Entschädigung Flugausfall

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In diesem Artikel sollen grundlegend dargestellt werden, aus welchen Rechtsgrundlagen ein von einem Flugausfall betroffener Fluggast Rechte auf Entschädigung zustehen.

Was ist ein Flugausfall?

Definition

Flugausfall

Unter einem Flugausfall versteht man das Ausfallen und Nichtdurchführen eines Fluges.


Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bezeichnet der Begriff „ Flug“ einen Luftbeförderungsvorgang, der in gewisser Weise eine Einheit der Beförderung darstellt, die von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird, das die entsprechende Flugroute festlegt. Ein Flugausfall ist daher als ein Oberbegriff für alle Situationen anzusehen, bei dem ein Flug nicht durchgeführt wird. Der Begriff [[Flugausfall] ist wertungsfrei und beschreibt nicht weiter, von wem dieser ausgeht.

Andere Begriffe

Neben dem Begriff des "Flugausfalls" werden teilweise noch andere Bezeichnungen - teilweise synonym - gebraucht.

Flugannullierung

Von einer Annullierung eines Fluges ist regelmäßig im Zusammenhang mit der europäischen Fluggastrechteverordnung die Rede.

Sinnhaft stellt eine Flugannullierung auch immer einen Flugausfall dar. Nach Artikel 5 der Fluggastrechteverordnung zeichnet sich eine Flugannullierung aber gerade dadurch aus, dass sie von der Seite des Luftfahrtunternehmens ausgeführt wird.

Dies ergibt sich auch aus Art. 2 lit. l) der Fluggastrechteverordnung, in der die Annullierung als Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war, definiert wird. Ein geplanter Flug liegt weiterhin vor, wenn die Fluggesellschaft diesen in ihren Flugplan aufgenommen, diesen nach Abflug- und Zielort, Abflugs- und Ankunftszeit festgelegt, mit einer Flugnummer versehen und zur Buchung freigegeben hat.

Kommt es zu einer Annullierung eines Fluges, der den betroffenen Fluggästen nicht mindestens zwei Wochen vor Zeitpunkt des geplanten Abflugs kommuniziert wird, so haben diese regelmäßig Anspruch auf eine Ausgleichzahlung aus Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung (siehe dazu unten).

Flugstornierung

Wieder anders verhält es sich bei einer Flugstornierung. Diese geht nämlich nicht wie die Annullierungvon dem entsprechenden Luftfahrtunternehmen aus, sondern vom jeweiligen Fluggast.

Die Beweggründe des Fluggastes sind hierbei grundsätzlich unerheblich, können aber zum Beispiel in einer Erkrankung oder anderen persönlichen Gründen liegen. Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Flugstornierung durch einen Fluggast die Inanspruchnahme der anderen Reisenden nicht berührt.

Möglicherweise kann der Reisende den bereits geleisteten Reisepreis (teilweise) zurückverlangen, siehe hierzu ausführlich: Flugstornierung.

Flug gecancelt/gestrichen

Ist davon die Rede, dass ein Flug gecancelt oder gestrichen wird, so liegt regelmäßig eine Situation vor, in der ein geplanter Flug gar nicht mehr durchgeführt wird. Sinnhaft liegt also der selbe Sachverhalt wie bei einer Flugannullierung vor.

Flugausfall Frist

Bei einem Flugausfall sind zweierlei Fristen denkbar:

Ankündigungsfrist einer Annullierung

Die erste Frist im Zusammenhang mit Flugannullierungen betrifft das Luftfahrtunternehmen. Ein Fluggast hat nämlich grundsätzlich einen Anspruch auf die Ausgleichszahlung nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung, es sei denn:

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder

ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder

iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.

Frist zur Geltendmachung

Zudem stellt sich die Frage, in welcher Frist, das heißt wie lange nach dem schädigenden Ereignis - der Flugannullierung - der Fluggast seinen bestehende n Anspruch geltend machen kann.

Hierbei ist zunächst festzustellen, dass die europäische Fluggastrechteverordnung selbst keine Vorschriften über eine etwaige Verjährung der sich aus ihr ergebenden Ansprüche trifft.

In dieser Sache urteilte der EuGH, dass sich "die Frist, innerhalb deren Klagen auf Zahlung der in den Art. 5 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Ausgleichsleistung erhoben werden müssen, nach dem nationalen Recht der einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt, sofern diese Modalitäten den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz wahren" (EuGH, 22.11.2012 - C-139/11).

Es gelten also die allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB. Auf dieser Linie entschied der BGH, dass die zeitlichen Grenzen für die Durchsetzung der Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der VO sich gemäß dem im vorliegenden Fall noch anwendbaren Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB nach dem für Verträge anwendbaren deutschen Sachrecht richten“ (BGH, Urt. v. 10.12.2009, Az: Xa ZR 61/09).

Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung verjähren also innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist des deutschen Zivilrechts, welche drei Jahre beträgt.

Flugausfall welche Entschädigung

Kommt es zu einem unangenehmen Flugausfall, stehen dem Fluggast als Entschädigung mehrere Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung zu:

Ausgleichsleistung

Regelmäßig geht es einem Fluggast bei einem Flugausfall zunächst um eine finanzielle Entschädigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Hierfür stehen dem Fluggast im Falle eines Flugausfalls die Ausgleichszahlungen aus Artikel 5 in Verbindung mit Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung zu.

Voraussetzung - in bezug auf einen Flugausfall - ist dafür zunächst, dass ein solcher Flugausfall im Sinne der Verordnung vorliegt. Dies ist bei einer Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war, der Fall.

Somit besteht bereits grundsätzlich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung, der aber entfällt, wenn das Luftfahrtunternehmen unter anderem mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über den Ausfall unterrichtet (siehe ausführlich oben "Frist").

Ebenfalls entfällt der Anspruch auf Ausgleichsleistungen, wenn sich das Luftfahrtunternehmen auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände berufen kann.

Betreuungsleistungen

Neben diesem auf finanziellen Ausgleich gerichteten Anspruch auf Ausgleichszahlung steht einem betroffenen Fluggast aber regelmäßig auch ein Anspruch auf Betreuungsleistungen nach Artikel 8 der Verordnung zu.

Hierbei handelt es sich nicht um eine finanzielle Entschädigung, sondern vielmehr Leistungen an den Fluggast, die seine nunmehr entstandene Wartezeit angenehmer gestalten.

Diese Leistungen sind konkret:

  • Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, wobei eine Mahlzeit eine warme oder kalte Speise darstellt, die reichhaltig sein muss
  • zwei Telefonanrufe (oder E-Mails, Telefaxe oder Telexe)

und, falls ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig ist:

  • Hotelunterbringung
  • Beförderung zwischen Flughafen und Hotel.

Hier ist ferner zu beachten, dass diese Leistungen verschuldensunabhängig zu erbringen sind, das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände entlastet das Luftfahrtunternehmen also nicht von seiner Pflicht.

Außerdem sind die Betreuungsleistungen neben der Ausgleichszahlung zu erbringen und dürfen nicht aufeinander angerechnet werden.

Flugausfall Entschädigung Höhe

Die Höhe der Ausgleichszahlung bemisst sich nach der Entfernung zwischen Reisestart und Reiseziel, die nach der Großkreismethode berechnet wird:

Entfernung Entschädigung
Bis 1500 Kilometer 250€
Bis 3500 Kilometer 400€
Mehr als 3500 Kilometer 600€

Die Ausgleichszahlung wird gemäß Art. 7 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung "durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen" gewährt.
Fluggäste müssen sich daher nicht damit zufrieden geben, von der Fluggesellschaft direkt bloß einen Gutschein angeboten zu bekommen.

Flugausfall Entschädigung pro Person

Der Entschädigungsanspruch steht grundsätzlich jedem Fluggast zu.

Fluggast ist jeder, der als Flugzeuginsasse nicht zum fliegenden Personal oder zum Flugpersonal zählt. Auf die Reservierung eines Sitzplatzes kommt es insoweit nicht an (AG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 40 C 1745/11).

Damit sind insbesondere auch Kinder und Kleinkinder umfasst, sie haben ebenfalls einen Anspruch auf die Ausgleichsleistungen der Fluggastrechteverordnung. Erforderlich ist aber, dass für die Beförderung des Kindes ein Entgelt bezahlt wurde.

Dies ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 der Fluggastrechteverordnung, hiernach besteht ein Entschädigungsanspruch „nicht für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisen, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist." Unerheblich ist aber die Höhe des Beförderungsentgelts, es gelten stets die entfernungsabhängigen Pauschalbeträge der Fluggastrechteverordnung(siehe dazu oben):

Flugausfall Entschädigung Pauschalreise

Neben der Fluggastrechteverordnung kann sich bei einem Flugausfall auch aus anderen Rechtsgrundlagen ein Anspruch auf Entschädigung ergeben, insbesondere aus dem deutschen Pauschalreiserecht.

Vorliegen einer Pauschalreise

Damit die Vorschriften des Pauschalreiserechts überhaupt anwendbar sind, muss zunächst eine Pauschalreise vorliegen.

Diese ist - so die Legaldefinition des § 651a BGB - eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. Was eine Reiseleistung ist, bestimmt sich nach $ 651a Absatz 3: Reiseleistungen können demnach insbesondere die Beförderung von Personen sein, ebenso Beherbergung oder Vermietung von Kraftfahrzeugen. Allgemein kann auch jede andere touristische Leistung eine Reiseleistung darstellen.

Zentral ist also, dass bei einer Pauschalreise das Interesse des Reisenden über die alleinige Beförderung hinausgeht. Nur dann sind die Ansprüche und deren Rechtsfolgen aus dem Pauschalreiserecht anwendbar.

Vorliegen eines Mangels

Um in den Genuss der Rechte des Pauschalreiserechts zu gelangen, muss grundsätzlich ein Reisemangel vorliegen. Die Definition des Reisemangels in Paragraph 651i BGB weist eine negative Formulierung auf:

Eine Reise ist demnach frei von Mängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Sollte keine solche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden sein, kommt es auf die Tauglichkeit der Pauschalreise für den vertraglich vorausgesetzten Nutzen an. Wurde auch solch einer nicht vertraglich festgehalten, ist eine Reise dann frei von Reisemängeln, wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach Art der Pauschalreise erwarten kann.

Entschädigung bei Flugausfall

Häufig kommt es vor, dass zumindest eine der zu erbringenden Reiseleistungen im Rahmen der Pauschalreise die Beförderung des Reisenden mit einem Flugzeug ist.

Hierbei ist festzuhalten, dass ein Flugausfall regelmäßig einen Reisemangel begründet. Der betroffene Fluggast kann also auch aus dem Pauschalreiserecht einen Schadensersatzanspruch ableiten.

Ein solcher Anspruch ist allerdings nach Artikel 12 der Fluggastrechteverordnung mit einem aus der Verordnung bestehenden Anspruch auf Ausgleichszahlung zu verrechnen.

Siehe auch