Nichtbeförderung auf Anschlussflug
AG Erding, Urt. v. 20.03.17, Az.: 5 C 3345/16
Inhalt
Im Urteil mit dem Az.: 5 C 3345/16 des AG Erding vom 20.03.17 wurde entschieden, dass Flüge die durch unterschiedliche Flugnummern gekennzeichnet sind auch bei einer einheitlichen Buchung grundsätzlich getrennt betrachtet werden müssen. Bei der Beurteilung der Entfernung nach Art. 7 VO können nur solche Flüge berücksichtigt werden, auf die sich die Störung auch tatsächlich ausgewirkt hat. Flüge auf die sich die Störung keineswegs ausgewirkt hat, können auch nicht berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall hat der Fluggast einen bestätigte Buchung für die Flüge von Air France von Lima nach Paris und Paris nach München am 08.02.16. Die Strecke zwischen Paris und München beträgt weniger als 1.500 km und die Strecke zwischen Lima und München mehr als 3.500 km. Der Fluggast hätte sein Endziel München um 19:45 Uhr erreichen müssen. Auf dem ersten Flug wurde der Fluggast planmäßig befördert. Auf dem Flug von Paris nach München wurde dem Fluggast jedoch die Beförderung verweigert, so dass er München mit einer Verspätung von 19 Stunden und 54 Minuten erreichte. Nach Ansicht des Fluggastes muss bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung die Gesamtstrecke berücksichtigt werden. Ausschlaggebend ist der Zeitverlust, der unabhängig davon berücksichtigt werden sollte auch welchem Flug die Störung auftritt. Nach Ansicht des Luftfahrtunternehmens hingegen kommt es bei der Berechnung der Ausgleichszahlung ausschließlich auf die Strecke von Paris nach München an. Beide Flüge müssen einzeln berücksichtigt werden. Der Art. 7 Abs. 1 S. 2 VO enthält lediglich Regelungen zum Endziel jedoch nichts zum Ausgangspunkt der Entfernungsbestimmung.
Tenor
Das AG Erding entschied, dass bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlungen nur die Entfernung der Flüge ausschlaggebend ist, auf welche sich die Störung auch tatsächlich ausgewirkt hat. Weisen die Flüge unterschiedliche Flugnummern auf, so müssen diese sogar bei einer einheitlichen Buchung getrennt geprüft werden. Nach ständiger Rechtsprechung bestehen auch dann keine Ansprüche auf Ausgleichszahlungen wenn zwar eine einheitliche Buchung und ein zeitlicher Zusammenhang vorliegt, aber nur der zweite Flug, dessen Abflugort außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung liegt, verspätet ist oder annulliert wird. Bei der Entfernungsbestimmung kann ein Anschlussflug nur dann noch mitberücksichtigt werden, wenn sich die Störung des streitgegenständlichen Fluges auf diesen noch auswirkt und diese Störung noch zurechenbar ist. Weiterhin darf keiner der berücksichtigten Flüge im Vergleich zur Flugplanung störungsfrei durchgeführt werden. Art. 7 trifft weiterhin keine Regelungen dafür, ob auch vorangegangene planmäßig durchgeführte Flüge einbezogen werden müssen. Eine Einbeziehung solcher Strecken die nicht von der Störung betroffen sind widerspricht der Interessenlage und geht über den Wortlaut des Art. 7 hinaus. Solche Strecken können weder dem Luftfahrtunternehmen zugerechnet werden, noch ist diese Teilleistung für die Fluggäste auf dem ersten Flug wertlos geworden oder einer Nichtbeförderung gleichzusetzen. Unannehmlichkeiten entstehen dem Fluggast dadurch, dass eine Ersatzbeförderung notwendig wird und es dadurch zu Verzögerungen kommt. Es ist davon auszugehen, dass je größer die Strecke ist, desto größer auch die Unannehmlichkeiten sind (LG Leipzig, Urt. v. 10.11.08, Az.: 6 S 319/08). Der Verordnungsgeber schließt sich der Ansicht an, dass eine Ersatzbeförderung bei kürzeren Strecken mit einem geringeren Aufwand und geringeren Unannehmlichkeiten ermöglicht werden kann. Dies ist daraus ersichtlich, dass der Verordnungsgeber in Art. 1 Abs. 2 die Kürzung von Ausgleichsleistungen bei größerer Entfernung auch bei längeren Verspätungen einräumt. Im vorliegenden Fall steht dem Fluggast nur der Anspruch auf Ausgleichszahlungen In Höhe von 250 Euro zu, die dieser bereits erhalten hat. Ein weiterer Anspruch auf 350 Euro kann dem Fluggast nicht zustehen.
Anspruch auf Ersatzflug
Wünscht der Passagier eine möglichst rasche Ersatzbeförderung, so hat diese nach Art. 8 Abs. 1 lit. b der Verordnung „unter vergleichbaren Reisebedingungen“ und „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ zu erfolgen. Geschieht dies nicht und organisiert der Reisende sich sodann selbst die Beförderung zum Zielort, ist das Luftfahrtunternehmen gem. §§ 280 ff. BGB i.V.m. dem Luftbeförderungsvertrag zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Urteile
- LG Leipzig, Urt. v. 10.11.08, Az.: 6 S 319/08
- AG Erding, Urt. v. 20.03.17, Az.: 5 C 3345/16