Vertragsänderung

Aus PASSAGIERRECHTE
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Trotz der hohen Technologien und des Informationszeitalters kommt es bei Reisen und Pauschalreisen sporadisch zu nachträglichen Vertragsveränderungen.

Nachträgliche Vertragsänderung

Für Preis- und Leistungsänderungen nach Vertragsschluss und vor Reisebeginn gelten im Hinblick auf die detaillierten Regelungen der Richtlinie in Art. 4 IV bis VI zu den nachträglichen Möglichkeiten des Reiseveranstalters, die vertraglich festgelegten Reiseleistungen und den Reisepreis zu ändern, die Regelungen in § 651a IV und V.

Die folgenden Rechte der Reisenden sind gleich geregelt (§ 651a V):

  • Erheblichen Erhöhungen des Reisepreises ab 5%
  • Änderung einer wesentlichen Reiseleistung und
  • Eine Reiseabsage durch den Reiseveranstalter wegen nicht erreichter Mindestteilnehmerzahl bzw. bei Vorliegen höherer Gewalt.

Preisänderungen

§ 651a IV regelgt entsprechend Art. 4 IV a der Richtlinie die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Erhöhung des Reisepreises. Die Rechte des Reisenden bei einer berechtigten Preiserhöhung regelt § 651a V:

  • Preiserhöhungen nach Vertragsschluss sind grundsätzlich unzulässig
  • Nur unter engen Voraussetzungen gestattet welche der BGH näher bestimmt hat
  • Das Risiko der Preiskalkulation trägt grundsätzlich der Reiseveranstalter

(BGH NJW 2003, 507 und 746 = RRa 2003, 36 und 40; der ÖOGH RRa 2005, 284)

Der Reisepreis der Reisebestätigung kann nach § 651a IV 1 nur dann erhöht werden, wenn der Vertrag:

  • Einen Änderungsvorbehalt in den AGB vorsieht
  • Genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises in den AGB gemacht werden
  • Nur die zulässigen Kostenfaktoren Beförderungskosten, Abgaben und Wechselkursänderungen erfasst
  • Eine Preiserhöhung vor dem 21. Tag des Abreisetermins vorsieht
  • Die Erhöhung unverzüglich nach Kenntnis des Änderungsgrundes dem Reisenden erklärt wird
  • Die 4-Monatsgrenze zwischen Vertragsschluss und Reiseantritt berücksichtigt

Grundsatz: Beide Vertragspartner sind an den Preis der Reisebestätigung gebunden und eine Änderung ist nur ausnahmsweise zulässig.

Preisänderungsvorbehalt

Gemäß § 651a IV 1 i.V. mit § II Nr. 4 BGB-InfoV ist nur dann eine Preiserhöhung zugelassen, wenn dies im Vertrags ausdrücklich vorbehalten ist. Dieser Vorbehalt wird regelmäßig durch die Verweisungsmöglichkeit nach § 6 IV BGB-InfoV in den AGB erklärt, wobei strenge Anforderungen an die Ausgewogenheit und Transparenz der Klausel zu stellen sind (BGH NJW 1993, 1604; NJW 1985, 856; NJW 1986, 3135; OLG Hamburg NJW-RR 1986, 1140; LG München I VuR 1989, 137). Klauseln, die sich nicht an die strengen Erhöhungsvoraussetzungen halten, sind unwirksam (§§ 651 m, 134). Ein nach Vertragsschluss an den Reisenden versandtes Informationsschreiben über die Modalitäten einer Preiserhöhung genügt nicht den Anforderungen des § 651a IV 1 (BGH NJW 2003, 507, 509 = RRa 2003, 40, 42) Auf den Änderungsvorbehalt in den AGB kann nicht ganz verzichtet und nur auf die gesetzliche Regelung in § 651a IV zurückgegriffen werden. Eine Vorwarnung des Reisenden in den AGB ist nötig. Unter Preisänderung sind Preiserhöhungen sowie Preissenkungen zu verstehen. Diese Alternativen sind keine jeweils gesondert zu vereinbarende. Eine richtlinienkonforme Auslegung kann AGB-Klauseln, die keine Preissenkung vorsehen, wegen Unzumutbarkeit gemäß § 308 Nr. 4 nicht anerkennen. (OLG Düsseldorf NJW 2002, 447, 448 = RRa 2002, 32; LG Düsseldorf NJW 2001, 834 = RRa 2001, 57)

Zulässige Erhöhungsfaktoren

Diese Kostenfaktoren sind zugelassen :

  • Beförderung
  • Abgaben für bestimmte Leistungen wie Hafen oder Flughafengebühren
  • Wechselkursänderungen
Beförderung

Beförderung ist ein Kostenfaktor, der in der Praxis der wichtigste Erhöhungsgrund (NJW 2000, 3672, 3675). Dieser Kostenfaktor muss richtlinienkonform ausgelegt werden, dass damit auch die Treibstoffkosten miterfasst sind (Art. 4 IV).

Abgaben

Dieser Erhöhungsfaktor umfasst nicht nur Hafen- und Flughafengebühren, sondern auch anderen Abgaben wir Einreisegebühren in einem Zielgebiet oder Luftsicherheitskosten. Die von einem Erhöhungsvorbehalt erfassten Gebühren müssen im Hinblick auf die Transparenz der Klausel in dieser konkret genannt werden (LG Hannover RRa 2002, 41).

Wechselkurs

Der für die betreffende Reise geltende Wechselkurs kann bei einer Änderung eine Preisänderung ebenfalls rechtfertigen.

Das Wechselkursrisiko fällt grundsätzlich in die Sphäre des Reiseveranstalters. Die Risiken der Beförderungskosten und der Wechselkurse sind branchenspezifisch weshalb keine unangemessene Risikoverlagerung auf den Kunden erfolgt.

Will der Veranstalter den Preis erhöhen, muss er offen legen, welchen Kurs er zu welchem Zeitpunkt für die Reiseausschreibung ursprünglich zu Grund gelegt hat.

Eine Preiserhöhung kann nur dann vorgenommen werden, wenn sich die Wechselkurse nach dem Stichzeitpunkt des Vertragsschlusses geändert haben, da eine zeitlich unbegrenzte rückwirkende Erhöhungsmöglichkeit zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko für den Reisenden führt (LG Berlin RRa 2000, 27).

Hotel- bzw. Charterverträge werden auch als Währungsfestgeschäfte abgeschlossen, weshalb in diesen Fällen der Veranstalter keinen Wechselkursvorbehalt in seine AGB aufnehmen kann (OLG Düsseldorf NJW 2002, 447 = RRa 2002, 32).

Irrtumsklausel

Die Aufzählung der zulässigen Kostenfaktoren ist abschließend. Irrtumsklauseln, soweit sie dem Reiseveranstalter weitergehende Befugnisse einräumen als die sich aus dem Gesetz ergebenen Rechte, sind unwirksam.

Ein Kalkulationsirrtum des Reiseveranstalters rechtfertigt kein Erhöhungsverlangen (LG Frankfurt/M NJW-RR 1988, 1331; AG Frankfurt/M NJW-RR 1990, 116 Computerirrtum).

Preiserhöhungen durch nicht in § 651a IV genannte Leistungsträger sind als Kostenfaktor nicht zulässig.

Berechnungsangaben

Genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises im Vertrag sind erforderlich (§ 651a IV 1). Der Reisende muss die Möglichkeit haben, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen, ob ein Zuschlag berechtigt ist oder nicht. Hierzu braucht der Reisende aus dem Wortlaut der Klausel nachvollziehbare Angaben (BGH NJW 1986, 3134; BGH NJW 2003, 507 und 746; ÖOGH RRa 2005, 284). Diese Angaben müssen bereits in der AGB-Klausel abstrakt formuliert werden.

Eine konkrete Bezeichnung der Anteile der einzelnen Kostenpositionen am Gesamtpreis ist notwendig. Es reicht nicht, die Preiserhöhung nach Grund und Höher lediglich kausal an einem Anstieg der in Betracht kommenden Kostenpositionen zu knüpfen. Eine bloße Nennung der Verhältnismäßigkeit in Nr. 4 ARB a.F. wie „wie sich die Erhöhung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt“, ist nicht ausreichend.

NR. 4 ARB und die ähnlich formulierte AGB-Klauseln der Reiseveranstalter sind unwirksam. Die Nennung des Bezugszeitpunktes für die Ermittlung der an den Kunden weiterzureichenden Kostensteigerungen ist wichtig, um die Benachteiligung des Reisenden zu vermeiden. Ein Zuschlag darf dabei nur solche Steigerungen erfassen, die nach dem maßgeblichen Stichzeitpunkt entstanden sind.

Eine Klausel, welche eine globale, zeitlich unbegrenzte rückwirkende Erhöhungsmöglichkeit vorsieht, würde zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko für den Reisenden führen (AG Kleve NJW 2000, 3723 zeitlich unbegrenzte Rückwirkung ist unangemessene Benachteiligung; LG Hannover RRa 2001, 41; LG Köln RRa 2001, 128 = NJW-RR 2002, 703).

Eine Klausel ist nur dann interessengerecht, wenn sie die Gefahr einer zeitlich rückwirkenden Preiserhöhung vermeidet.

Der Veranstalter kann sich nicht auf Erhöhungsgrunde berufen, die bei Abschluss der Reisevertrages schon vorlagen. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Veranstalter konkret mit einem Preisänderungsverlangen seiner Leistungsträger konfrontiert ist. Das kann jedoch nicht für integrierte Reiseveranstalter mit konzerneigenen Fluggesellschaften gelten.

Die Formulierung der Änderung der „ausgeschriebenen und mit der Buchung bestätigten Preise“ in Nr. 4 ARB a.F. ist als solche nicht zulässig. Die Klausel muss eindeutig ausschließen, dass vor Vertragsschluss entstandene Preiserhöhungsgründe nicht Gegenstand einer Preiserhöhung sein dürfen.

Prospektpreis

Dem Veranstalter bleibt das Recht, bei allen Neubuchungen den mit einem Änderungsvorbehalt aus der Preisbindung des § 4 BGB-InfoV herausgenommenen Prospektpreis zu erhöhen und dem Vertragsschluss mit dem Kunden zugrunde zu legen.


Berechnungsweg

Dem Reisenden ist in der Klausel der Berechnungsweg zu nennen, nach welchen Rechenoperationen der neue Preis ermittelt wird. Die Klausel erfordert:

  • Angabe, ob eine prozentuale Anhebung oder für einzelne Reisearten wie Kurz-, Mittel- und Langstreckenflüge differenzierende Pauschalen in Frage kommen
  • Erkennbarkeit, wie sich der Anteil der sich erhöhenden Kosten im alten und im neuen Reisepreis darstellet

In jedem Fall ist ein nachträgliches Erhöhungsschreiben mit der Bemerkung: „5% Kerosinpreis-Zuschlag“ unzulässig.

Preiserhöhungsklausel

Zu den notwendigen Angaben einer zulässigen Preiserhöhungsklausel gehören:

  • Die Kausalität zu den zugelassenen Erhöhungsfaktoren
  • Die für die Berechnung der Kostensteigerung entscheidenden Bezugszeitpunkte
  • Der für die einzelnen Kostenpositionen anzuwendende Verteilungsmaßstab
  • Der daran anknüpfende Berechnungsweg

(BGH NJW 2003, 507, 509; OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447; LG Köln RRa 2001, 128 = NJW-RR 2002, 703; LG Hannover RRa 2002, 41)

Viermonatsgrenze

Preiserhöhungsklauseln dürfen sich nicht auf Reiseverträge beziehen, die innerhalb von vier Monaten vor Reisebeginn abgeschlossen wurden (LG Köln NJW-RR 2002, 703= RRa 2001, 128).

Es besteht ein Preiserhöhungsverbot bei Verträgen die innerhalb einer Viermonatsgrenze nach Vertragsschluss erfüllt werden.

Steuer- und Tariferhöhungen

Eine Preisanpassung in Form von Steuer- oder Tariferhöhungen oder einer Erhöhung der Mehrwertsteuer ist untersagt, da diese zum Entgelt gegenüber dem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Reisenden gehört (BGHZ 77, 82 = NJW 1980, 2133; OLG Frankfurt/M NJW 1982, 2198, 2199).

Für die Berechnung der Viermonatsgrenze kommt es auf den Zugang der Reisebestätigung beim Reisenden und nicht auf das Datum des Schreibens an, wenn der Reisevertrag wie regelmäßig mit der Bestätigung und nicht schon vorher mündlich zu Stande kommt.

Schonfrist

Eine Preiserhöhung, die ab dem 20. Tag vor dem vereinbarten Reisetermin verlangt wird, ist nach § 651a IV 2 unwirksam (Art. 4 IV lit. b Richtlinie).

Eine Erhöhung ist nur bis zum 21. Tag vor Reiseantritt eingehend beim Reisenden zulässig.

Es ist nicht ausreichend, wenn der Veranstalter das Erhöhungsverlangen am 21. Tag vor reiseantritt abschickt und das Schreiben am 20. Tag oder später beim Reisenden zugeht.

Erklärung

Der Reiseveranstalter muss die Preiserhöhung unverzüglich (§ 121 I), also ohne schuldhaftes Zögern, nach Kenntnis von dem Erhöhungsgrund dem Reisenden gegenüber erklären (§ 651a V 1). Entscheidend ist die konkrete Voraussehbarkeit der Kostenmehrbelastung des Reiseveranstalters durch ein Erhöhungsverlangen des Leistungsträgers (OLG Düsseldorf NJW 2002, 447 = RRa 2002, 32). Es handelt sich dabei um eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung, die mit Zugang beim Reisenden wirksam wird (OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447). In dieser Erklärung hat der Veranstalter sein Erhöhungsverlangen unter Zugrundelegung der Änderungsklausel seiner AG zu präzisieren. Das Schreiben muss spätestens mit Ablauf des 21. Tages vor dem vereinbarten Abreisetermin dem Reisenden zugehen.

Siehe auch

Quellen

Weblinks