Reisekatalog

Aus PASSAGIERRECHTE
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Bedeutung der Prospektbeschreibung

Der Reiseprospekt des Veranstalters oder der Auftritt im Internet ist normalerweise die einzige Informationsquelle des Reisenden über das Angebot und die nähere Leistungsbeschreibung. Auch wesentliche Informationen zu Klima, Lage, Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten von Unterkunft und Urlaubsort sind in den allermeisten Prospekten enthalten. Daher ist der Reiseprospekt die bedeutendste Vertrauensgrundlage für ein künftiges Vertragsverhältnis zwischen Reisenden und Reiseveranstalter. Der Prospekt ist somit auch oft der Grund für die Abgabe der Willenserklärung zum Abschluss des Vertrages. Dieses vertrauen auf die Informationen verdichtet sich mit dem Vertragsschluss zum beiderseitig vereinbarten Leistungsinhalt, wenn und soweit es sich bei den Prospektangaben nicht um offensichtliche Werbeaussagen ohne Gehalt handelt.

Der Reiseprospekt hat somit eine zweifache Aufgabe. Zum einen dient es ökonomisch gesehen dem Reiseveranstalters als Werbung für die Umsatzsteigerung und den Kunden als Informationsquelle oder individuelle Entscheidungshilfe. Auf der anderen Seite übernimmt der Prospekt in Form einer Informationsquelle zugleich eine normative, haftungssteuernde Funktion für das Reiserecht, indem die Sollbeschaffenheit der Pauschalreise näher konkretisiert wird. Bei Reiseplattformen und Bewertungsportalen wird in Eigenregie anhand der Erfahrung von anderen Reisenden versucht, die Angaben des Veranstalters zu überprüfen. Daher könnte man meinen, dass das Vertrauen in die vom Reisenden aufgrund der Bewertungsportale als falsch oder unwahr erkannten Prospektbezeichnungen keinen Schutz mehr genießt, und somit keine Grundlage für einen Reisemangel sein kann. Dies ist jedoch abzulehnen.

Ein normatives Vertrauen in den Prospekt wird nicht ersetzt durch ein tatsächliches Vertrauen in private Reiseberichte. Bei dem Vertrauen in die Angaben des Prospekts handelt es sich um ein typisiertes Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben, das von konkreten Vertrauen strickt zu unterscheiden ist.

Da es auch wegen der Beurteilung der Mangelhaftigkeit einer Reise in erster Linie auf das von den Parteien Vereinbarte ankommt, ergibt sich die Sollbeschaffenheit der Reise zumindest aus der Prospektbeschreibung, auf die die Parteien beim Vertragsabschluss Bezug nehmen. Daraus lassen sich wichtige Leistungskriterien ableiten. Bei der Auslegung des Leistungsangebotes des Veranstalters auf der Grundlage des Prospektes kommt es darauf an, wie ein verständiger Durchschnittsreisender die Prospektbeschreibung verstehen durfte. Es besteht keine Pflicht, „zwischen den Zeilen zu lesen“. § 651 d Absatz 1 Satz 1, 3 und 5 BGB i.V.m. Artikel 250 §§ 1- 10 EGBGB stellen sicher, dass die Prospektangaben auch verbindlicher Bestandteil der geschuldeten Reiseleistung werden, wenn die beiden Parteien bei Vertragsschluss darauf Bezug nehmen.

Leistungsbeschreibung und anpreisende Werbung

Bei Reiseprospekten muss genau herausgearbeitet werden, was zur Beschaffenheitsvereinbarung zählt, und was lediglich eine inhaltsleere Werbeaussage darstellt. Liegt eine solche vor, ist keine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen. Werbeaussagen sind in der Regel so unbestimmt, dass nicht auf eine konkrete Vereinbarung geschlossen werden kann.

Unklarheiten gehen zulasten des Veranstalters

Sofern der Prospekt sachliche Aussagen trifft, gehen Unklarheiten zulasten des Veranstalters. Die Prospektangaben konkretisieren die vertraglich geschuldete Leistung in AGB-Form nachträglich, § 305 c Absatz 2 BGB wird analog angewandt.

Grundsatz der Prospektwahrheit, -klarheit, und –vollständigkeit

Der Prospekt und anderes Informationsmaterial des Veranstalters müssen dem Grundsatz der Prospektwahrheit und- klarheit entsprechen. Ist das nicht der Fall, kann der Reisende wegen des Mangels Gewährleistungsansprüche geltend machen. Benutzt der Reiseveranstalter einen Reiseprospekt, folgt aus dem Prinzip der Prospektwahrheit und – Klarheit auch der Vollständigkeitsgrundsatz. Der Veranstalter muss alle wesentlichen Umstände der Reise darlegen. Dies ist jedoch zu unterscheiden von den „wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistung“ gemäß § 651 d Absatz 3 Satz 1 BGB i.V.m. Artikel 250 § 3 Nr. 1 EGBGB. Diese vorvertraglichen Informationen beschränken sich nur auf verpflichtende Mindestangaben für die abschließenden aufgezählten wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistung. Die Informationen nach Artikel 250 § 3 Nr. 1 EGBGB und nur als Konkretisierungen und Erweiterungen der essentialia negotii des Reisevertrages anzusehen. Aus dem Vollständigkeitsgrundsatz für die wesentlichen Reiseumstände im Prospekt resultieren dagegen auch Offenbarungspflichten für Negativ-Umstände, die mit den beschriebenen Positiv-Umständen in unmittelbarer Wechselwirkung stehen.


Werbefotos

Auch Werbefotos müssen nach dem Grundsatz der Prospektwahrheit und –klarheit „repräsentativ“ sein. Ein Retuschieren ist unzulässig. Nur unerhebliche Abweichung von der Prospektdarstellung sind unschädlich. Eine solche liegt jedoch nicht mehr vor, wenn die Beschreibung in einem maßgeblichen oder in vielen Punkten im Prospekt falsch ist.

Andere relevante (schriftliche) Aussagen

Eine wichtige Aussage im Prospekt darf nicht dort angebracht werden, wo niemand nach ihr suchen würde (z.B. eine Angabe zum Verkehrslärm im Preisteil). Relevante negative Umstände hat der Veranstalter im Prospekt in leichter verständlicher Weise darzulegen und dem Klarheits- und Transparenzgebot zu entsprechen. Die erwartbaren Informationen eines neu herausgegebenen Prospekts haben sich am neuesten Tand, und somit an aktuellen Parametern zu orientieren. Bucht der Reiseteilnehmer vor dem Erscheinen desjenigen Reiseprospektes, der den Zeitraum der gebuchten Reise betrifft, so richten sich die vom Reiseveranstalter zu erbringenden Leistungen nicht nach dem im Zeitpunkt der Buchung aktuellen Reiseprospekt, sondern nach derjenigen Prospektbeschreibung, die für den gebuchten Reisezeitraum maßgebend ist, wenn der Reiseveranstalter bei der Bestätigung auf den noch erscheinenden neuen Prospekt verweist. LG Frankfurt, Urteil vom 30-03-1987 - 2/24 S 268/86

Ungültigkeit des Prospekts

Sollte der Katalog im Zeitpunkt der Buchung bereits ungültig sein, ist der Leistungsumfang an der neuen Ausgabe zu orientieren. Wird der Gültigkeitszeitraum nicht schon durch klare Angaben eingeschränkt, sondern darüber hinaus Prospektänderungen möglich sein sollen, ist der Veranstalter verpflichtet, hierauf in deutlicher Weise hinzuweisen. Durch einen nachträglichen Prospektwechsel kann eine Vertragsänderung nicht mehr herbeigeführt werden. Was im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlag, und wenn darauf Bezug genommen wurde, gilt dies.

Drucklegungs- und Druckfehlerklausel

Eine Druckfehlerklausel in Prospekten soll bewirken, dass für Katalogbeschreibungen die jeweiligen Verhältnisse zum Zeitpunkt der „Drucklegung“ maßgeblich sind. Damit soll das Veränderungsrisiko zwischen den Drucklegungszeitpunkt und der Buchung durch den Reisenden begrenzt werden. Solche Klauseln sind jedoch gemäß § 308 Nr. 4 und § 307 BGB unwirksam. Das liegt daran, weil somit das Äquivalenzinteresse zwischen Leistung und Gegenleistung durch Umdefinition der Hauptleistungspflicht des Veranstalters maßgeblich verschoben werden kann. Der Veranstalter kann sich jedoch nicht einfach durch das Einfügen einer „Druckfehlerklausel“ im Prospekt vom vertraglich in Bezug genommenen Leistungsprogramm lossagen, indem er die fehlende Verbindlichkeit eines Fehlers durch AGB vereinbart.

Bedeutung sonstiger Vereinbarung/ Reisebestätigung

Allgemein

Die vertraglich geschuldete Leistung kann selbstverständlich auch aufgrund einer individuellen Vereinbarung der Partei festgelegt werden. Weicht die Parteivereinbarung vom Prospekt ab, ist der Kunde jedoch dafür beweisbelastet, dass sie zustande kam. Normalerweise wird die dem Reisenden auszuhändigende Reisebestätigung den Inhalt der Leistungsvereinbarung zuverlässig dokumentieren.

Sonderfall: Reisebestätigung mit negativen Abweichungen von Prospektangaben

Wird erst in der Reisebestätigung auf Störungen und Beeinträchtigungen hingewiesen, ändert dieser verspätete Hinweis an der vertraglich vereinbarten und geschuldeten Sollbeschaffenheit der Pauschalreise nichts. Ist der Vertragsschluss erst zu diesem Zeitpunkt vollendet, weil die Buchungs- und die Reisebestätigung verbunden wurde, so liegt hierin ein neues Angebot, das der Reisende nur dann annimmt, wenn er unmissverständlich die Akzeptanz dieser Abweichung zum Ausdruck bringt. Faktische Handlungen wie ein widerspruchsloser Reiseantritt sind nicht hinreichend und begründen äußerenfalls für den Veranstalter bloß den Anschein einer Annahme des neuen Angebots. Objektiv dagegen lässt das Geschehenlassen des Reisebeginns vielmehr darauf schließen, dass dem Reiseveranstalter ebenso wie dem Kunden an einem Zustandekommen des Vertrages gelegen ist und der offene Dissens nicht zur Vertragslosigkeit führen soll, sodass die Einigungslücke vom Rechtsanwender nach allgemeinen Grundsätzen zu schließen ist. Dogmatisch wird dies folgendermaßen begründet: Der Reiseprospekt, egal ob analog oder digital, einschließlich der Allgemeinen Reisebedingungen (ARB) bildet zunächst nur die Aufforderung des Veranstalters zur Abgabe eines Angebots des Reisenden (inviatio ad offerendum).

Durch die Reiseanmeldung erfolgt der Antrag des Reisenden nach § 145 BGB, der die Leistungsbeschreibung der konkreten Pauschalreise und die Reisebedingungen des Prospektes beinhaltet. Im Internet beginnt dies mit der Eingabe der Personendaten in die Buchungsmaske auf der Internetseite des Reiseveranstalters. Mit erfolgreichen Abschluss, also nach Übermittlung durch Bestätigung des letzten Buchungsschrittes ist das Angebot abgegeben. Ab hier trifft den Kunden das Zugangsrisiko, den Veranstalter das Empfangs- und Kenntnisnahmerisiko. Das Angebot ist angenommen, wenn der Reiseveranstalter die Buchungsbestätigung mündlich erteilt, aushändigt, oder übermittelt. Somit ist die Buchungsbestätigung der Anknüpfungszeitpunkt für den Vertragsschluss und dient der inhaltlichen Klärung, ob eine Einigung erzielt wurde. Bei Onlinebuchungen kann der Vertragsschluss in Anbetracht §§ 312 i Absatz 1, 312 Absatz 7 Satz 1 BGB auch schon vorher erfolgen. Ein Indiz dafür ist eine Verfügbarkeitsanfrage oder eine sofortige (An-)Zahlung des Reisepreises. Ob der Veranstalter die vertragsbegründende Buchungsbestätigung mit der Reisebestätigung im Sinne von § 651 d Absatz 3 Satz 2 BGB i.V.m. Artikel 250 § 6 EGBGB verbindet oder beide in jeweils separaten Dokumenten verschick, spielt keine Rolle, wenn die regelmäßige Annahmefrist „sofort“ gemäß § 147 Absatz 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB eingehalten wird. Eine längere Annahmefrist nach § 147 BGB mag beim Einsatz von digitalen Kommunikationsmitteln, bei denen eine Verzögerung immanent ist, z.B. Emails angenommen werden. Der Inhalt der Buchungsbestätigung muss sich mit einem uneingeschränkten „Ja“ zum Angebot des Reisenden zusammenfassen lassen.

Klauseln in den ARB über Modalitäten des Zustandekommens eines Vertrages, sind rechtlich irrelevant, da mangels Vertragsgrundlage eine lex contractus den Kunden nicht binden kann. Eine antizipierte Geltung der ARB kann nur durch eine ständig gepflegte Geschäftsverbindung geschaffen werden. Schon die kleinste Abweichung in der Leistungsbeschreibung der Buchungsbestätigung von der Reiseanmeldung des Kunden bedeuten Änderungen der Annahme, was nach § 150 Absatz 2 zwingend als Ablehnung des Angebots und als neues Gegenangebot durch den Reiseveranstalter zu bewerten ist. Dabei kommt es nicht auf die Vorteil- oder Nachteilhaftigkeit an. Um den Vertrag zu schließen, muss das Gegenangebot ebenfalls angenommen werden. Erklärt der Reisende sich nicht bereit, das Angebot anzunehmen, liegt ein offener Einigungsmangel i.S.v. § 154 BGB vor. Wenn es ersichtlich ist, dass die Parteien den Vertrag auch mit diesem Mangel oder unter den neuen Bedingungen geschlossen hätten, ist diese Abweichung unbeachtlich. Ein aufrechterhaltender Bindungswille der Parteien für den Vertragsschluss liegt insbesondere dann vor, wenn der Reiseveranstalter und Reisender mit der Durchführung des unvollständigen Pauschalreisevertrags begonnen haben, und nicht erkennbar ist, dass beide lieber eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung begehren. Das Erklärungsrisiko für die Nichtgeltung des neuen Angebots trägt insofern allein der Reiseveranstalter.

Ist ein beiderseitiger vertraglicher Bindungswille für das Zustandekommen zu bejahen, so sind die offen gebliebenen Punkte, zu denen keine Einigung erzielt wurde, nachträglich zu füllen. Zunächst hat dies durch ergänzende Vertragsauslegung erfolgen. Dafür sind Anhaltspunkte für einen hypothetischen Willen der Parteien erforderlich. Sonst sind die Vertragsnormen und Rechtsgedanken des Reiserechts zu bemühen. Bildet die offene Vertragslücke ein Beschaffenheitsmerkmal der Pauschalreise, so ist vertraglich die Stufenfolge des § 651 i Absatz 2 Satz 2 BGB zu berücksichtigen. Der offen gebliebene Punkt muss über den vorausgesetzten oder gewöhnlichen Nutzen der Pauschalreise mit Inhalt zu füllen sein. Das berufen auf ein in den ARB geregeltes Leistungsänderungsrecht nach § 651 f Absatz 2 Satz 1 BGB bei unerheblichen Änderungen ist ein Fall des widersprüchlichen Verhaltens und daher treuwidrig im Sinne von § 242 BGB, wenn der zu einer negativen Leistungsabweichung führende Umstand bereits bei Vertragsschluss dem Veranstalter bekannt oder fahrlässig unbekannt war, und erst recht, wenn er selbst den Umstand herbeigeführt oder veranlasst hat. Handelt es sich um erhebliche Leistungsänderung, ist die Berufung auf eine solche Klausel nach § 651 g Absatz 1 Satz 3 nur bei nach Vertragsschluss eingetretenen Umständen möglich. Das bloße Schweigen des Kunden auf eine geänderte Buchungsbestätigung hat keine rechtliche Relevanz, da im Reiserecht die Grundsätze über die widerspruchslose Entgegennahme von Bestätigungsschreiben Anwendung finden. Eine Konkludente Annahme des geänderten Angebots, zum Beispiel durch Zahlung des Reisepreises oder Reiseantritt kann wohl ebenfalls nicht als Einverständnis des Antragsempfängers gewertet werden, da jedenfalls das entsprechend erforderliche Erklärungsbewusstsein des Reisenden fehlt. Der Kunde muss nicht davon ausgehen, mit der Zahlung oder dem Reiseantritt etwas Rechtserhebliches zu erklären. Faktische Handlungen mit Reisebestätigungsbezug können genauso wenig als Erklärungsverzicht für die Annahme i.S.v. § 151 Absatz 1 Satz 1 BGB gedeutet werden. Diese Handlungen begründen nur den äußeren Schein einer Annahme, welche jedoch nicht einmal einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Reiseveranstalters herbeiführen kann. Ändert der Reiseveranstalter nicht die Buchungsbestätigung, sondern die Reisebestätigung i.S.v. § 651d Absatz 2 Satz 2 BGB i.V.m. Artikel 250 § 6 EGBGB, hat dies rechtlich betrachtet keine Bedeutung. Bei ihr handelt es sich um eine rein deklaratorische Wissenserklärung, die nur eine Beweisfunktion für den Reisenden innehat. Vertrags-, Leistungs-, und Forderungsinhalte entspringen ausschließlich aus der Einigung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, somit bei Abschluss des Bestellvorgangs mit positiver Verfügbarkeitskontrolle, spätestens der Buchungsbestätigung. Gänzlich rechtlich irrelevant sind geänderte Leistungsbeschreibung durch die Reisebestätigung nicht, weil der Reiseveranstalter hiermit eine Hauptleistungspflicht verletzt, die einen Reisemangel begründen kann. Eine geänderte Reisebestätigung setzt sich nicht nur in Widerspruch mit den vorvertraglichen Reiseinformationen, sondern auch mit der Annahme des Angebots des Reisenden, das inhaltlich der Leistungsbeschreibung im Prospekt bei Vertragsschluss entspricht.