Flugverspätung 5 Stunden
Begriff der Verspätung
Bei einer „großen Verspätung“ handelt es sich um eine Verzögerung des Abflugs. Der Begriff der „Verzögerung“ ist jedoch nicht in Art. 2 der Fluggastrechteverordnung definiert. Laut dem Wortlaut des Art. 8 der Fluggastrechteverordnung ist jedoch auf den „Abflug“ abzustellen. Somit ist ein Flug nach Art. 6 der Fluggastrechteverordnung als verzögert anzusehen, wenn sein Beginn nach dem in der Buchung vorgesehenen Zeitpunkt stattfindet. Dies ist die sogenannte „Abflugverspätung“. Bei einer großen Verspätung steht dem betroffenen Fluggast nach Art. 6 der Fluggastrechteverordnung ein Anspruch auf gestaffelte Unterstützungs- und Betreuungsleistungen nach Art. 8 der Fluggastrechteverordnung zu. Dem Wortlaut des Art. 8 der Fluggastrechteverordnung zu Folge besteht für die betroffenen Fluggäste jedoch kein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung. Durch den EuGH wurde ein solcher Anspruch für eine verspätete Ankunft jedoch rechtsfortbildend zuerkannt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es zu einer Verzögerung der Ankunft von mindestens drei Stunden am Endziel kommt. Große Probleme bereitet früher die Abgrenzung der Verspätung von der Annullierung. Nun existiert eine gängige Kurzformel: Bei einer Annullierung fällt der geplante Flug aus und bei einer großen Verspätung wird der Flug jedoch nach Maßgabe der ursprünglichen Planung weiterhin erfolgen.
Voraussetzungen für eine fluggastrechtlich relevante Abflugverspätung
Um eine Verspätung im Sinne des Art. 6 der Fluggastrechteverordnung annehmen zu können, muss eine Verzögerung des Abflugs von mindestens zwei Stunden gegeben sein. Erst dann kann man eine in zeitlicher Hinsicht „große Verspätung“ im Sinne des offiziellen Titels der Fluggastrechteverordnung. Geringfügige Abflugverspätungen sollen fluggastrechtlich irrelevant bleiben.
Prognoseentscheidung bei Verspätung
Wichtig ist, dass eine solche Verspätung „nach vernünftigem Ermessen absehbar“ sein muss. Absehbar für das ausführende Luftfahrtunternehmen. Wird durch eine Prognose im Vorfeld des regulären Flugantritts deutlich, dass es zu einer Mindestverspätung von zwei Stunden kommen wird, dann gelten die Fluggastrechte ab dem Zeitpunkt der „Absehbarkeit“. Es ist demnach nicht ausschlaggebend, dass erst tatsächlich die Verspätungsdauer von zwei Stunden erreicht ist. Die Fluggastrechte finden bereits dann Anwendung, wenn sich die Prognose ex post als falsch erweisen sollte. Laut der Formulierung „nach vernünftigem Ermessen absehbar“ sollen auch die wirtschaftlichen und zeitlichen Ressourcen der konkret ausführenden Airline Berücksichtigung finden. Das bedeutet so viel, wie das kein unverhältnismäßiger Aufwand zu betreiben ist. Hilfreich könnten jedoch erschwingliche technische Applikationen sein. So werden sich in naher Zukunft „künstlich intelligente“ Flight-Services, wie Google Flights auf die Prognoseentscheidungen auswirken können. Durch selbsterlernte Algorithmen wird eine neue Funktion verfügbar sein, welche mit einer 80 % Wahrscheinlichkeit verspätete Flüge anzeigen kann.
Ansprüche bei großer Verspätung im Rahmen der Flugverspätung Verordnung
Im Gegensatz zu der Annullierung und Nichtbeförderung wird der Begriff der Verspätung in der VO 261/04 nicht weiter erläutert. Eine Verspätung ist jedoch anzunehmen, wenn sich der Abflug um eine bestimmte Anzahl von Stunden im Vergleich zur planmäßigen Abflugzeit verzögert. Die Ansprüche bei Verspätung eines Fluges sind in Art. 6 der VO 261/04 geregelt. Bei einer Verspätung steht dem betroffenen Fluggast ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine Verspätung annehmen zu können.
• Flugstrecke Entfernung weniger als 1.500 km - Abflugverspätung von 2 oder mehr Stunden
• Flugstrecke Entfernung größer als 1.500 km innergemeinschaftlich, ansonsten 1.500 - 3.500 km - Abflugverspätung von 3 oder mehr Stunden
• Flugstrecke größer als 3.500 km - Abflugverspätung von 4 oder mehr Stunden
Grundsätzlich hat der von der Verspätung betroffene Fluggast jedoch einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen zwischen 250 und 600 Euro. In all den zuvor genannten Fällen erhält der betroffene Fluggast auch Unterstützungsleistungen nach Art. 9 der VO 261/04. Welche sich wie folgt zusammensetzen:
• Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit
• Hotelunterbringung und Transport zwischen Flughafen und Unterbringung
• zwei unentgeltliche Telefonate, Faxe oder E-Mails.
Und sobald es zu einer Verspätung von über fünf Stunden kommt, hat der betroffene Fluggast weiterhin einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen nach Art. 8 der VO 261/04. Diese beinhalten:
• die vollständige Erstattung des Flugpreises binnen 7 Tagen sowohl für noch anzutretende als auch für schon zurückgelegte Flüge, wenn diese aufgrund des Reiseplans des Fluggastes zwecklos geworden sind, sowie gegebenenfalls einen Rückflug zum Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt
• oder eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
• oder vorbehaltlich verfügbarer Plätze eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes
Begründet wird dies damit, dass eine Verspätung von über vier Stunden kann schon nicht mehr als bloße Unannehmlichkeit eingestuft werden. Dem Fluggast steht nicht nur ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung zwischen 250 und 600 Euro zustehen, sowie ein Anspruch auf Betreuung und Unterstützung geltend gemacht werden, sondern weiterhin berechtigt jede weitere Stunde Verspätung zu 5 % Minderung des Tagesreisepreises und höchstens jedoch 20 % des Gesamtpreises. Weiterhin kann bei einer Verspätung von um mehr als fünf Stunden auch die Erstattung des Ticketpreises oder eine anderweitige Beförderung zum Reiseziel unter vergleichbaren Bedingungen gefordert werden.
Anwendung der Kemptener Reisetabelle bei Verspätungen
Die Kemptener Reisemängeltabelle von Prof. Dr. Ernst Führich beinhaltet zeitlich chronologische Reisemängel und einfach hinzunehmende Unannehmlichkeiten bei Pauschalreisen. In dieser Reisemängeltabelle sind auch die einzelnen Minderungsbeträge aufgeführt und können als Anhaltspunkt für den Einzelfall genommen werden, um eine Vorstellung davon haben zu können, wie die Richter in einem solchen Fall entscheiden könnten. Kommt es also innerhalb einer Pauschalreise zu einer Verspätung von fünf Stunden, dann kann diese Tabelle als Anhaltspunkt dienen. Beispiele: (Auszug Kemptener Reisemängeltabelle)
Urteil
Urteil | Verspätung (h) | Prozentsatz | Erklärung |
---|---|---|---|
AG Duisburg, Urt. v. 08.04.2002, Az.: 3 C 654/02 | 5 Stunden, da Busfahrerstreik, Transfer in Eigenregie | 25% | Bezogen auf Tagespreis |
AG Rostock, Urt. v. 04.04.2012, Az.: 47 C 299/11 | Verspätung eines Fluges berechtigt ab der fünften Verspätungsstunde 5% des Tagesreisepreises je Stunde | 5 % (Tagespreis) | Jede angefangene Stunde ist mit zu berücksichtigen. Verspätung um 2 Stunden ist Unannehmlichkeit |
Flugverspätung Entschädigung Pauschalreise Frankfurter Tabelle
Wie viel Entschädigung dem betroffenen Fluggast bei einer Flugverspätung im Rahmen einer Pauschalreise zusteht, ist abhängig von der Dauer der Verzögerung. Durch die Frankfurter Reisemängeltabelle wird eine Minderung des Reisepreises erst dann vorgesehen, wenn sich der Abflug um mehr als vier Stunden verspätet. In einem solchen Fall kommt es üblicherweise zu einer Reisepreisminderung von fünf Prozent.
Hier ein Auszug aus der Frankfurter Tabelle:
Urteil
Mängel | Minderung in % | Bemerkung |
---|---|---|
zeitlich verschobener Abflug über vier Stunden hinaus | 5+ | Für jede weitere Stunde Verspätung erhalten Sie 5 % des durchschnittlichen Tagespreises der Reise zurück |