Buchungsfehler

Aus PASSAGIERRECHTE
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Überblick

Der § 651 x verfügt über eine eigenständige Anspruchsgrundlage bei dem Ersatz von Schäden bei Buchungsfehlern. Diese Vorschrift findet sowohl Anwendung bei technischen Fehlern im Buchungssystem (Nr. 1) als auch bei Fehlern, die während des Buchungsvorganges entstehen (Nr.2). Bei dem Anspruchsinhaber oder auch Gläubiger genannt, handelt es sich um den Reisenden. Bei dem Anspruchsgegner oder auch Schuldner genannt hingegen handelt es sich um den Reiseveranstalter, den Vermittler einer Pauschalreise, dem Vermittler verbundener Reiseleistungen oder einen anderen Leistungserbringer. Die Haftungsvoraussetzungen der beiden Haftungstatbestände des § 651 x sind unterschiedlich streng ausgerichtet. Kommt es zu einem technischen Fehler im Buchungssystem, dann haftet dafür der Schuldner, wenn er den Fehler zu verantworten hat. Dabei gilt eine (widerlegliche) Vermutung bezüglich des Vertretenmüssen. Kommt es jedoch zu einem Fehler während des Buchungsvorgangs, dann kommt es zu einer verschärften Haftung. Ein Vertretenmüssen des Schuldners ist dabei nicht erforderlich. Einer Haftung bedarf es nur dann nicht, wenn der Reisende den Fehler zu verschulden hat oder der Fehler durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände entstanden ist. Liegt ein solcher Fall vor, dann kann der gesamte adäquat kausal verursachte Schaden des Reisenden, welcher auf einen Buchungsfehler zurückgeführt werden kann, ersetzt werden.

Normzweck

Schutz des Reisenden vor Buchungsfehlern

Oftmals kommt es bei der Buchung von Pauschalreisen zu Fehlern. Dies liegt einerseits an dem komplexen Zuschnitt von Reisen und daran das viele verschiedene Reiseleistungen miteinander verbunden werden. Dabei kann es sich um Fehler handeln wie eine Doppelbuchung, eine fehlerhafte Zuordnung einer Buchung oder gar die fehlende oder fehlerhafte Übermittlung von Buchungen zum Leistungsträger. Bereits nach allgemeinen Grundsätzen ist eine Haftung des zukünftigen Vertragspartners möglich, wenn es zu einer Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht kommt, sollte bei dem Vertragsschluss ein Fehler unterlaufen (vgl. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2). Auch bisher haftete der Reiseveranstalter, Reisevermittler und Leistungserbringer bei einem Buchungsfehler, der in ihrer Sphäre entsteht (BGHZ, 82, 219; AG Menden, NJW-RR 2006, 1288; LG Frankfurt a.M. v. 15.01.1988, 2/1 S 363/86). Durch den § 651 x kommt es zu einem umfangreicheren und über die die allgemeinen Haftungsregeln hinausreichenden Haftungsregeln bezüglich des Schadensersatzes für Buchungsfehler. Diese Vorschrift hat keine klarstellende Bedeutung sondern stellt eine über die allgemeinen Regeln hinausgehende Haftungsgrundlage dar. Laut der schuldrechtlichen Systematik ist der § 651 x als vertragliche bzw. vorvertragliche Haftung bei einer Pflichtverletzung anzusehen. Wer für den Reisenden ein Buchungssystem für Pauschalreisen verwendet oder zumindest die Verwendung eines solchen zulässt, muss dafür einstehen, dass das Buchungssystem ohne Fehler funktioniert und das es bei dem Buchungsvorgang nicht zu Fehlern kommt. Das Ziel des § 651 x ist es die Vorgaben aus Art. 21 Pauschalreiserichtlinie umzusetzen. Bei den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 21 Pauschalreiserichtlinie handelt es sich um unklare und unscharfe Vorgaben. Das liegt unter anderem daran, dass sich das Regelungskonzept während des Gesetzgebungsverfahrens grundlegend verändert hat. Der Richtlinienentwurf vom 09.07.2013 beinhaltete in Art. 19 ausschließlich eine Haftung des Reisevermittlers bei Buchungsfehlern. Erst später wurde die jetzt geltende Regelung im Gesetz aufgenommen. Jetzt gibt es eine allgemeine Haftung bei Buchungsfehlern der Unternehmer. Dabei wird in Art. 21 UAbs. 1 der Pauschalreiserichtlinie strukturell unterteilt zwischen einem „Fehler aufgrund technischer Mängel im Buchungssystem“ und einem Fehler, der der Unternehmer „ während des Buchungsvorganges macht“. Die anderen Haftungsvoraussetzungen sind teilweise sehr undeutlich. Voraussetzung für den ersten Fall ist laut Richtlinie, dass der Fehler dem Unternehmer zugerechnet werden kann. Voraussetzung für den zweiten Fall ist, dass der Unternehmer „sich bereits erklärt hat, die Buchung… zu veranlassen“. Nicht ganz klar ist, ob der Haftungsausschluss des Art. 21 UAbs. 2 auf beide Haftungskonstellationen bezieht oder laut der amtlichen Materialien zum deutschen Recht nur auf den zweiten Fall.

Anwendungsbereich

Von dem Anwendungsbereich des § 651 x sind Unternehmer im reiserechtlichen Sinne erfasst und somit Reiseveranstalter, Reisevermittler, Vermittler verbundener Reiseleistungen und Leistungserbringer mit inbegriffen. Die Vorschrift erstreckt sich jedoch nicht auf Gastschulaufenthalte i.S. d. § 651 u. Der Unternehmerbegriff muss richtlinienkonform ausgelegt werden. Ausschlaggebend ist dafür die Definition des Art. 3 Nr. 7 Pauschalreiserichtlinie. Unter einem Unternehmer ist danach „jede natürliche oder juristische Person zu verstehen, unabhängig davon, ob Letztere öffentlicher oder privater Natur sind, die bei dieser Richtlinie erfassten Verträgen selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, unabhängig davon, ob sie in ihrer Eigenschaft als Reiseveranstalter, Reisevermittler, Unternehmer, der verbundene Reiseleistungen vermittelt oder als Erbringer von Reiseleistungen handelt“.

Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs

Bei dem § 651 x kommt es zu einer Unterscheidung von zwei Haftungskonstellationen für Buchungsfehler. Das liegt daran, dass der Systematik der Pauschalreiserichtlinie gefolgt wird. Es gibt somit zwei eigenständige Haftungstatbeständer mit teilweise verschiedenen Voraussetzungen.

Anspruchsberechtigung

Bei dem Anspruchsberechtigten handelt es sich um den Reisenden, welcher durch einen Buchungsfehler eine Schädigung erlitten hat. Es ist dabei nicht von Bedeutung, ob bei dem weiteren Buchungsvorgang ein Pauschalreisevertrag wirksam geschlossen wird oder weil es aufgrund eines Buchungsfehlers nicht dazu kommt. Der Reisende ist in jedem Fall schutzwürdig. Aus der Pauschalreiserichtlinie geht weiterhin keine Unterscheidung bezüglich des Schutzniveaus hervor. Von § 651 x sind somit alle Fälle der vorvertraglichen und auch der vertraglichen Haftung erfasst.

Anspruchsverpflichtung

Alle beide Haftungstatbestände des § 651 x entfalten ihre Wirkung für Reiseveranstalter, Reisevermittler, Vermittler verbundener Reiseleistungen oder Leistungserbringer. Unter einem Reiseveranstalter ist nach Art. 3 Nr. 8 der Pauschalreiserichtlinie jeder „Unternehmer zu verstehen, der entweder direkt oder über einen anderen Unternehmer oder gemeinsam mit einem anderen Unternehmer Pauschalreisen zusammenstellt und verkauft oder zum Verkauf anbietet, oder den Unternehmer, der die Daten des Reisenden im Einklang mit Nummer 2 Buchstabe b Ziffer v an einen anderen Unternehmer übermittelt. Unter einem Reisevermittler ist nach Art. 3 Nr. 9 Pauschalreiserichtlinie ein „anderer Unternehmer als der Reiseveranstalter, der von einem Reiseveranstalter zusammengestellte Pauschalreisen verkauft oder zum Verkauf anbietet. Bei einem Vermittler verbundener Reiseleistungen handelt es sich um einen Unternehmer, der die Voraussetzungen des § 651 w erfüllt. Unter Leistungserbringern sind alle Unternehmer anzusehen, die alle oder einzelne Reisleistungen des § 651 w erfüllen.

Der Anspruch kann also nicht nur gegen den späteren Vertragspartner geltend gemacht werden, sondern auch gegen Dritte, die Teil des Buchungssystems oder des Buchungsvorgangs sind. Es geht dabei um eine modifizierte vertragliche Vertrauenshaftung. Durch den § 651 x kommt es zu dem Schutz des Vertrauens des Reisenden, welches er in das System für die Buchung der Reise hat, dass alles technisch einwandfrei funktioniert und es während des Buchungsvorgangs nicht zu Fehlern kommt.

Technische Fehler im Buchungssystem (Nr. 1)

Die Haftung nach § 651 x Nr. 1 kann durch einen technischen Fehler im Buchungssystem des Unternehmers ausgelöst werden, welcher zu einem Schaden des Reisenden führt. Der Umfang des Schadensersatzes ist nach § 651 x gemäß der §§ 249 ff. zu bemessen. Es kann demnach zu einer Ersatzbuchung unter anderem zu erhöhten Preisen kommen oder sogar zu der Aufhebung des Vertrages. Durch die Richtlinie wird jedoch in Art. 21 nur auf den Buchungsfehler abgestellt, nicht jedoch auf das Vorliegen eines Schadens. Fraglich ist, ob dies von dem Unionsgesetzgeber so gewollt ist. Diese Frage wird dann von dem EuGH im Rahmen einer Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV entschieden.

Buchungssystem

In der Vorschrift ist keine Definition des Buchungssystems enthalten. Jedoch geht man davon aus, dass darunter eine Online-Anwendung bzw. Website zu verstehen ist. Der Begriff des Buchungssystems stimmt nicht mit dem Begriff des verbundenen Online-Buchungsverfahrens iSd § 651 c überein. Der Begriff des Buchungssystems ist vielmehr im umfassenderen Sinne zu verstehen. Die gesetzliche Regelung ist für technische Systeme, die zur Erfassung und Abwicklung von Reisebuchungen zur Verfügung stehen bestimmt, damit eine Buchung technisch unterstützt werden kann. Ein System, welches verbindliche Buchungen möglich macht. Der Begriff des Buchungssystems unterliegt einem weiten Verständnis und beinhaltet sowohl die Buchungssoftware als auch die dafür notwenige Hardware, wie z.B. die Eingabegeräte, Speicher, u.s.w. Von der Buchungssoftware sind sowohl die Software umfasst, die auf lokalen Rechnern verwendet wird, als auch die an Online Buchungssystemen, die direkt vom Reisenden bedient werden kann. Umfasst sind auch Reise-Apps. Haftungsrechtlicher Anknüpfungspunkt ist das konkret zur Reisebuchung benutzte Buchungssystem. Dabei ist es nicht von Bedeutung, wer genau das Buchungssystem zur Verfügung gestellt hat. Nicht von dem Begriff des Buchungssystems umfasst sind jedoch technische Einrichtungen, Programme, Internet-Seiten u.s.w., welche nur im Allgemeinen der Information des Reisenden dienen sollen und nicht für den Beginn eines Buchungsvorgangs dienen. Darunter fallen auch auf Websiten ausschließlich einsehbare Reiseprospekte oder Reisekataloge ohne Reservierungs- bzw. Erwerbsmöglichkeiten. Es gibt im Wortlaut keine Beschränkungen auf Internetseiten .Somit kommt auch ein telefonisches Buchungssystem in Betracht, welches oft von online-Reiseportalen als paralleler vertriebsweg angeboten wird, aber eher von Reise-Fernsehkanälen genutzt wird. Jedoch herrscht auch bei telefonischen Einrichtungen der Wunsch Reisende vor Fehlern beim Buchungsvorgang zu schützen.

Inhaber des Buchungssytems

Es muss um ein System des Unternehmens gehen. Dabei geht es nicht um eine eigentumsrechtliche Position sondern eher um die rein tatsächliche Inhaberschaft. Ausreichend ist bereits die faktische Bereitstellung des Systems für die Buchung der von Unternehmer angebotenen Leistungen. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Internetseiten von externen Dienstleistern erstellt, gewartet und betreut werden. Damit der Schutzgedanke gewahrt werden kann, bedarf es einer weiten Auslegung dieses Merkmals. Bei Websiten ist es möglich über das Impressum herauszufinden, wer der Inhaber und somit auch der Schadensersatzpflichtige ist. Handelt es sich um ein telefonisches Buchungssystem, dann ist nicht die Zuordnung der Rufnummer ausschlaggebend, da die Buchung auch von einem externen Dienstleistungsunternehmen (Call-Center) die Buchungen vornehmen lassen könnte. Ausschlaggebend ist eher, wer das Telefonsystem als sein eigenes anbietet, indem er die Abgabe der Telefonnummer in Fernsehsendungen oder Werbeflyern tätigt.

Parallele Haftung

Bisher war es so, dass der Vermittler in den meisten Fällen als Erfüllungsgehilfe und Handelsvertreter (§§84 ff. HGB) des Veranstalters aufgefasst wurde, wenn er die Aufgabe der Vermittlung von Vertragsabschlüssen übernommen hat. Weiterhin wäre auch eine parallele Haftung beider möglich. Zunächst galten diese Regeln für die stationären Reisebüros. Jedoch sind diese Maßstäbe nun auch auf Online-Reisevermittlungen anwendbar. Die Thematik der gleichzeitigen Haftung von Vermittler und Veranstalter ist auch dann relevant, wenn Unternehmer die Pauschalreise nicht in einer Filiale sondern über die Webseite eines Reisevermittlers anbieten. Dadurch bleibt dem Veranstalter das Einrichten und Warten eines eigenen Buchungssystems erspart, indem er das des Vermittlers nutzt. Damit es zu einem Haftungsgleichlauf zwischen stationärem und internetbasiertem vertrieb kommen kann, müssen die weiter oben genannten Ausführungen auch für Online Vermittlungen gelten. Ist das Online Reisebüro immer für die Vertragsvermittlung zuständig, dann müssen beide Unternehmer dafür haften. Die Thematik der parallelen Schadensersatzpflicht besteht auch im Verhältnis zwischen dem Vermittler verbundener Reiseleistungen und dem jeweiligen Leistungserbringer.

Technischer Fehler

Ein technischer Fehler wird definiert als ein technischer Mangel im Buchungssystem (LG Düsseldorf, NJOZ, 2007, 5409). Damit sind alle Funktionsbeeinträchtigungen oder Funktionseinschränkungen des Buchungssystems gemeint. Im Online Vertrieb handelt es sich dabei vor allem um Programmier-, System- oder Übermittlungsmängel. Zu Übermittlungsmängeln kommt es dann, wenn durch ein Datenverarbeitungsprogramm Buchungsvorgänge des Kunden nicht ausreichend , gar nicht oder fehlerhaft übermittelt weitergeleitet werden und es dann zu dem Verlust von Kundenbuchungen kommt. Weiterhin kann es durch mangelhafte Algorithmen zu einem Programmierfehler kommen und als Konsequenz werden ordnungsgemäße Nutzereingaben falsch verarbeitet und dann kann es zu abweichenden Buchungen kommen. Zu beachten ist auch die Situation, dass das System unerwartet beendet wird bzw. eine mangelnde Reaktion auf die Eingaben des Benutzers erfolgt (Systemabsturz). Das gilt auch für einen Systemfehler im Datentransfer bei dem ein falscher Preis angegeben wird. Kommt es bei telefonischen Buchungssystemen zu einer Unterbrechung der Telefonleitung oder einer Störung der Verbindungsqualität, dann ist auch darin ein technischer Mangel zu sehen. Durch die regelmäßige Pflege und Wartung von Buchungssystemen durch das gut ausgebildete IT Personal ist es einfacher technische Fehler zu finden und zu beseitigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Buchungssystem selbst fehlerhaft ist (z.B. wegen eines Programmierungsfehlers) oder ob es durch äußere Einflüsse (z.B. Schadprogramm oder fehlerhafte Hardware) zu einer Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Funktion kommt. Mit inbegriffen sind auch die Nicht-Zugänglichkeit eines Buchungssystems durch technische Ungereimtheiten. Das kann bei einem „Systemabsturz“ der Fall sein, wenn die Buchung nicht mehr fortgesetzt werden kann. Das kann jedoch auch dann der Fall sein, wenn bereits eingegebene Daten nicht richtig erkannt werden, nicht gespeichert werden oder sogar verloren gehen. Ein technischer Fehler kann auch dann angenommen werden, wenn es zu einem Systemfehler im Datentransfer kommt. Bei einer fehlerhaft konzipierten Benutzeroberfläche oder Benutzerführung handelt es sich ebenfalls um einen technischen Fehler. Die fehlerhafte Bedienung eines Buchungssystems wird nicht von § 651 x Nr. 1 erfasst. Schließlich handelt es sich dabei nicht um einen technischen Fehler sondern eher um einen menschlichen Fehler. Darunter sind Fehler zu verstehen, die dem Reisenden oder dem Mitarbeiter eines Unternehmers unterlaufen. Ein solcher Fehler kann nur über § 651 x Nr. 2 oder über die allgemeinen Haftungsregeln geltend gemacht werden.

Vertretenmüssen; Zurechenbarkeit

In dem Sekundärrechtsakt wird sowohl im Hinblick auf den Unternehmer als auch auf den Reisenden der Begriff „zuzurechnen“ verwendet. Dieser Begriff ist im Sinne von „verschulden“ zu verstehen. Die Haftung beruht nach deutschem Recht auf einem (vermuteten) Vertretenmüssen des Schuldners. Hat der Unternehmer den technischen Fehler also nicht zu vertreten, dann muss er dafür auch nicht haften. Eine solche Haftungskonstruktion ähnelt sehr dem § 280 Abs. 1 S. 2 in seiner Grundstruktur. Nicht ganz klar ist jedoch, ob eine solche Ausgestaltung mit dem Regelungsgedanken der Pauschalreiserichtlinie vereinbar ist. Die Richtlinie setzt voraus, dass der technische Fehler dem Unternehmer zurechenbar sein muss. Dem deutschen Gesetzgeber zufolge ist der Begriff im Sinne von „verschuldet“ aufzufassen. Beachtet man jedoch die schuldrechtliche Terminologie, dann fällt auf, dass die deutsche Gesetzesfassung nicht auf den Begriff des Verschuldens abstellt, sondern auf den des Vertretenmüssen. Das Problem kommt daher, dass es innerhalb der EU noch keine einheitliche schuldrechtliche Terminologie gibt. Sogar innerhalb derPauschalreiserichtlinie finden sind untechnische Begriffe. Weiterhin besteht das Problem einer falschen Übersetzung einzelner Begriffe in die Amtssprache der einzelnen Mitgliedsstaaten. Damit kann das Konstrukt der „Zurechnung“ je nach Sprache in den einzelnen Mitgliedsstaaten sehr variieren. Um in dieser Angelegenheit Klarheit zu erhalten, bedarf es einer Vorlage an den EuGH. Laut den allgemeinen Grundsätzen hat der Schuldner nur Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1 S. 1). Solange keine strengere oder mildere Haftung vorgesehen ist oder sich eine andere Haftung aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses ergibt, die z.B. aufgrund von einer besonderen vertraglichen Vereinbarung bestimmt wurde. Ist eine Hilfsperson an dem Buchungsvorgang als Erfüllungsgehilfe beteiligt, dann gilt der § 278.

Fehler während des Buchungsvorgangs (Nr. 2)

Fehler im Ablauf der Reisebuchung

Bei § 651 x Nr. 2 geht es bei der Haftung um Fehler während des Buchungsvorgangs. Im Gegensatz zu § 651 x Nr. 1 geht es hier nicht um technische Fehlfunktionen bei einem Buchungssystem, sondern um andere Fehler im Ablauf der Reisebuchung. Dabei muss es sich jedoch um Fehler handeln, die im Zusammenhang mit dem Buchungsvorgang stehen. Denn Pflichtverletzungen anderer Art werden nicht von § 651 x Nr. 2 erfasst. So werden z.B. die Fälle einer fehlerhaften oder unzureichenden Auskunft bezüglich der Buchung nicht erfasst. In solchen Fällen richtet sich die Haftung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2. Fehler die häufig während eines Buchungsvorgangs auftreten können, sind Übermittlungsfehler aber nur wenn diese nicht technisch bedingt sind. Dabei kann es um Sonderwünsche des Reisenden gehen oder um die falsche Eingabe von reiserelevanten Daten (BGH, NJW 1982, 377; LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1986, 727).

Übernahme der Buchung für den Reisenden

Nicht ganz verständlich ist die Bedeutung der Formulierung in Art. 21 UAbs. 1 Pauschalreiserichtlinie, welche wie folgt lautet: „ Der Unternehmer erklärt sich bereit die Buchung einer Pauschalreiseoder einer Reiseleistung, die Teil verbundener Reiseleistungenist, zu veranlassen.“ Durch eine solche ungenaue Formulierung der Pauschalreiserichtlinie sollte womöglich zum Ausdruck gebracht werden, dass ausschließlich Fälle inbegriffen sind, bei denen der Unternehmer dem Reisenden die Buchung auf seinen Wunsch hin abnimmt. Durch das Hinzuholen des Unternehmers kommt es zu einem zusätzlichen Fehlerrisiko bei dem Buchungsvorgang, welcher durch die Haftung in § 651 x wieder gut gemacht werden soll. Der Reisenden soll keine Angst haben, dass er aufgrund der Übernahme der Buchung durch den Unternehmer bei dem vorliegen eines technischen Fehlers während des Buchungsvorganges seinen Schutz verliert. Eine Haftung entfällt nur dann, wenn der Buchungsfehler auf das verschulden des Reisenden zurückgeführt werden kann und eben nicht gerade dadurch entstanden ist, dass jemand zusätzlich hinzugezogen wurde zu dem Buchungsvorgang.

Kein Vertretenmüssen; Entlastungsmöglichkeit

Bei § 651 x Nr. 2 kommt es nicht auf ein Vetretenmüssen des Schuldners an. Der Schuldner erhält die Möglichkeit, sich damit zu entlasten, dass der Fehler von dem Reisenden zu verschulden ist oder jedoch durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände entstanden ist. Begründet wird dies damit, dass § 651 x Nr. 1 deshalb eine erweiterte Haftung vorsieht, weil der gesamte Buchungsvorgang der Risikosphäre des Unternehmers angehört und somit der Unternehmer den Ablauf des Buchungsvorgangs auch besser im Blick und unter Kontrolle hat. Ein Verschulden des Reisenden ist dann anzunehmen, wenn dieser durch sein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten den schädlichen Buchungsfehler hervorruft. Das kann z.B. bei einer fehlerhaften oder unzureichenden Angabe von Daten der Fall sein oder bei einer schuldhaften Doppelbuchung. Bei unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen handel es sich laut Art. 3 Nr. 12 der Pauschalreiserichtlinie um eine Situation, welche nicht in der Kontrolle der Partei liegt, die eine solche Situation geltend macht, deren Folgen sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.

Rechtsfolgen

Laut § 651 x muss der Schuldner haften für den Ersatz, der durch den Fehler entstanden ist. Dabei ist der gesamte, adäquat-kausal entstandenen Schaden, welcher durch das schädigende Ereignis entstanden ist ersatzfähig. Bei Art und Umfang sind die §§ 249 ff. zu beachten. Die Regelung des § 651 n Abs. 2 bezüglich des immateriellen Schadensersatzes ist nicht anwendbar, da es dabei nur auf die Schadensersatzhaftung bei Reisemängeln (§§651 n, 651 i Nr. 7) ankommt. Der Reisende kann nach § 651 x aufgrund von einem Buchungsfehler Mehraufwendungen geltend machen für eine Wiederholung oder Korrektur einer fehlerhaften Buchung und auch due Rechtsverfolgungskosten und anderes. Kommt es durch den Buchungsfehler zu einem Vertrag mit einem Inhalt, der so nicht gewollt war, dann kann im Wege der Naturalherstellung nach § 249 Abs. 1 die Anpassung des Vertrags oder einer Freistellung vom Vertrag beantragt werden.

Beweislast

Die allgemeinen Grundsätze sind der Anhaltspunkt. Der Anspruchssteller hat die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsbegründenden Umstände. Bei § 651 x Nr. 1 ist jedoch im Zusammenhang mit dem Vertretenmüssen eine widerlegliche Vermutung zugunsten des Reisenden zu beachten. Das hat eine Beweislastumkehr zulasten des in Anspruch genommenen Unternehmers zur Folge. Aus der Formulierung „es sei denn“ geht eindeutig hervor, dass der Unternehmer darlegen und beweisen muss, dass er den technischen Fehler des Buchungssystems nicht zu vertreten hat. Dies ähnelt dem § 280 Abs. 1 S. 2. Aus diesem Grund kann hierfür die einschlägige Rechtssprechung verwendet werden. Kann der Unternehmer beweisen, dass er den technischen Fehler nicht vorsätzlich, fahrlässig oder aus sonstigen Gründen zu vertreten hat, dann gilt der Entlastungsbeweis als erfolgreich. Bei § 651 x Nr. 2 hat der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast für den Umstand zu tragen, dass der schadensbegründende Fehler durch den Reisenden verschuldet ist oder durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände.

Verhältnis zu anderen Schadensersatzansprüchen und Rechten

Der § 651 x stellt eine Spezialregelung für Buchungsfehler dar. Er gilt zusätzlich zu den reiserechtlichen Gewährleistungsansprüchen nach den §§ 651 i ff. und den allgemeinen schuldrechtlichen Ansprüchen bei einer Pflichtverletzung. Durch die Vorschrift wird eine Haftung wegen der Verletzung von vertraglichen oder vorvertraglichen pflichten nicht ausgeschlossen. Es kommt nicht zu einer Konkurrenz mit deliktischen Ansprüchen, da es nicht zu einem Vermögensschaden kommt. Durch § 651 x wird das Recht zur Irrtumsanfechtung nach §§ 119 ff., zum Rücktritt oder zu einer anderen Lösung des Vertrages nicht berührt.