischen Defekts.
  • Das Amtsgericht Köln stellte fest, dass die europäische Fluggastrechteverordnung Anwendung findet, obwohl die Beklagte ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union hat, da sie Flüge in deren Gebiet anbietet. Außergewöhnliche Umstände lagen nicht vor, da technische Defekte betriebsinterne, vorhersehbare Ereignisse sind. Demnach wurde den Klägern der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für die Annullierung gewährt. Jedoch stand ihnen nach Auffassung des Gerichts die Erstattung der Mehrkosten nicht zu, da diese nicht auf einem grobfahrlässigen Verschulden der Beklagten basierten.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 11.10.2007 3 C 1339/06
  • Im vorliegenden Fall buchte die Klägerin bei der Beklagten einen Flug von M nach N und zurück. Zunächst wurde auf den Anzeigetafeln eine Verspätung des Fluges angezeigt, bis die Passagiere in ein Hotel verbracht wurden. Dort sollten sie sich zur Abholung am nächsten Morgen zwischen 11.00 und 12.00 Uhr bereithalten. Der Rückflug erfolgte erst um 16.42 Uhr. Die Klägerin verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastverordnung.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim sprach der Klägerin einen solchen Anspruch zu. Der Flug fand hier 20 Stunden später statt als geplant und die Passagiere wurden über Nacht in ein Hotel entlassen, ohne dass ihnen eine Verspätung dergestalt angezeigt wurde, wann am nächsten Tag der Flug gehen sollte. Somit liegt eine Flugannullierung vor, wodurch ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung begründet wird.
  • Mithin begründet der hier vorliegende technische Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der VO, die das Luftfahrtunternehmen von einer Inanspruchnahme befreien könnten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat. Möglich wäre es gewesen ein Ersatzflug zu organisieren, damit es nicht zu einer Flugannullierung kommt.
AG Bremen, Urteil vom 03.07.2007 4 C 393/06
  • Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger Schadensersatz für eine nicht ordnungsgemäß erbrachte Flugleistung. Er buchte bei der Beklagten einen Flug von Bremen nah Paris, um von dort nach Saba über St. Maarten zu gelangen. Am Abflughafen Bremen teilte man ihm am Flugtag mit, dass der Flug nach Paris durch einen technischen Defekt am Flugzeug selbst, annulliert wurde.
  • Ein Ausweichflug um das Flugzeug in Paris zu erreichen, lehnte die Beklagte ab. Der Kläger konnte seine Reise erst am Folgetag beginnen. Sein eigentliches Urlaubsziel erreichte er allerdings erst 2 Tage später, da dorthin nicht jeden Tag Flüge gehen.
  • Das Gericht entschied der Klage stattzugeben, da es sich bei dem technischen Defekt der Maschine um keinen außergewöhnlichen Umstand handelt. Dieser würde nur eintreten, wenn die Flugsicherheit gefährdet wäre. Die konnte die Beklagte aber nicht nachweisen, da handelt es sich lediglich um einen Defekt, welcher Routinemäßig behoben werden kann und somit vorhersehbar war.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 08.11.2006 3 C 821/06
  • Im vorliegenden Fall klagte ein Passagiere gemäß seiner Fluggastrechte gegen ein Luftfahrtunternehmen, weil sein Flug annulliert worden war. Die Airline berief sich zu ihrer Verteidigung auf außergewöhnliche Umstände, die in einem technischen Defekt am Fluggerät bestanden hätten.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim entschied, dass keine außergewöhnlichen Umstände vorlagen.
  • Diese müssen nämlich außerhalb des direkten Einflussbereichs des Beschuldigten liegen, was vorliegend nicht gegeben war. Dem Fluggast wurde der Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen.
AG Köln, Urteil vom 05.04.2006 118 C 595/05
  • Im vorliegenden Fall buchte der Kläger einen Flug von Stuttgart nach Mailand. Dieser Flug wurde annulliert, da die Fluggesellschaft behauptet ein defekt des Flugzeuges würde vorliegen. Der Kläger musste stattdessen einen Tag später von Zürich nach Mailand fliegen. Der Kläger verlangt nun von der Fluggesellschaft einen Schadensersatz für die entstanden Mehrkosten.
  • Das Gericht entschied das dem Kläger der Schadensersatz zusteht, da die Fluggesellschaft nicht ausführlich begründen konnte, wo der technische Defekt lag. Ein technischer Defekt am Sensor des Engine Fire Detection Systems kann durchaus einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, edoch muss dies substantiiert vor Gericht vorgetragen werden.
LG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017 5 S 142/17 Fallen durch einen leitungsbedingten Ausfall aller Primär- und Back-up Systeme sämtliche Check-In-Schalter einer Fluggesellschaft aus, so liegt darin ein außergewöhnlicher Umstand.