Rechtswahlvereinbarung Irisches Recht

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AG Simmern/Hunsrück, Urteil vom 19.04.17, Az.: 32 C 571/16

Inhalt

Im vorliegenden Fall hat der Fluggast bei einem in Irland ansässigen Luftfahrtunternehmen mit dem Namen Ryanair einen Hin- und Rückflug gebucht von Hahn nach Marrakesch für den 29.09.15 in Höhe von 364,25 € (inkl. Steuern) pro Person. In den AGB dieses Luftfahrtunternehmens ist geregelt, dass Flugtickets nicht erstattungsfähig sind und bei Nichtantreten einer Reise nur die gezahlten Gebühren und Steuern abzüglich einer Verwaltungsgebühr zurückverlangt werden können. Weiterhin ist geregelt, dass der Beförderungsvertrag, die Beförderungsbestimmungen dem irischen Recht unterliegen und die irischen Gerichte zuständig sind. Der Fluggast stornierte seinen Flug und verlangte die Rückzahlung der im Ticketpreis enthaltenen Steuern und Gebühren und auch die Rückzahlung des Ticketpreises. Der Fluggast erachtet die Klausel, die bestimmt, das Flugtickets nicht erstattungsfähig sind für unwirksam nach §§ 308 Nr. 7 b, 309 Nr. 5 b BGB und behauptet das § 649 BGB nur durch eine Individualvereinbarung ausgeschlossen werden könnte. Auch das irische Recht sei nach Angaben des Fluggastes nicht wirksam einbezogen worden. Das Luftfahrtunternehmen hingegen ist der Meinung, dass die Rechtswahlklausel zulässig ist und damit irisches Recht angewendet werden kann. Da die AGB wirksam einbezogen wurden, schuldet das Luftfahrtunternehmen auch nicht die Erstattung des Ticketpreises. Diese Klausel verstößt nicht gegen die europäische Richtlinie 93/137 EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und diese Klausel ist auch nach deutschem Recht wirksam. Weiterhin geht das Luftfahrtunternehmen von der Disponibilität des § 649 BGB aus und das Luftfahrtunternehmen hat gewichtige Gründe dafür, dass Flüge nicht als stornierbar ausgestaltet werden. Die zu erstattenden Steuern und Gebühren belaufen sich nicht höher als die gemäß den AGB zu erhebende Verwaltungsgebühr. Das Gericht entschied, dass im vorliegenden Fall deutsches Recht angewendet werden muss und das die Klausel, welche bestimmt, dass auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag irisches Recht anzuwenden sei, ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Diese Klausel ist bereits in der Gesamtschau unwirksam unabhängig davon ob vom Wortlaut her eine eindeutige Rechtswahl zu Gunsten des irischen Rechts überhaupt getroffen werden kann. Geht es um eine Luftbeförderung, so ist es erlaubt, dass das Luftfahrtunternehmen auch mit Verbrauchern Rechtswahlvereinbarungen trifft. Dabei müssen die Form des Vertrages und die Frage ob die AGB wirksam sind, nach deutschem Recht beurteilt werden.

Tenor

Die Zuständigkeit irischer Gerichte verstößt gegen § 38 ZPO und gegen Art. 28 und Art. 29 EuGVVO. Denn der Verbraucher soll die Möglichkeit haben vor seinem Heimatgericht klagen zu können. Da im vorliegenden Fall zumindest eine der Klauseln unwirksam ist, kommt es durch den Summierungseffekt zu einer Gesamtunwirksamkeit der Klausel auch wenn eine der Klauseln möglicherweise noch zulässig ist. Nach Ansicht des Gerichts ist die Klausel unwirksam, welche bestimmt, dass gekaufte Flugtickets nicht erstattungsfähig sind. Denn diese verstößt gegen § 308 Nr. 7 BGB. Nach § 308 Nr. 7 BGB ist eine Bestimmung in den AGB unwirksam, nach der der Verwender der AGB für den Fall, dass eine Vertragspartei sich von dem Vertrag lösen sollte, eine unangemessenen hohe Vergütung oder einen unangemessenen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann. Ob tatsächlich ein unangemessen hoher Ersatz für von Aufwendungen verlangt wird, bestimmt sich nach § 649 BGB. Der Unternehmer kann nach dieser Vorschrift die vereinbarte Vergütung verlangen aber er muss sich dann das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet das dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Es reicht nicht aus, dass das Luftfahrtunternehmen den Vorwand einbringt, dass der gekündigte Flug mit einem erhöhten Personalaufwand nicht mehr erneut verkauft werden kann. Im vorliegenden Fall wäre ein Wiederverkauf des Flugtickets wohl problemlos möglich, da die Kündigung hier rechtzeitig erfolgt ist. Wenn in den AGB eines Reiseanbieters steht, dass ausschließlich wie bei zb RyanAir ausschließlich irische Gerichte für die Entscheidung sämtlicher Klagen oder Verfahren zuständig sind, so sind solche AGB unzulässig. Eine solche Klausel ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt vom Wortlaut her eine eindeutige Rechtswahl zu Gunsten des irischen Rechts getroffen wurde, ist jedenfalls die Klausel in ihrer Gesamtschau unwirksam. Im Falle einer Flugbeförderung kann ein Luftfahrtunternehmen auch mit Verbrauchern Rechtswahlvereinbarungen treffen. Die Form des Vertrages und auch die Frage, ob AGB wirksam sind, sind jedoch nach deutschem Recht zu beurteilen. Aus einem Summierungseffekt, d. h. aus einer Kombination einer möglicherweise zulässigen, aber nicht unbedenklichen Klausel ergibt sich eine Gesamtunwirksamkeit der Klausel. Ebenfalls unwirksam sind Klauseln, die vorsehen, dass der Verwender der AGB für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, eine unangemessen hohe Vergütung oder einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann.

Folglich kann der Fluggast zwar nicht die Rückerstattung der Steuern verlangen aber er kann den gezahlten Ticketpreis verlangen.

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