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(Vogelschlag)
 
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Als Vogelschlag wird die Kollision von Vögeln mit Objekten bezeichnet. In der Luftfahrt kommt dem Vogelschlag eine besondere Bedeutung zu, da der Zusammenstoß mit Vögeln und Triebwerken einen ernsthaften Schaden an der Maschine anrichten kann. Meistens passiert eine solche Kollision im beim Start- oder im Landevorgang.


Nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung VO (EG) Nr. 261/2004 kann der Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand gewertet werden. Dennoch kommt es auf den Einzelfall an, ob sich eine Fluggesellschaft mit dem Vorkommnis des Vogelschlags von ihrer Ausgleichszahlungspflicht exkulpieren kann.
= Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand =
Die Einordnung des Vogelschlages ist mitunter schwierig und viele Richter hatten sich schon mit der Materie zu befassen. Im Folgenden sollen die neusten Entscheidungen und Ergebnisse vorgestellt werden.
Das Landgericht Darmstadt urteilte, dass es sich bei einem Vogelschlag um einen außergewöhnlichem Umstand i. S. v. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 handelt (vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 24.07.2013, 7 S 242/12; auch LG Frankfurt a. M., Urt. v. 29.11.2012, 2-24 S 111/12). Das Luftfahrtunternehmen könne sich gegen das Vorhandensein von Vogelschwärmen nicht durch geeignete Maßnahmen schützen, so die Richter. Desweiteren handelte es sich bei einem Vogelschlag nicht um einen technischen Defekt, obwohl der Vogelschlag zum Ausfall eines Triebwerks führen könne. Ein Vogelschlag sei, genau wie schlechtes Wetter, ein Einfluss von außen und falle somit in den Bereich außerhalb des organisatorischen und technischen Bereichs der Luftfahrtgesellschaft und könne von dieser weder beherrscht noch abgewendet werden. Technische Probleme, die zu einer Verspätung führen, stellen grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand i. S. d. Verordnung dar, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind (vgl. EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-549/07).
== Vogelschlag trotz regelmäßiger Wartung ==
Der Bundesgerichtshof urteilte im Sommer 2013, dass es sich bei einem Vogelschlag um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, welcher das Luftfahrtunternehmen von seiner Zahlungspflicht entbinde (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2013, X ZR 160/12). Ein solches Ereignis liege außerhalb des technischen und organisatorischen Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft. Die Flugrouten der Vögel könnten weder beherrscht noch beeinflusst werden und somit sei ist für die Airline unmöglich, einen Vogelschlag abzuwenden. Damit zählt ein solches Vorkommnis zu den Einwirkungen von außen auf die Fluggesellschaft, die sie nicht lenken kann. Zwar sind die Unternehmen zu einer regelmäßigen Wartung ihrer Flugzeuge verpflichtet, doch kann auch diese Wartung einem Vogelschlag nicht vorbeugen. Folglich sind die entstandenen Schäden nicht auf eine fehlende oder mangelhafte Wartung des Flugzeuges zurückzuführen.
== Vermeidung von Vogelschlag / Gegenmaßnahmen ==
Es gibt Methoden, um einen Vogelschlag zu vermeiden oder zumindest die Wahrscheinlichkeit zu senken. Diese Vogelvergrämungsmethoden bieten jedoch keinen umfassenden Schutz und für solche Vorrichtungen sind nicht die Luftfahrtunternehmen zuständig, sondern die Flughafenbetreiber. Die Fluggesellschaft ist lediglich für die Durchführung des Fluges verantwortlich und muss nicht für etwaige Maßnahmen auf und um den Flughafen herum sorgen. Allerdings führen die Richter an, dass es sich bei einem Vogelschlag nicht in jedem Fall um einen außergewöhnlichen Umstand handeln muss. Welche Maßnahmen einem ausführenden Luftfahrtunternehmen zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer erheblichen Verspätung eines Flugs führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Luftfahrtunternehmen hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass sich die Annullierung oder erhebliche Verspätung jedenfalls nicht durch der Situation angepasste Maßnahmen hätte vermeiden lassen, d. h. solche, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die außergewöhnlichen Umstände auftreten, für dem betroffenen Luftfahrtunternehmen insbesondere in persönlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zumutbar sind (vgl. EuGH, Urt. v. 12.05.2011, C-294/10).
== Vogelschlag auf Vorflug ==
Ereignet sich ein Vogelschlag auf einem Vorflug und kommt es deswegen auf den Folgeflügen zu Verspätungen oder Annullierungen, so ist das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes von den getroffenen Gegenmaßnahmen der Airline abhängig zu machen. Zwar legt der 15. Erwägungsgrund zur EG (VO) Nr. 261/2004 durchaus den Gedanken nahe, dass hinsichtlich der Folgeverspätungen ein außergewöhnlicher Umstand stets fortwirken könne. Denn danach sollte vom Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands ausgegangen werden, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug an einem bestimmten Tag zur Folge hat, dass es bei einem oder mehreren Flügen des betreffenden Flugzeugs zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder zu einer Annullierung kommt, obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern. Wenn ein Luftfahrtunternehmen jedoch nur in gewissem Maße Ersatzmaschinen bereit hält um die Umlaufflüge bei einem Zwischenfall fortsetzten zu können, so handelt es sich hierbei um eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Die Airline hat in diesen Fällen abzuwägen, ob sie den Frühflug bis auf Weiteres nicht durchführt und dafür den zweiten Flug des Umlaufs pünktlich durchführt, oder die Verspätung durchreicht, ist in ihrer Planung angelegt und wird von den Kosten abhängen sowie davon, wie viele Reservemaschinen sie an welchen Standorten bereithält. Mit Blick auf die in den Erwägungsgründen Nr. 1 bis 4 zur EG (VO) Nr. 261/2004 hervorgehobene Zielsetzung, die Rechte der Fluggäste zu stärken, scheint es nicht vereinbar, dass das Flugunternehmen allein mit Blick auf den in seiner Organisation und Ablaufplanung angelegten Entscheidungskonflikt entlastet wird. Somit liegt bei einem Vogelschlag auf einem Vorflug und einer daraus resultierenden Verspätung kein außergewöhnlicher Umstand vor. Die Fluggesellschaft kann sich nicht von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreien.
== Vogelschlag als technischer Defekt ==
Ein Vogelschlag kann einen technischen Defekt an dem Flugzeug hervorrufen. Technische Probleme, die zu einer Verspätung führen, stellen grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EG-VO dar, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-549/07; EuGH, Urt. v. 19.11.2009, C-402/07; BGH, Urt. v. 12.11.2009, Xa ZR 76/07). Es ergeben sich unterschiedliche Bewertungen:
=== Außergewöhnlicher Umstand ===
Ein durch Vogelschlag verursachter Turbinenschaden, der als technischer Defekt gewertet wird, der den Abbruch eines Starts erzwingt oder den erneuten Einsatz eines beim Landeanflug beschädigten Flugzeugs hindert, begründet außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (BGH, Urt. v. 24.09.2013, X ZR 160/12).
=== Kein außergewöhnlicher Umstand ===
Es gibt auch Sachverhalte, bei denen sich die Fluggesellschaft nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen kann. In diesem Falle hat der Fluggast dann trotz eines Vogelschlags einen Anspruch auf Ausgleichszahlung.
Eine Beschädigung des Triebwerks durch einen Vogelschlag ist ein beim Betrieb eines Flugzeugs durchaus vorkommender, gerade zu typischer Umstand, denn Vögel nutzen den Luftraum naturgemäß ebenso wie Flugzeuge. Wenn bereits die erste der beiden kumulativen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 EG (VO) fehlt, kommt es auf die Frage, ob ein Defekt vom Luftfahrtunternehmen zu beherrschen ist oder nicht, nicht mehr an. Hier wurde von dem Gericht schon das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes ausgeschlossen, so dass die ergriffenen Maßnahmen zur Abwendung einer großen Verspätung durch die Airline keiner Beachtung mehr bedürfen (vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 13.03.2013, 29 C 811/11 (21)).
Kommt es wegen technischen Schwierigkeiten auf Grund eines Vogelschlags zu einer Flugverspätung von drei Stunden oder mehr, so können betroffene Fluggäste gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b EG (VO) 261/2004 einen Ausgleichsanspruch geltend machen. Gemäß Art. 5 Abs. 3 EG (VO) 261/2004 ist das ausführende Luftfahrtunternehmen nur dann nicht verpflichtet Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch unter Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel nicht hätten vermeiden lassen. Unterbleibt oder genügt die Darlegung zu den zur Verfügung gestandenen
Mittel nicht, so kann sich das Flugunternehmen nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen.
== Berufen auf Vogelschlag ==
Damit sich eine Luftfahrtgesellschaft auf einen Vogelschlag als außergewöhnlichen Umstand berufen kann, so muss sie substantiiert vortragen und bewiesen, wann der Vogelschlag aufgetreten ist (vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 17.01.14, 30 C 2462/13). Insbesondere wenn der Vogelschlag bei einem Vor-Flug eingetreten ist, muss das Unternehmen darlegen, ob es nicht angesichts der Zeitspanne zwischen der Landung und des für den streitgegenständlichen Flug geplanten Abflug möglich gewesen wäre, das Flugzeug zu reparieren oder ein Ersatzflugzeug zur Verfügung zu stellen. All diese Informationen muss das Luftfahrtunternehmen schlüssig vortragen, um sich auf den außergewöhnlichen Umstand berufen und sich von der Ausgleichszahlungspflicht befreien zu können. Außerdem kann sich ein Luftfahrtunternehmen im Prozess nicht auf einen Vogelschlag als außergewöhnlichen Umstand berufen, wenn in ihren vorprozessualen Schreiben davon nie die Rede war, obwohl das Unternehmen dazu aufgefordert worden ist (vgl. AG Düsseldorf, Urt. v. 13.03.2014, 22 C 374/14).

Aktuelle Version vom 17. September 2014, 18:34 Uhr