Electronic Flight Bag

Aus PASSAGIERRECHTE
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Der Begriff „Electronic Flight Bag“ (EFB) bezieht sich auf jegliche tragbaren elektronischen Anzeigegeräte, die in erster Linie im Cockpit oder in der Kabine benutzt werden. EFB-Geräte können eine Vielzahl an Daten speichern und darstellen oder einfache Berechnungen der Flugzeugleistung oder Treibstoffverbrennung durchführen.

In der Vergangenheit wurden die Daten meist auf Papierformularen berechnet, die an Bord des Luftfahrzeuges mitgeführt werden mussten. Flugdienstberaten stellten den Luftbeförderungsunternehmen die Rohdaten auf verschiedenen Wegen bereit. Idealerweise soll ein vollständig konfiguriertes EFB-Gerät den Weg zum „papierlosen“ Cockpit erleichtern.

EFB-Systeme können auch verschiedene andere gehostete Datenbanken und Anwendungen umfassen, indem sie von verschiedenen Technologien, Formaten und Kommunikationsformen Gebrauch machen. Geräte mit EFB-Funktion werden auch als Auxiliary Performance Computer (APC) oder Laptop Auxiliary Performance Computer (LAPC) bezeichnet (zu Deutsch etwa: Hilfsleistungscomputer).

EFB-Hardware sollte als ein Teil eines EFB-Systems gesehen werden, in dem die Wirksamkeit der Hardware-Funktion durch ihren Platz in diesem System gewährleistet wird.

Klassifizierung

EFB-Hardware wurde in drei Klassen je nach ihrer Komplexität unterteilt.

EFB-Systeme der Klasse 1 benötigen keine Musterzulassung durch eine nationale Luftfahrtbehörde. Sie können sowohl auf dem Boden, als auch während des Fluges verwendet werden, müssen jedoch für den Start und die Landung verstaut werden. Ihre alleinige Funktion ist es, Zusatzinformationen zu liefern. Sie können keine andere Geräte oder Systeme ersetzen.

Die Hardware ist:

  • Grundsätzlich handelsübliche, seriengefertigte Computersysteme, die für die Verwendung im Flugzeug angepasst wurden,
  • Tragbar,
  • An das Stromnetz des Flugzeuges angeschlossen,
  • Nicht befestigt,
  • Aus administrativen Gründen als ein tragbares elektronisches Gerät gesehen (Portable Electronic Device, PED),
  • Ohne Verbindung zu Flugzeugdaten, außer in Ausnahmefällen.

EFB-Systeme der Klasse 2 müssen begrenzt zugelassen werden. Obwohl sie auch als tragbare elektronische Geräte gelten, muss ein Eintrag in das technische Bordbuch gemacht werden, um ein solches EFB-Gerät aus dem Flugzeug zu entfernen. Es kann an die Stromversorgung und an den Datenverbindungsport des Flugzeuges angeschlossen werden, sodass es interaktive Leistungsberechnungen durchführen kann. Damit können Gewicht und Balance sowie die Start- und Landegeschwindigkeit berechnet und wichtige vorher zusammengestellte Daten, zum Beispiel Navigationskarten, angezeigt werden. Geräte mit EFB-Systemen der 2. Klasse müssen bei Starts und Landungen nicht weggeräumt werden, sodass Piloten sich Abflug-, Ankunfts- und Anflugkarten anzeigen lassen können.
EFB-Systeme der Klasse 2 haben folgende Eigenschaften:

  • Grundsätzlich handelsübliche, seriengefertigte Computersysteme, die für die Verwendung im Flugzeug angepasst wurden,
  • Tragbar,
  • An das Stromnetz des Flugzeuges angeschlossen,
  • Wenn im Einsatz, an andere Oberflächen montiert,
  • Anschließbar an das Strom- und Datennetz des Flugzeuges,
  • Können kurzfristig ausgeschaltet werden,
  • Aus administrativen Gründen als ein tragbares elektronisches Gerät gesehen (Portable Electronic Device, PED),
  • Dürfen mit anderer Avionik verbunden werden.

EFB-Systeme der Klasse 3 sind auf Dauer eingebaute Vorrichtungen, die eine Genehmigung bzw. eine Betriebserlaubnis sowie eine Musterzulassung durch Luftfahrtbehörden benötigen. Je nach Modell können sie mit GPS oder einem Flugmanagementsystem verbunden werden und die GPS-Position mit Positions- und Geschwindigkeitsvektoren von anderen Flugzeugen sowie grafische Wetterinformationen zu einer einheitlichen, detaillierten Bewegungskarte kombinieren. Durch ihre detaillierten Datenbanken können solche Systeme auch vor Hindernissen oder nahem Gelände warnen.
Bei der Betriebszulassung muss besonders die Integrität des EFB-Systems einschließlich der Datenspeicherung, Anzeigen, Tastatur, Stromschaltvorgang sowie die Mensch-Maschine-Schnittstelle berücksichtigt werden.

Lufttüchtigkeitsaspekte

EFB der Klasse 1 werfen Fragen der elektromagnetischen Störungen und Verwendung von Lithium-Batterien auf, die vor der Verwendung der Geräte angegangen werden sollen. Insbesondere sollen folgende Risiken behoben vor der Installation behoben sein:

  • Auslaufrisiko,
  • Sicheres Lagern von Ersatzteilen, insbesondere im Hinblick auf die Gefahr eines Kurzschlusses,
  • Gefahren, die mit dem Aufladen des Geräts verbunden sind, einschließlich Überhitzung der Batterie,
  • Alle anderen damit verbundenen Risiken.

Die Stromquelle eines EFB-Gerätes sollte so ausgelegt sein, dass es jederzeit abgeschaltet werden kann. Je nach der beabsichtigten Verwendung kann es angebracht sein, eine alternative Stromversorgung zur Verfügung zu haben. Das EFB-Gerät muss nicht an ein Flugzeugsystem angeschlossen sein, es kann jedoch mit einem System ausschließlich auf dem Boden verbunden werden.
Kann die Flugbesatzung den Stecker nicht sofort herausziehen, mit dem das EFB-Gerät an das Stromnetz des Flugzeuges angeschlossen wurde, so muss es möglich sein, das Aufladen des Geräts sofort zu unterbrechen.

Umgebungstests, insbesondere Tests zur schnellen Druckentlastung, müssen möglicherweise durchgeführt werden, wenn die Cockpit-Umgebung, in der das Gerät eingesetzt wird, potenziell schwer vorherzusagen ist. Da jedoch viele EFB-Geräte Serienware sind, können für sie die Ergebnisse vergleichbarer EFB-Modelle angewandt werden, wenn sie die Tests bereits durchgelaufen haben. Die Überprüfungen sind, hingegen, bei neuen Modellen und Batterietypen erneut durchzuführen.

EFB der Klasse 2 müssen eine Musterzulassung für ihre Montage, passive Sicherheit (crashworthiness) bei der Installation sowie hinsichtlich der Datenkonnektivität und des Stromanschlusses haben. Sie können mehrere Montagevorrichtungen haben, wenn sie sich aus mehreren Teilen zusammensetzen. Die Montagevorrichtungen dürfen die Sicht oder den Zugang zu anderen Steuerungsoberflächen im Cockpit nicht blockieren. Dies gilt auch für den Bildschirm oder andere Elemente des EFB-Systems.
Bezüglich der physischen Verwendung der Geräte gelten dieselben Bedenken, wie bei EFB der Klasse 1. Datenverbindungen dürfen mit anderen Datenflüssen nicht interferieren und müssen von anderen Flugzeugsystemen isoliert werden.
EFB der Klasse 2 empfangen Daten von Flugzeugsystemen, können aber selbst keine Daten senden, außer zu komplett isolierten Systemen (in beide Richtungen).

EFB der Klasse 3 müssen eine komplette Musterzulassung hinsichtlich ihrer beabsichtigten Funktion und der Sicherheit der Schnittstellen mit anderen Datenquellen der Flugzeugavionik.

Bevor ein EFB-System in Betrieb genommen wird, muss der Betreiber der zuständigen Luftfahrtbehörde nachweisen, dass das System die Risikoprüfung bestanden hat. Das Ziel der Risikoprüfung ist es, zu demonstrieren, dass das EFB-System mindestens dasselbe Niveau an Zugänglichkeit, Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit erreicht, wie das Anzeigegerät, welches es ersetzt. Wird mit dem Einsatz des EFB komplett auf Papierformulare verzichtet, so ist eine detaillierte Risikoanalyse notwendig.
Die Analyse soll.

  • Potenzielle Funktionsverluste oder Fehlfunktionen und dazugehörige Ausfallszenarien identifizieren,
  • Betriebliche Auswirkungen dieser Ausfallszenarien untersuchen,
  • Mittel vorschlagen, mit denen diese Risiken minimiert werden können.

Software-Bestimmungen

Die Funktionalität eines EFB-Systems hängt von den darauf geladenen Anwendungen ab. Die Anwendungen werden in drei Typen unterteilt (A, B und C), damit zwischen ihren Fähigkeiten und folglich auch den Zulassungsformalitäten eine klare Trennung herrscht. Bestehen Zweifel bezüglich der Klasse einer Anwendung, so muss vor der Zulassung eine Beurteilung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit erfolgen.

Anwendungen der Klasse A sind solche, bei denen Fehlfunktion, Missbrauch oder falsche Einstellungen keinen negativen Einfluss auf die Sicherheit bei jeglichen Vorgängen haben wird. Basisanwendungen der Klasse A können auf allen Hardware-Typen gehostet werden und müssen nicht genehmigt werden. In allen anderen Fällen muss der Betreiber zuerst eine Genehmigung bei der zuständigen Behörde beantragen. Die Behörde kann nur Software der Klassen A und B genehmigen, die sich in der folgenden Liste finden:

  • Dokumentenbrowser,
  • Elektronische Luftfahrtkarten
  • Anzeigen der Überwachungskameras in der Kabine und außerhalb des Flugzeuges.

In anderen Fällen das nur die EASA die Evaluation vornehmen.

Anwendungen der Klasse B haben folgende Eigenschaften:

  • Sie dienen nicht als Ersatz oder Duplikat von jeglichen anderen Anwendungen oder Funktionen, die gemäß einer Richtlinie oder Vorschrift eine Musterzulassung benötigen,
  • Ein Versagen oder Missbrauch des Systems hat eine unerhebliche negative Wirkung auf die Sicherheit,
  • Sie besitzen keine Eigenschaften oder Fähigkeiten, die für eine Anwendung der Klasse C typisch ist.
  • Sie benötigen eine Betriebsgenehmigung, aber keine Musterzulassung.

Anwendungen der Klasse C sind jene, die nicht in die Kategorien A und B zugeordnet werden können.
Jegliche Anwendungen, die folgende Eigenschaften bzw. Funktionen aufweisen, werden als Typ C kategorisiert:

  • Anzeigen von Informationen, mit denen die Crew die Position oder die Flugbahn des Flugzeuges überprüfen, berichtigen oder ableiten kann, zum Beispiel um eine bestimmte Route zu fliegen oder schlechtes Wetter, Hindernisse oder andere Flugzeuge zu umgehen.
  • Anzeigen von Informationen, mit denen die Cockpit-Crew den tatsächlichen Zustand wichtiger Flugzeugsysteme beurteilen kann als Ersatz für vorhandene Avionik.
  • Kommunikation mit Flugverkehrsdiensten,
  • Austausch von Daten mit anderen Flugzeugsystemen.

Für die Installation eines EFB-Systems der Klasse C ist sowohl eine Betriebsgenehmigung als auch eine Musterzulassung notwendig. Sie können benutzerdefinierbare Daten oder Software enthalten. Die Grenzen der Modifizierbarkeit müssen im Rahmen der Musterzulassung festgelegt werden.

Betriebsverfahren für die Crew und Sicherheit

Anwendungsverfahren sollen so konzipiert sein, dass die Crew weiß, welches System für einen bestimmten Zweck zu verwenden ist, insbesondere, wenn die Informationen von EFB und von Flugzeugsystemen gleich sind. Auch soll Vorgehensweise in Fällen definiert werden, wo die Anzeigen oder Daten sich unterscheiden, oder wenn ein EFB-System mit einem anderen EFB-System nicht übereinstimmt. Bei mehreren Informationsquellen muss eine festgelegt werden, die bei Diskrepanzen priorisiert wird.

Betriebsverfahren dürfen die bereits vorhandene Arbeitsbelastung nicht zusätzlich erhöhen, insbesondere dürfen nicht beide Piloten gleichzeitig mit dem EFB-System beschäftigt sein. Die Piloten teilen sich die Aufgaben so, dass ein Pilot immer andere Instrumente und Anzeigen beobachten bzw. bedienen kann.

Das EFB-System soll sicher gegen unbefugte Zugriffe sein (z.B. schädliche Software). Vor dem Start soll geprüft werden, dass das System korrekt funktioniert und Daten korrekt und vollständig sind. Je kritischer und wichtiger die Funktionen des Systems sind, umso höher muss das Niveau an Sicherheit sein. Zum Beispiel, ein EFB, das nur eine Liste von Treibstoffpreisen enthält, muss nicht mit gleicher Sorgfalt geschützt werden, wie ein EFB, mit dem wichtige Leistungsberechnungen durchgeführt werden. EFB's, die Daten an andere Systeme senden können, müssen ebenfalls sicherer sein als Geräte ohne diese Funktion.
Das notwendige Maß an Sicherheit kann beispielsweise mit folgenden Maßnahmen gewährleistet werden:

  • Individuelle Firewall,
  • Bündelung von Systemen mit ähnlichen Sicherheitsstandards in Domäne,
  • Datenverschlüsselung und Autorisierung,
  • Virenprüfung,
  • Ständige Aktualisierung des Betriebssystems,
  • “Weiße Listen“ für erlaubte Internet-Domains,
  • VPNs
  • Vergabe von Zugriffsrechten nur, wenn notwendig,

In 2012 schlug die EASA neue Lufttüchtigkeits- und Betriebskriterien für die Zulassung von EFB vor, die drei Hauptaspekte beinhalteten:

  • Verbesserte Definition der EFB-Klassen und Typen, um sie genauer und objektiver zu machen und insbesondere um eine bessere Trennung zwischen Geräten zu schaffen, die zu der Avionik des Flugzeuges gehören und anderen, Nicht-Avionik-Bestandteilen des Cockpits,
  • Die vorgeschlagene Datenkonnektivität für EFB und Avionik ist:
    • Nicht erlaubt für Geräte der Klasse 1,
    • Empfang erlaubt für EFB der Klasse 2,
    • Erlaubt in beide Richtungen für Klasse 3,
  • Neudefinition der Aufgaben und Pflichten der zuständigen Behörden auf nationaler Ebene und der Agentur unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Grundverordnung und der damit verbundenen bevorstehenden Durchführungsbestimmungen, insbesondere für den Flugbetrieb und für Betriebseignungsdaten (OSD).

Die EASA ist der Auffassung, dass inkorrekte Benutzung der EFB-Geräte Sicherheitsbedenken aufwerfen kann. Die Technologie auf dem kommerziellen Markt entwickelt sich ständig weiter, sodass die Nachfrage nach EFB-Geräten und -Anwendungen und deren Einsatzhäufigkeit weiter steigen werden. Die Agentur braucht regulatorische Initiativen zum frühestmöglichen Zeitpunkt.

Rechtliches

Genau wie jeder andere Teil der technischen Ausrüstung im Flugzeug kann ein EFB-Gerät defekt sein. Bei EFB-Geräten und Anwendungen der Klasse 1 könnte das noch unproblematisch sein. EFB's der Klasse 3 sind jedoch wesentlich komplexer, jegliches Bedenken bezüglich der Richtigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Anzeigen und Berechnungen sollte ernst genommen werden.

Technische Probleme mit EFB haben in der Vergangenheit bereits zu ernsthaften Unfällen geführt. Der Flug B742 der Halifax Canada stürzte am 14. Oktober 2004 bei Startversuch im Halifax International Airport ab und wurde vom Aufprall zerstört. Die Crew rechnete mit einem EFB die V-Geschwindigkeit und die Schubkrafteinstellungen falsch aus.

Wenn defekte Geräte kurzfristig vor dem Abflug entdeckt werden, können Flugverspätungen bis hin zu Annullierung die Folge sein. Technische Defekte stellen meist keinen außergewöhnlichen Umstand dar, jeder Verspätungs- bzw. Annullierungsfall bedarf jedoch immer einer Einzelprüfung.

Links

Siehe auch

Urteile und Rechtsprechung